ESCORTER (German Edition)
Escorts erlahmte regelrecht, als sie näher trat, was das mulmige Gefühl in ihr noch verstärkte.
»Ich muss dich töten, Adám«, sagte sie und stieß ein kurzes, hartes Lachen aus. Glaubte sie ernsthaft, er konnte sie verstehen? Und selbst wenn, warum warnte sie ihn?
Er ballte die Fäuste vor Anstrengung. Seine Lippen bewegten sich. Es sah aus, als wollte er etwas sagen. Desoderia runzelte die Stirn. Willenlose konnten nicht sprechen.
Doch er war mehr als das.
»Doriiii …«, stieß er hervor und dann: »Jaa … kob.«
Vor Schreck wich Desoderia einen Schritt zurück. Er hatte die Namen seiner Kinder genannt. Unmöglich. Zugegeben, als Bote des Herrn war er so stark wie ein mächtiger Escorter gewesen, vielleicht sogar stärker, dummerweise nicht annähernd so skrupellos. Einst war ihm das zum Verhängnis geworden. Nun bescherte es ihm Erinnerungen an sein vergangenes Leben.
»Gib es auf. Du bist nur noch ein Schatten deiner selbst«, zischte Desoderia und verzog angewidert das Gesicht. »Nichts als ein zerstörter Geist gefangen in verrottendem Fleisch.«
Adám streckte die Arme nach ihr aus, tastete sich bis an den Rand des Bannkreises vor. Seine Augen glühten unter dem trüben Gelb. Desoderia zwang sich, Ruhe zu bewahren und nicht zurückzuweichen. Keine Schwäche zu zeigen im Angesicht des Feindes. Der Bann würde halten. Er musste halten. Sie lachte erleichtert auf, als Adám auf die unsichtbare Barriere traf und brutal zurückgeschleudert wurde. Er taumelte rückwärts gegen die andere Seite, nur um sogleich wieder in ihre Richtung gestoßen zu werden. Wie der Spielball in einem Flipperautomaten strauchelte er in dem Bannkreis herum, wurde von einer Seite zur anderen geworfen. Desoderia lachte, konnte gar nicht mehr aufhören, so sehr amüsierte sie dieses Schauspiel. Den hysterischen Unterton in ihrer Stimme hörte nur sie. Adám winselte und heulte wie ein verlassener Hundewelpe. Doriii , rief er immer wieder. Doriii .
Die Rufe nach seiner Tochter begannen, Desoderia zu nerven, und so trat sie in den Kreis und rammte den Dolch in Adáms Bauch, presste seinen Körper gegen die Barriere. Er zuckte zusammen unter den Hieben des Bannes, als würde er heftige Stromstöße verabreicht bekommen. Der Zwillingsdolch erbebte in ihrer Hand, wurde schwer aus Protest gegen den unerwünschten Einsatz. Desoderia ignorierte es, riss stattdessen den Arm hoch und stach ein weiteres Mal zu, bohrte die Klinge tief in das Fleisch ihres Mannes. Sie würde es zu Ende bringen. Ein für allemal. Adám hob abwehrend die Hände, versuchte, nach ihr zu schnappen. Sie wich ihm aus, duckte sich flink unter seinen Armen hindurch und versenkte den Dolch in seiner Flanke. Einen Herzschlag später durchtrennte sie die Sehnen in seiner Kniekehle. Adám schrie vor Pein, sackte auf die Knie und versuchte, sich mit den Händen abzustützen. Schwarzes, zähflüssiges Blut tropfte aus einer Vielzahl von Wunden, benetzte den Boden.
»Dein Drecksblut ist nicht mal gut genug für meinen Dolch«, stieß Desoderia verächtlich hervor.
Schwer lag der Zwillingsdolch in ihrer Hand, wurde von Sekunde zu Sekunde schwerer. Sie konnte ihn kaum noch halten. Mit letzter Kraft schloss sich Adáms Hand um ihren Fußknöchel. Sie schüttelte ihn ab wie ein lästiges Insekt, zerrte seinen Kopf in den Nacken und stemmte den Dolch an seine Kehle. Ihre Armmuskeln zitterten, so schwer war er mittlerweile geworden. Mit einem Ruck schlitzte sie Adáms Kehle auf. Er gab einen gurgelnden Laut von sich und sackte zu Boden. Der Dolch entglitt ihren Finger und schlug neben ihm auf.
»Was zum …?« Sie versuchte, den Zwillingsdolch aufzuheben, doch er wog so schwer wie eine Tonne Blei. Und während ihr Ehemann zu ihren Füßen seinen letzten Atemzug verröchelte, geschah etwas Seltsames. Die weiß-goldene Klinge verfärbte sich und verlor ihren Glanz. Dunkelgraue Schlieren verdichteten sich auf dem Edelmetall zu Klumpen. Feine Risse durchzogen die Schneidefläche.
»Scheiße«, fluchte Desoderia. Das Blut des Boten zerstörte ihren geliebten Dolch. Mit einem letzten Doriii hauchte Adám Lakatos sein Leben aus und nahm den Dolch mit sich in den Tod.
13
Doriii . Die Stimme ihres Vaters hallte durch Doreés Kopf. Erschrocken richtete sie sich auf. Ihr Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen und sie fasste sich an die Brust, weil der Atem in ihren Lungen stockte. Eine kalte Ahnung manifestierte sich in ihrem Inneren wie ein pulsierendes
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