ESCORTER (German Edition)
nicht sogar für ihn spreche? Im Gegensatz zu dir weiß er, was auf dem Spiel steht.«
David stieß einen zornigen Laut aus. »Niemals würde Ben das gut hießen. Er hört auf das Wort des Herrn, während du dich nur ständig geißelst.«
»Vielleicht solltest du es auch mal wieder versuchen«, höhnte Kurt. »Es reinigt Körper und Seele und klärt die Gedanken, was du meiner Meinung nach dringend gebrauchen könntest.« Er schnaubte. »Sie hat deinen Geist vernebelt.«
»Du redest Blödsinn«, zischte David. »Verschwinde, bevor ich mich vergesse.«
Doreé wollte den beiden nicht länger zuhören. Die Auseinandersetzung verdeutlichte ihr, wie dringend sie fliehen musste. Hier war sie definitiv nicht sicher. So schnell und unauffällig wie möglich erhob sie sich. »David, ich geh dann schon mal nach oben, okay?«
»Warte, ich komme mit«, bat er.
»Feigling«, zischte Kurt.
Doreé rieb sich demonstrativ über den Bauch, als hätte sie Unterleibsschmerzen oder müsste dringend zur Toilette. »Nein, nein, schon gut. Ich muss sowieso erst ins Badezimmer. Wir treffen uns dann oben.«
Ohne auf seine Antwort zu warten, eilte sie davon. Hoffentlich würde David ihr jetzt nicht folgen. Zu ihrer Erleichterung tat er es nicht.
Eilig huschte sie durch den Flur im zweiten Stock, bis sie zu Davids Zimmer gelangte. Bevor sie eintrat, warf sie einen kurzen Blick den Gang entlang, ob sich auch niemand näherte. Nichts rührte sich. Beherzt drückte sie die Klinke nach unten und trat ein. Genau wie sie hatte David nichts bei sich, sodass die Orte, an denen sie suchen musste, sich auf seine Lederjacke und seine Brieftasche beschränkten. Wie erwartet befand sich der Schlüssel in der Jackentasche. Mit zitternden Fingern zerrte sie ihn heraus und steckte ihn in ihre Jeans. Bevor sie den Raum verließ, lauschte sie kurz und grübelte über eine Ausrede nach, sollte er gerade in diesem Moment den Flur entlang kommen und sie entdecken. Sie könnte ja einfach so tun, als hätte sie hier auf ihn warten wollen. Durch diese Idee einigermaßen beruhigt, öffnete sie die Tür und huschte nach draußen. Bei dem Anblick des leeren Flurs stieß sie erleichtert die Luft aus ihren Lungen. Sie log ungern und war auch nicht besonders gut darin. Weder Ophelia noch ihrer Mutter hatte sie je etwas vormachen können und wer weiß, ob David ihr geglaubt hätte.
Da sie nicht annahm, dass sich ihre Chancen im Laufe des Tages erhöhten, beschloss sie, sofort zu fliehen, bevor Ben Nuru aufwachen oder diese Maria kommen würde. Sie hastete Richtung Treppe und lauschte nach unten. David brüllte zornig. Es polterte, als hätte einer der beiden etwas umgestoßen oder mit der Faust auf den Tisch geschlagen.
Zwei Stufen auf einmal nehmend hastete Doreé die Treppe hinab Richtung Haustür. Aus der Küche drang lautes Krachen, gefolgt von einem Schrei. Die Auseinandersetzung schien in eine handfeste Prügelei auszuarten. Nichts wie raus hier.
Als Doreé die Haustür öffnete und nach draußen huschte, verspürte sie einen Anflug von schlechtem Gewissen. Wegen David, der sich trotz seiner Lügerei für sie einsetzte, und weil sie sein Auto stahl. Doch sogleich rief sie sich zur Ordnung und konzentrierte sich auf ihre Flucht. Für Gewissensbisse blieb später noch Zeit.
Ihre Füße flogen über den Kiesweg bis zur Straße. Sie wagte nicht, sich umzusehen, aus Angst, jemand könnte ihr folgen. Der Volvo Kombi stand noch an derselben Stelle, wo David ihn am Tag zuvor geparkt hatte. Hektisch fummelte sie mit dem Schlüssel an der Fahrertür herum und verfluchte die alte Karre gleichzeitig dafür, dass sie keine Zentralverriegelung hatte. Der nächste Fluch galt der Gangschaltung. Seit ihrer Fahrprüfung zwei Jahre zuvor fuhr sie Automatik. Sie zwang sich zur Ruhe und rief sich ihre Fahrstunden in Erinnerung. Was musste sie tun? Kupplung treten, Gang einlegen, Wagen starten. So weit, so gut. War doch gar nicht so schwer. Das Anfahren hingegen schon. Viel zu schnell ließ sie die Kupplung kommen. Der Wagen bockte und erstarb.
»Scheiße! Verflucht!« Sie umklammerte das Lenkrad und stieß den Atem aus. Sie musste Ruhe bewahren. Ein prüfender Blick zum Haus. Alles blieb ruhig. Noch.
Erneut trat sie die Kupplung durch und startete den Wagen. Gas geben und langsam den Fuß von der Kupplung. Die Theorie klang einfach. Der Motor heulte auf, als sie das Gaspedal durchtrat, noch bevor sie die Kupplung kommen ließ, doch wenigstens soff die Karre nicht ab. Der
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