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Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Titel: Es wird schon nicht das Ende der Welt sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Lewis
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kapierte es nicht. Ich dachte, wir sollten dieses Baby hassen – weil Sissy mit Gil gevögelt hatte. Irgendwie hatte ich total die Schnauze voll von allem, ganz besonders weil es während dem schlimmsten Viehauftrieb aller Zeiten passierte. Egal, ich antwortete nicht, zuckte nur die Achseln, als würde ich drauf pfeifen. Das ging Dad mindestens ebenso gegen den Strich wie der Wetterbericht. Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, sodass mein Teller hüpfte. »Hör endlich auf, so ein egoistisches Gör zu sein, Daniel«, sagte er. »Außer dir gibt es noch andere Menschen auf der Welt. Sissy braucht Mum viel mehr als wir. Du bist jetzt Onkel, werd also erwachsen!« Er starrte mir ins Gesicht, und ich spürte, wie mein Herz gegen die Rippen klopfte.
    Ich war fertig mit dem Essen, aber ich fragte nicht, ob ich aufstehen durfte. Mir saß ein Kloß im Hals … wenn ich versuchte, was zu sagen, würde ich vielleicht anfangen zu heulen. Nachdem wir ein paar Minuten lang einfach nur so dagesessen hatten, stand Dad auf. Er griff nach seinem Hut und sagte mir, ich solle mir die Zähne putzen. Er machte die Tür auf, und dann sagte er noch: »Und dein Neffe heißt Alexander James – nach deinen Großvätern. Nun beeil dich.« Ich wartete, bis die Tür zugeknallt war, erst dann stand ich auf und berührte das Bild von Jonny.
    Ich hörte Dad am Funkgerät in der Küche mit Reg reden, als ich aus dem Badezimmer kam. Reg sagte, in Gum Tree sei alles in Ordnung. Sie waren da fertig und schon auf dem Weg nach Timber Creek für den letzten Teil des Viehauftriebs. Kurz bevor Dad over and out sagen konnte, dachte Reg daran, sich nach dem Baby zu erkundigen. »Na, ist es nun ein Mädchen oder ein Junge – Opa?« Darüber musste Dad ein bisschen lachen, aber nicht so, wie wenn was witzig ist – wenn ihr wisst, was ich meine. Er sagte: »Seit halb fünf heute Morgen habe ich einen Enkel. Gesunder kleiner Kerl – Alexander James – und Sissy geht es auch gut. Over.« Reg lachte und sagte Glückwunsch. »Die Dawson-Dynastie wird fortbestehen.«
    Gleich nachdem Dad das Funkgerät wieder auf den Kühlschrank gestellt hatte, knisterte es, und die Stimme vom alten Dick Croft kam durch. Er musste gehört haben, wie Dad mit Reg geredet hatte, denn er sagte: »Timber Creek, bitte kommen. Herzlichen Glückwunsch zum kleinen Alexander James – tolle Nachricht. Over.« Dad holte den Empfänger wieder runter und sagte: »Tag, Dick, und danke. Over.« Er brauchte Dick nicht zu erklären, warum Sissy dem Baby den Namen Alexander James gegeben hatte. Beinahe konnte ich Dick grinsen hören, als er sagte: »Der alte Alex wird ganz schön angeben da oben im Himmel – und das mit einem Grinsen von hier bis nach Alice Springs.« Dick sagte, das sei ein guter, starker Name, und er und seine Jungs freuten sich schon darauf, das Baby zu begießen . Mir war ein Rätsel, warum einer von denen auch nur einen Gedanken darauf verschwenden konnte, Alex zu waschen. Darüber dachte ich nach, als ich Dad sagen hörte: »Sue findet, dass Alex genauso aussieht wie sein Onkel Danny.« Mein Mund klappte auf, als ich Dicks Lachen durchs Funkgerät kommen hörte. Ich hob die Hand zum Gesicht und fühlte mein Lächeln – als ob das plötzlich einem anderen gehören würde.
    Ich ging zurück aufs Klo. Ich musste nicht, ich wollte mich nur im Badezimmerspiegel angucken. Da starrte ich intensiv in mein Gesicht und drehte den Kopf hin und her, damit ich es aus allen Winkeln betrachten konnte. Ich versuchte, mir vorzustellen, wie ein Baby mit meinem Gesicht wohl aussehen mochte, aber das konnte ich nicht. Plötzlich wollte ich Alex sehen. Ich musste wissen, ob er wirklich so aussah wie ich.
    Dad und ich fuhren zu den Gattern am Timber Creek, wir wollten uns mit den Jungs treffen. Sie hatten die Gatter bei Gum Tree abgebaut und waren jetzt echt nah an der Farm – wo sie alles bereit machten für die letzte Stelle, an der sie das Vieh zusammentreiben würden. Reg und die Jungs warteten schon auf uns. Die Gatter bei Timber Creek standen fest, Dad und Grandpa hatten sie vor fünfzehn Jahren gebaut. Das hieß, wir mussten keine Zäune aufbauen, sie waren schon da. Dad guckte mich an und sagte: »Na, wir sollten wohl mal loslegen, glaub ich.« Das war der letzte Teil des Auftriebs, ich würde alles voll auskosten.
    Reg schüttete den Rest von seinem Kaffee auf den Boden. Er meinte, bei Timber Creek würden wir eine echt große Herde zusammenkriegen, er hatte

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