Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es wird Tote geben

Es wird Tote geben

Titel: Es wird Tote geben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Haderer
Vom Netzwerk:
ist mit der Mutter?“, warf Schäfer ein, nur um zu verhindern, dass Hofer jetzt einen gesamten Therapieplan entwickelte.
    „Was soll mit ihr sein?“
    „Wenn er sie kennenlernen könnte, zum Beispiel …“
    „Ich kann Sie nur ersuchen, hier keine unüberlegten Schritte zu unternehmen, Herr Schäfer.“ Hofer schüttelte den Kopf und setzte sich. Erschöpft wirkte er nun. „So eine Begegnung … da können Emotionen frei werden …“
    „War ja nur eine Idee.“ Schäfer zündete sich eine Zigarette an.
    „Ach ja, Ideen hatte ich auch immer viele … aber davon muss ich Ihnen ja nichts erzählen.“
    Schäfer war hundert Meter vor dem Haus seines Bruders, als er stehen blieb, einen Augenblick überlegte und im Rückwärtsgang aus der Einbahnstraße schob. Gewiss wäre ein Wiedersehen nett gewesen; doch nicht nach dem Gespräch mit Hofer, das in seinen Geist zu integrieren ein Alleinsein verlangte. All-eins-sein, darin hatte der Doktor in einer seiner Abschweifungen den Wunsch mancher Menschen nach häufiger Einsamkeit begründet. Sehr gut , hatte Schäfer mit einem beliebten Kommentar des Doktors geantwortet. Ja, die Gesellschaft seines Bruders und seiner Nichte Lisa hätte er bestimmt eine Zeit lang genießen können; doch mit Jakobs Frau, Monika, hatte Schäfer nie ein gutes Verhältnis aufbauen können – gegenseitiges Dulden in Hinblick auf die Verhältnisse war wohl die stille Vereinbarung zwischen ihnen. Solch ein bemühtes Übersehen von Spannungen ließ sich bei Familienfesten gut bewerkstelligen; doch an diesem Abend fürchtete er die Erschöpfung, die daraus resultieren könnte. Irgendeine Ausrede würde ihm schon einfallen. Vielleicht war er auch gar nicht nach Salzburg gefahren, weil das Auto gestreikt hatte.
    Zu Hause erwartete ihn das vorwurfsvolle Klagen der Katze, die vor der Terrassentür auf und ab ging wie Rilkes Panther. Schäfer ließ sie ins Haus und schnitt ihr ein Viertelkilo Lungenbraten auf. Er goss sich einen Tee auf (Wolkinger Kraft & Konzentration ) und setzte sich auf die Terrasse. Piep, piep, zwitscherte das Handy. SMS von Bergmann: Ich erinnere mich, Sie Zwerg! Schäfer fiel ein Stein vom Herzen. Er stand auf, rollte den Gartenschlauch aus und spritzte die Aschenreste von den Steinplatten und den Gartenmöbeln. Heftig schimpfte dann der zu neugierige Rabe, der Schäfer beim Wässern des Wildwuchses am Gartenzaun beobachtet und einen gut gezielten Schuss Wasser abbekommen hatte. Der Rasen gehörte auch wieder einmal gemäht. Doch er und so ein lärmendes Spießergerät? Vielleicht sollte er ein Schaf kaufen. Schaf, Katze, Rabe … obendrauf noch ein Schmetterling und fertig wären die Schäfer Dorfmusikanten.

36.
    „Die war doch vorgestern hier, oder?“ Friedmann reichte Schäfer einen Computerausdruck.
    „Wer?“
    „Laura Graber.“ Friedmann deutete mit dem Zeigefinger auf den Bericht, den Schäfer offensichtlich nicht zu erfassen vermochte. Ja, immer diese Träume, die das Hirn bis weit in den Vormittag hinein in ihrem Bann hielten. Ein Nachtmahr nach dem anderen hatte ihn heimgesucht, eine Walpurgisnacht boshafter Traumgeister war daraus entstanden, ein Dämonentanz um Schäfers Seelenfeuer, in dem Sascha Materna, Simon Graber, Doktor Hofer, ein feuchter Keller, eine nackte Nadja Windreiter, die dort mit einer nackten Laura Graber tanzte … aber das gehörte jetzt nicht hierher.
    „Was ist mit ihr?“, fragte Schäfer verstört, worauf Friedmann einen Seufzer ausstieß und den Ausdruck wieder an sich nahm.
    „Sie hat gestern in der Nacht einen Unfall gehabt. War auf dem Weg nach Salzburg, als ihren Angaben nach das Fahrzeug plötzlich beschleunigt hat, ohne dass sie bremsen hätte können und …“
    „Hat sie überlebt?!“
    „Was ist denn mit Ihnen?“, fragte Friedmann genervt, „wenn sie tot wäre, hätte sie wohl keine Aussage machen können, oder?“
    „Richtig, ’tschuldigung, ich hatte ganz entsetzliche Albträume … Kennen Sie das, wenn Sie danach bis Mittag völlig durch den Wind sind?“
    „Nein … Sie hat den Wagen in ein Feld gefahren, der Airbag ist raus, Prellungen an der Schulter, leichte Gehirnerschütterung …“
    „Plötzlich beschleunigt … Was ist das für ein Auto?“
    „X5, 2011er … Wenn sie sich nicht mit dem Absatz am Gaspedal verkeilt hat …“
    „ … hat vielleicht wer an der Elektronik herumgepfuscht.“ Schäfer riss sich aus seinem Wachkoma und nahm den Bericht an sich.
    „Gut möglich, ja …“
    „Jetzt reicht es

Weitere Kostenlose Bücher