Escape
können es wiederhaben«, sagte ich und deutete auf das Buch.
»Oh, nein.« Sie gab es mir zurück. »Das gehört jetzt dir, du hast doch selbst was ergänzt. Davon abgesehen, habe ich mittlerweile ein neues.«
Insgeheim war ich erleichtert. Obwohl das Tagebuch nun seine eigentliche Bedeutung verloren hatte, so erinnerte es mich trotzdem an zu Hause. Ich hätte es nur ungern hergegeben.
»Magst du mir etwas über Arthur erzählen? Wie geht es ihm?«
Sam und ich wechselten einen Blick. Die Unterhaltung damit anzufangen, dass Sam auf ihn geschossen hatte, war vielleicht keine gute Idee. »Ihm geht es gut. Wie Sie selbst gesagt haben, er arbeitet viel.« Ich knibbelte an einer Ecke des Tagebuchs. »Was haben Sie bei der Sektion gemacht?«
»Ich war bei der medizinischen Abteilung. Kurz vor meinem Ausscheiden gab es neue Experimente zur Bewusstseinskontrolle. Wie ich jetzt feststellen muss, hatten sie wohl schon damals die Gehirnwäsche perfektioniert.«
»Arbeitet die Sektion für die Regierung?«, fragte Sam. Er sah fast unbeteiligt aus, die Hände lässig auf seinen Beinen, doch er war spürbar angespannt. Er änderte seine Sitzposition, wodurch mir auffiel, dass er sich das Hemd hinten in die Hose gesteckt hatte, wohl um schneller an seine Waffe zu kommen.
Sura nahm ihre Tasse vom Tisch. »Nein, aber sie wird zu einem großen Teil von der Regierung finanziert, weshalb es so etwas wie eine stille Übereinkunft zwischen den beiden gibt. Sie lassen der Sektion absolut freie Hand und im Gegenzug hat die Regierung als Erste Zugriff auf ihre Ergebnisse.«
»Wie zum Beispiel auf die Jungs?« Bei dem Gedanken wurde mir ganz schlecht.
»Ja.« Sura sah Sam an. »Die Sektion wollte außerordentliche Soldaten entwickeln. Militärisches Personal, das noch leistungsfähiger ist als Elitesoldaten. Doch sobald man Menschen klüger und stärker macht, als sie sein sollten, wird es schwer, sie zu kontrollieren. Ich vermute, deshalb hat man euch eingesperrt. Mal ganz davon abgesehen, dass Sam der Sektion etwas gestohlen hat, worüber Connor extrem wütend geworden sein muss.«
Sam lehnte sich vor. »Nur was?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Zu dem Zeitpunkt habe ich schon längst nicht mehr für die Sektion gearbeitet. Darüber kann ich dir also leider keine näheren Informationen geben. Und du hast nie zu denen gehört, die mehr sagen als nötig.«
Das stimmte auch heute noch.
»Habe ich Ihnen gegenüber noch etwas erwähnt?«, fragte Sam. »Ein Codewort? Irgendwas zu meiner Tätowierung?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich sollte nur eine sichere Anlaufstelle für dich sein, die dir ein paar Dinge erzählen kann, für den Fall, dass dir deine Erinnerungen genommen werden.«
Nach einer Pause sagte Sam: »Haben die an etwas Neuem gearbeitet, was ich gestohlen haben könnte? Gab es eine Weiterentwicklung, eine neue Form der genetischen Veränderung? Oder ein neues Medikament?«
»Das weiß ich wirklich nicht«, sagte sie und stellte die Tasse auf den Tisch, »aber ich habe gehört, dass zu der Zeit ziemlich viel Geld in die Sektion gewandert ist. Ich hatte damals ein paar Kontakte bei der Sektion, hab sie auch heute noch.« »Kontakte, denen Sie trauen?«, fragte Sam.
»Ja.«
Der Hund rollte sich auf die Seite und seufzte. Das Feuer knisterte im Kamin. Sura wandte sich mir zu, ihr dicker Zopf fiel dabei über ihre Schulter. »Es tut mir sehr leid, dass du es so herausfinden musstest. Ich kann mir vorstellen, wie schwer es ist, in so einer Situation überhaupt noch jemandem zu vertrauen, aber wenn ich was für dich tun kann, sag mir einfach Bescheid.«
Ich lächelte. »Danke.«
»Es ist schon spät.« Sam stand auf. »Sie können gern hierbleiben, wenn Sie möchten. Oben ist noch ein freies Zimmer.«
»Danke.« Sie schnipste mit den Fingern und sofort sprang der Hund auf alle viere. »Welches Zimmer ist es denn?«
Sam setzte gerade zu einer Antwort an, doch ich kam ihm zuvor. »Ich zeige es Ihnen«, sagte ich. Sam warf mir einen fragenden Blick zu. Ich nickte nur, was so viel heißen sollte wie: Ich komm schon klar.
Oben angekommen, führte ich Sura und ihren Hund in das erste Zimmer, das links vom Flur abging. Das zweite war meins und das dritte teilten sich die Jungs. Weil sie sowieso nie alle gleichzeitig schliefen, war das kein Problem.
»Wie heißt Ihr Hund?«, fragte ich, während ich ein weiteres Kissen aus dem Schrank holte.
»Coby.« Sura stellte sich ans Fenster und sah hinaus. »Wie sind die Jungs zu
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