ESCORTER (German Edition)
Frühaufsteher unter den Gideonisten. David schenkte Kaffee ein und nahm ihr gegenüber Platz. Doreé löffelte Zucker in die Tasse und füllte sie dann mit Milch auf. Mit konzentrierter Miene rührte sie darin herum, Davids Blick meidend. Er ignorierte ihr Schweigen und versuchte, sie mit unverfänglichen Themen zu unterhalten. Zuerst weigerte Doreé sich, dieses Spiel mitzuspielen, antwortete einsilbig und brütete ansonsten stumm über ihrem viel zu süßen Kaffee. Doch dann dachte sie an ihren Fluchtplan und entschied, dass es wohl besser war, sich seinem Verhalten anzupassen, um ihn in Sicherheit zu wiegen. Obwohl sie keinen Appetit verspürte, würgte sie sogar ein Honigbrötchen runter. »Warum nennt ihr euch Gideonisten? Was bedeutet das?«, fragte sie zwischen zwei Bissen
»Der Name rührt von dem alttestamentarischen Gideon her, einem großen Kriegsherrn, der durch einen Engel berufen und zum Richter ernannt wurde. Er war der Geistesvater unserer Organisation«, erklärte David.
Entgegen ihrer wahren Gefühle zwang Doreé sich zu optimistischen Äußerungen hinsichtlich des Bannes, unter dem sie stand, und ihrer Bestimmung als Escorter.
»Niemand kann mich zwingen, mich mit dem Manipulator zu verbinden«, sagte sie in bemüht leichtem Tonfall. »Selbst wenn sie mich in die Gegenwelt schicken.«
Dass allein schon der Gedanke, in diese Gegenwelt , die Hölle, geschickt zu werden, sie mit Panik erfüllte, bestärkte sie in ihrem Vorhaben. Sie musste weg. Weg von David und weg von ihrer Mutter.
»Es wird dir nicht gelingen, ihm zu widerstehen«, sagte jemand hinter ihr.
Doreé fuhr herum. Kurt stand im Türrahmen, in einen Morgenmantel gehüllt, die Arme vor der Brust verschränkt. Er wirkte müde, strahlte aber zugleich Härte und Entschlossenheit aus. Sein abfälliger Blick glitt über ihr Gesicht.
»Zumindest solange du dich in seiner Welt befindest«, fuhr er fort. »Gäap wird dich bezirzen, dich locken mit allem, was er hat, und das ist einiges, glaube mir.« Er stieß sich vom Türrahmen ab und schlenderte auf sie zu. »Nicht umsonst wird er der Manipulator genannt.«
Doreé versuchte gar nicht erst, den verächtlichen Ton in ihrer Stimme zu verbergen. »Und das weißt du woher?«
Kurts Augen verengten sich. »Seit Jahrhunderten beschäftigt sich unser Orden mit der Gegenwelt und ihren Bewohnern. Wir kennen Gäap und wissen, zu was er fähig ist.«
Doreé zeigte es nicht, doch Kurts Worte machten ihr Angst. Betont gleichmütig zuckte sie mit den Schultern. »Dann müsst ihr eben verhindern, dass ich in diese Gegenwelt geschickt werde.«
Kurt lachte auf. David warf ihm einen warnenden Blick zu, den er jedoch ignorierte. Stattdessen stützte er einen Arm auf den Tisch und einen auf Doreés Stuhllehne und beugte sich zu ihr hinab. Ein höhnisches Grinsen auf den Lippen. »Keine Sorge. Das werden wir.«
Doreé schluckte trocken. »Und wie?«
»Glaube mir. Wir finden einen Weg.« Er sog den Atem ein, roch an ihr wie an einem zweifelhaften Essen. »Du trägst das rechte Blut und tust doch nichts, um dem Herrn für seine Gabe zu danken. Im Gegenteil. Du wendest dich von ihm ab.«
»Kurt, lass das«, befahl David.
Kurt reagierte nicht, fuhr stattdessen mit der Hand die Konturen ihres Gesichts nach, ohne sie zu berühren. »Ich sehe es, Doreé. Ich sehe es so deutlich vor mir wie dein Gesicht. Du bist keine von uns, wirst es niemals sein. Dein Blut wird verderben und die Dunkelheit siegen.«
David sprang von seinem Stuhl. »Das reicht! Lass sie in Ruhe.«
Kurt schnaubte abfällig und richtete sich auf. »Beschütz sie nur, Bruder. Doch glaube mir, wenn ich dir sage, dass wir sie töten sollten, solange wir noch die Gelegenheit dazu haben.«
»Die Geißelung hat dein Gehirn vernebelt«, spie ihm David entgegen. »Doreé hat niemandem etwas getan.«
Kurt lächelte mitleidig. »Noch nicht. Das Gleichgewicht steht auf dem Spiel, dafür müssen Opfer gebracht werden.« Er warf Doreé einen verächtlichen Blick zu. »Kollateralschäden nennt man so etwas.«
David stürmte um den Tisch und baute sich drohend vor Kurt auf. »Wage nicht, sie auch nur schief anzusehen, sonst erfährt Ben Nuru, was du hier abziehst.«
Besorgt blickte Doreé von einem zum anderen. Obwohl David größer und breiter war als der relativ schmächtige Kurt, ließ dieser sich nicht einschüchtern. Im Gegenteil, er stemmte die Arme in die Hüfte und baute sich provozierend vor David auf.
»Woher willst du wissen, dass ich
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