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Escape

Escape

Titel: Escape Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Rush
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mein Leben. Vielleicht war das nicht viel und nicht einmal echt, aber es war meins.
    Nun standen wir dort, mitten in einem Wald, und ich weinte. Sam hielt mich fest im Arm, als hätte er Angst, ich würde wieder weglaufen, sobald er losließ. Und das hätte ich vielleicht auch getan. Vielleicht wäre ich so weit gelaufen, wie meine Beine mich getragen hätten.
    »Sie ist nicht meine Mutter«, sagte ich schließlich und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Laut ausgesprochen, wirkte der Satz gleich viel wahrer. Möglich, dass ich das schon tief in mir drin geahnt hatte - seit ich den Klebezettel mit ihrer Handschrift gefunden hatte, einer Handschrift, die eigentlich in die Vergangenheit gehörte. Vielleicht hatte ich es schon da gewusst.
    Mein Dad schien oft gelogen zu haben, doch mir vorzumachen, dass Sura meine Mutter war, erschien mir selbst für seine Verhältnisse zu verschlagen. Weshalb hatte er es also getan? Zu welchem Zweck?
    »Wenn sie nicht meine Mutter ist, wer ist es dann?«
    Ein Windstoß fuhr durch die Bäume. »Das weiß ich nicht«, sagte Sam. »Aber ich verspreche dir, wir werden es herausfinden.«

25
    Je älter ich wurde, desto mehr wollte ich über meine Mutter wissen. Aus diesem Grund zeichnete ich sie wohl so häufig, so als könnte mein Stift die Lücken schließen, die ihr Tod hinterlassen hatte. Und jetzt befand sie sich direkt gegenüber von mir und war gar nicht meine Mutter. Das tat mehr weh als alles andere. Ich hatte gedacht, mir würde eine zweite Chance gewährt - stattdessen war mir einfach alles genommen worden.
    Trev reichte mir eine Tasse mit Instantkaffee. Sura bekam auch eine. Sam saß neben mir, so nah, dass wir uns berührten. Er würde mich nicht alleinlassen; genau wie er es versprochen hatte.
    »Wir reparieren dann mal das Stromaggregat«, sagte Trev.
    Aus dem Augenwinkel nahm ich Sams Nicken wahr. Auch Cas und Nick hatte er schon mit einer diskreten Geste weggeschickt, die ich nicht mitbekommen hatte. Um mir so viel Privatsphäre zu geben wie möglich.
    Als wir wieder ins Haus gekommen waren, hätte ich mich am liebsten sofort in meinem Zimmer verkrochen, um mich auf dem Bett zusammenzurollen und in Gedanken durchzugehen, was ich über mich selbst zu wissen glaubte. Ich wollte mich an meinen Vater erinnern und an alles, was er mir über meine Mutter erzählt hatte. Ich wollte ihr Tagebuch durchforsten und nach etwas suchen, das mir bisher entgangen war. Doch Sam hatte darauf bestanden, dass ich mich mit Sura unterhielt.
    Ein Feuer knisterte im Kamin und langsam wich die Taubheit aus meinen Fingern.
    »Wieso erzählst du mir nicht ein bisschen von Arthur?«, schlug Sura vor. »Und von dir?«
    »Ähm -« Ich schluckte mehrmals. »Ich weiß gar nicht, wo ich ansetzen soll.«
    »Soll ich dann vielleicht den Anfang machen?«, schlug sie vor. »Dir von Arthur und mir erzählen?«
    »Er hat mir erzählt, dass Sie gestorben sind, als ich ein Jahr alt war. Aber das ist ganz offensichtlich nicht die Wahrheit.«
    Sie nickte zustimmend und zog ihre Beine unter sich auf den Stuhl. »Wir haben uns vor dreizehn Jahren scheiden lassen.«
    Ich legte die Stirn in Falten. »Aber... Da wäre ich vier gewesen. Hatte er vielleicht... Äh -«
    »Eine Affäre?«, bot sie an. »Nicht dass ich wüsste, aber das wäre natürlich möglich. Wir hatten uns bereits extrem auseinandergelebt und lebten auch schon lange getrennt, als wir uns scheiden ließen. Für Arthur war seine berufliche Karriere immer wichtiger als alles andere.«
    Wer war dann meine Mutter? Woher kam ich ursprünglich? Mehr Fragen als zuvor. Ich musste unbedingt mit meinem Vater sprechen.
    »Haben Sie je für die Sektion gearbeitet?«, fragte Sam.
    »Ja, durch Zufall. Ich kam als frischgebackene Journalistin von der Uni und es war einfach keine freie Stelle in Sicht. Da hat Arthur mir einen Job bei der Sektion verschafft.«
    Ich musste an ihr Tagebuch denken und sagte: »Oh, ich habe da etwas von Ihnen.« Ich nahm das Buch von dem Tisch neben dem Sofa und gab es ihr.
    Sie hob die Augenbrauen. »Stehen da ganz viele Plätzchenrezepte auf den hinteren Seiten?«
    »Ja, ich hab sie alle mal ausprobiert.«
    Sie blätterte ein bisschen darin. »Wow. Ich hatte mich schon gefragt, wo das abgeblieben ist. Geht ziemlich viel um Angst und Selbstfindung darin, aber die Rezepte sind gut. Die meisten sind noch von meiner Mutter. Sie konnte unglaublich gut kochen.«
    Sie so von ihrer Mutter sprechen zu hören, machte mich ganz verzweifelt. »Sie

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