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Escape

Escape

Titel: Escape Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Rush
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Doppelbetten. Einen Tisch und Stühle. Einen Fernseher. Der dunkelrote Teppich aus dem Flur setzte sich im Zimmer fort und endete erst vor der Tür zu dem kleinen Badezimmer, wo er von abgenutzten weißen Fliesen abgelöst wurde.
    Cas drängte an mir vorbei und ließ sich auf das Bett fallen, es quietschte zur Antwort. »Meine Güte, bin ich kaputt.«
    »Das liegt an der Überdosis Zucker«, sagte ich.
    Er schüttelte das Kissen auf. »Wenn das so ist, dann war es das absolut wert.«
    Sam hatte sich an den Tisch in der Ecke gesetzt und die Schachtel mit dem Schwarzlicht geöffnet. Ich sank auf den Stuhl, der gegenüber von ihm stand. »Hast du schon eine Idee, was es damit auf sich hat?«
    »Nein.« Er schaltete es ein und die Birne leuchtete lila auf.
    Hinter uns rumorte Cas durch die Schubladen seines Nachttischs. »Eine Bibel, zwei Telefonbücher und die Werbung von einem Lieferservice. Super.« Er pfefferte die Schubladen wieder zu.
    Sam schraubte den Verschluss von der Lampe und legte ihn auf den Tisch. »Bist du jetzt bereit, über das zu reden, was wir im Haus gefunden haben?«
    Ich rieb mir die Augen. »Da gibt es nichts zu bereden.«
    Er nahm die Batterien aus der Lampe. »Das stimmt nicht und das weißt du so gut wie ich.«
    »Anna ist einfach unverbesserlich naiv«, rief Cas dazwischen. »Erinnerst du dich noch an damals, als wir sie davon überzeugt haben, dass wir unsere eigene Sprache sprechen?« Er lachte laut los. »Pavaloo dunkin roop, und das heißt -«
    »Ich hätte gern etwas Fleisch vom amazonischen Schwein«, beendete ich seinen Satz. »Daran erinnere ich mich auch noch. Du hast damals am stärksten versucht, mich zu überzeugen, Cas, und dir glaube ich selten ein Wort.«
    »Sehr weise«, sagte Sam.
    »Hey, Moment!« Cas sprang auf die Füße. »Im Mittelalter wäre ich für meine Geschichten verehrt worden. Nach mir wären Schlösser benannt worden.«
    »Das bezweifle ich.«
    Kopfschüttelnd ging er ins Badezimmer. »Ich brauch mal ein bisschen Zeit für mich. Vielleicht nehme ich ein langes, warmes Bad. Mit viel Schaum.« Er machte die Tür hinter sich zu, vergaß aber, sie abzuschließen. Gutes Benehmen war ihm schon immer fremd gewesen.
    Als Cas den Wasserhahn aufdrehte, rauschte Wasser durch die Leitungen. Es war das einzige Geräusch im Zimmer. Ich umklammerte Moms Tagebuch fester.
    »Also?«, sagte Sam.
    Alle Spannung wich aus mir. »Also gut. Ich gebe zu, dass die Handschrift aussieht wie die meiner Mutter, aber das heißt ja nicht -«
    »Die Neigung des Buchstaben E ist in beiden Fällen identisch.« Er untersuchte die Birne des Schwarzlichts, während er sprach. »Die Ls und Ds sind überzeichnet. Das S ist sehr rund und verschnörkelt. Es ist die gleiche Handschrift.«
    Er hielt die Birne gegen die Deckenbeleuchtung.
    »Mein Vater würde mich doch in einem so wichtigen Punkt nicht belügen. Das wäre unverzeihlich. Mal ganz davon abgesehen, hast du doch gesagt, dass du ihm traust.«
    »Ja, aber das heißt ja nicht, dass er immer ehrlich war. Nimm mal zum Beispiel die Amnesie. Ich kaufe ihm nicht eine Sekunde lang ab, dass sie eine Nebenwirkung der Behandlung ist.«
    »Aber wie -« Ich unterbrach mich selbst, weil ich seinen Gedanken weiterdachte. »Du glaubst, dass absichtlich an deinem Gedächtnis rumgepfuscht wurde?« Ich lachte verächtlich. »Niemals. Erstens: Wie sollte das überhaupt gehen? Und zweitens: Dad würde so etwas nicht zulassen.«
    Sam legte die Glühbirne auf den Tisch und sah mir in die Augen. Ich konnte die trüben, grünen Schlieren in seiner Iris erkennen. Nach der langen Zeit, in der sich immer eine Plexiglasscheibe zwischen uns befunden hatte, war es überwältigend, ihm nun ungehindert gegenüberzusitzen. Ich stellte mir vor, wie ich ihn zeichnen würde, jetzt, in diesem Augenblick, mit satten, klaren Farben. Die Striche, mit denen ich seinen starken Kiefer auf dem Papier wiedergeben würde, die pfeilähnliche Form seiner Nase. Den Bogen seiner Lippen.
    »Wieso waren wir so lange eingesperrt?«, fragte er, sein Ton bestimmt, ruhig. »Hast du dich das je gefragt?«
    »Ja, natürlich«, stammelte ich. Ich zupfte an meinem Ärmel. »Weil ihr Soldaten werden solltet.«
    Er drückte die Birne zurück in die Fassung, löste seinen Blick nur eine Sekunde von mir. »Wenn du die ultimative Waffe entwickeln willst, sperrst du sie nicht fünf Jahre lang in einen Keller. Du schickst sie ins Gefecht, testest und verbesserst sie, bis sie perfekt ist.«
    »Vielleicht haben

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