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Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Titel: Es wird schon nicht das Ende der Welt sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Lewis
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Pommie für sie vorbereitet hatte, machten sie nämlich kurzen Prozess.
    Und dann hörten wir am Himmel was summen. Wir guckten alle hoch zu dem kleinen silbrigen Fleck, der da in der Sonne glitzerte. Wir sahen zu, wie er größer wurde und sich schließlich in einen Hubschrauber verwandelte. Reg brüllte: »Die Kavallerie ist hier!« Ich hatte schon von Leuten gehört, die ihren Viehauftrieb mit einem Hubschrauber machten. Das sollte richtig schnell gehen, aber es kostete einen Haufen Geld. Ich konnte kaum glauben, dass Dad einen gemietet hatte. Ich schaute mich um, die Jungs nickten alle gen Himmel, ich hatte ein komisches Gefühl, ängstlich irgendwie, aber doch so, dass wir vielleicht davonkommen würden, wenn wir uns alle richtig anstrengten.
    Dieser Typ namens Jerry war der Pilot. Seine Kleider waren echt sauber und seine Haut sah aus wie die von der Pommie. Er trug eine von diesen großen Sonnenbrillen und ein Paar kleine Handschuhe. Er war fast so wie einer aus dem Fernsehen, total poliert, weiße Zähne und Bügelfalten in den Hosen. Er schüttelte Dad die Hand und die beiden und Reg redeten ein paar Worte über den Viehtrieb. Das hatte ein bisschen was von einer Zeitreise in die Vergangenheit. Dad und Reg wirkten wie Höhlenmenschen neben Jerry. Dann sahen wir zu, wie er wieder in die kleine Maschine kletterte und sich anschnallte. Als die Rotorblätter anfingen, sich zu drehen, wirbelten sie Staub aus der Wüste auf, und es wurde windig. Der Hubschrauber stieg langsam vom Boden auf, so als wäre er sich nicht ganz sicher, ob er auch wollte. Er hing am Himmel, wobei er schwankte wie an einer dünnen Schnur. Es sah so aus, als ob Jerry darauf wartete, sein Gleichgewicht zu finden, und dann, als er zufrieden war, fing der Hubschrauber an, sich zu bewegen, und schleppte seinen Schwanz hinterher wie eine Libelle. Wir konnten Jerry in seiner Glaskugel von Cockpit sehen, er hatte was von einem Goldfisch – und dann winkte er uns zu.
    Noch nie hatte ich einen Hubschrauber Vieh zusammentreiben sehen. Ich wusste nicht, wie so was ging. Dad fragte, ob ich zugucken oder mit ihm im Pick-up mitfahren wollte. Keine Ahnung. Ich hatte immer noch ein komisches Gefühl wegen der Sache vom Abend vorher, mit Gil, deshalb sagte ich, ich wollte erst mal zugucken, um eine Vorstellung davon zu kriegen, wie man das machte. Er hielt das für einen guten Plan.
    Es war aber schwer, den Hubschrauber im Auge zu behalten. Alles war ziemlich flimmerig von der Hitze, und die Blätter rotierten so schnell, dass haufenweise Staub in die Luft gewirbelt wurde. Ab und zu traf die Sonne auf das Glas und das weiße Metall des Hubschraubers, und wir konnten einen Blick auf ihn werfen, wenn er sich tanzend wie eine Mücke im Lichtstrahl aus dem Busch erhob. Unten auf dem Boden schien er einen Wirbelsturm auszulösen, der Vieh und Staub aus der Wüste saugte. Dad und die Jungs waren in ihren Pick-ups und Bullenfängern am Boden und halfen dabei, die Tiere aus der Wüste und in die Gatter zu leiten. Wir konnten sie nicht sehen, aber wir hörten, wie sie an den Funkgeräten miteinander redeten.
    So was hatte ich noch nie gesehen. Es funktionierte wie ein Zaubertrick. Ein bisschen so wie mit einem Magneten, der all diese kleinen Metallspandinger aufnimmt. Erst waren da nur das Brummen des Hubschraubers und dann ein Dreckfleck am Himmel, wo er herumtanzte, immer rein und raus aus dem Busch. Und plötzlich schlängelte sich dieser Haufen Vieh aus der Wüste auf die Gatter zu. Wüste und Dürre wirkten dadurch irgendwie kleiner. Wenn man bedachte, wie ausgetrocknet diese Rinder waren, bewegten sie sich noch echt schnell. Ich glaub, das war ganz schön Angst einflößend für sie. Wofür die diesen Hubschrauber wohl hielten, fragte ich mich. Oder spürten sie über sich vielleicht nur den Tornado und das Dröhnen des Motors?
    Das Vieh so zusammenlaufen zu sehen, löste den Knoten in meinem Bauch ein bisschen, und ich hatte das Gefühl, leichter atmen zu können. Nach dem Verbrennen all der Kadaver hatte ich schon gedacht, es wären keine lebenden Rinder mehr übrig. Aber da waren sie. Dawson Rinder. Nicht die bestaussehende Herde, die ich je gesehen hatte – sie machten den Eindruck, als hätten sie eine Prügelei hinter sich –, total ramponiert und müde. Ich hoffte, mit ihnen war alles okay. Ich guckte die Pommie an und lächelte. »Ihr schafft das!«, brüllte sie. Ich glaub, so fühlten wir uns alle. Wir wussten, dass es noch ein weiter Weg war,

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