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Eselsmilch

Eselsmilch

Titel: Eselsmilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Mehler
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hinaufeilten, wo die verlassenen Stuben der ehemaligen Schüler lagen.
    Antjes
Kopf erschien soeben in einer der Fensteröffnungen. »Dieter!«, rief sie zu
ihrem Mann hinunter. »Du musst ein Foto von mir machen. Nein, stopp, komm
lieber rauf. Elke kann uns alle beide im Fensterrahmen fotografieren.«
    Fanni
seufzte noch einmal und begann, sich am Rand des Bassins nach einem Plätzchen
zum Niederlassen umzuschauen.
    Als
sie sich neben ein Popcorn futterndes Mädchen setzen wollte, hielt Sprudel sie
zurück. »Wir sollten lieber zu dem Bänkchen dort in der Ecke hinübergehen. Das
steht ein wenig abseits von dem ganzen Trubel.«
    Dankbar
ließ sich Fanni in den vom Eingang am weitesten entfernten Winkel führen.
    Es
tat ihr gut, in der Nische zu sitzen und zu schweigen. Ihr Blick ruhte sich auf
den feinen Stuckverzierungen an der Wand neben ihr aus.
    »Wir
haben es bald geschafft«, sagte Sprudel nach einer Weile. »Nach den
Saadier-Gräbern steht schon das Mittagessen auf dem Programm.«
    Fanni
graute vor diesem Mittagessen. Würden die Tischnachbarn sie bei Couscous und
Hühnchen-Tajine erneut über das gestrige Geschehen ausfragen?
    »Es
geht weiter«, drang Elkes Stimme durch den Innenhof der Koranschule. »Kommt zum
Ausgang bitte. Es ist schon nach zwölf, die Zeit läuft uns davon.«
    Das
Restaurant, in das sie zum Mittagessen geführt wurden, war laut Elkes
Ankündigung »repräsentativ marokkanisch«, was in diesem Fall auch bedeutete,
dass der Speiseraum nicht mit Straßenschuhen betreten werden durfte.
    Selbst
Fanni verschlug es für einen Moment den Atem, als sie eintrat. Ja, so stellte
man sich die Gemächer vor, in denen einst Sultane mit ihrem Gefolge tafelten:
prunkvoll und dennoch behaglich, lebhaft bunt und dennoch betäubend.
    Zwei
blank polierte Marmortreppen und ein auf Hochglanz gewienerter Flur hatten zu
einem vertäfelten Entree geführt, das in einen gänzlich mit dicken,
handgearbeiteten Teppichen ausgelegten Salon überleitete. Bunte Sitzkissen
unterbrachen wie kleine Inseln die Teppichlandschaft.
    »Das
heutige Mittagessen«, sagte Elke, »könnt ihr als Generalprobe für die
Mahlzeiten beim Zelttrekking betrachten.« In ihre Stimme hatte sich ein Anflug
von Humor geschlichen.
    Fanni
und Sprudel schlüpften aus ihren Schuhen und stellten sie am Durchgang zum
Salon auf einer der dafür vorgesehenen Bambusmatten nebeneinander ab.
    Als
sie in den Speiseraum traten, hatte sich Hubert Seeger bereits auf eines der
Kissen gefläzt, die anstelle von Stühlen den kaum zehn Zentimeter hohen Tisch
umlagerten. Er hatte den Kopf auf den angewinkelten rechten Arm gestützt und
die Beine nach hinten weggestreckt.
    »Lieg
anständig bei Tisch«, grinste er Fanni entgegen.
    Aufatmend
steuerte sie auf das noch freie Sitzkissen links von ihm zu. Hubert kannte alle
Details des Überfalls bereits, er würde sie also damit in Ruhe lassen. Seine
Kalauer wollte sie dafür gern in Kauf nehmen.
    Sie
rückte das Kissen zurecht und versuchte, sich im Schneidersitz darauf
niederzulassen. Dora, an Huberts anderer Seite, hatte die Beine geradezu
beispielhaft unter sich gefaltet und hockte mit so tadellos geradem Rücken da,
als hätte sie noch nie anders zu Tisch gesessen.
    Nur
kein Neid, Fanni! Dora ist ein ganzes Stück jünger als du, zwanzig Jahre
mindestens!
    Fanni
gelang es zwar, den rechten Fuß unter den linken Oberschenkel zu klemmen, doch
das linke Bein ließ sich nicht stark genug abknicken, sodass der Fuß unterm
rechten Knie zu liegen kam. Die so entstandene Körperhaltung ähnelte zwar
durchaus einem Schneidersitz, hatte jedoch den entschiedenen Nachteil, dass der
Schwerpunkt zu weit hinten lag. Um nicht zu kippen, musste Fanni beide Hände um
ihre Fesseln legen.
    Keine
Frage, auf diese Weise lässt sich Stabilität garantieren! Du wirst allerdings
jemanden brauchen, der dich füttert!
    Fanni
hörte Sprudel ächzen und bemerkte, dass er begehrlich in den hinteren Teil des
Salons spähte, der mit normalen Tischen und Stühlen und gepolsterten Bänken
ausgestattet war.
    Ja,
dachte sie, ein Sofa wäre jetzt gut, eines mit weicher Rückenlehne, auf die man
den Kopf betten kann. Eines mit einem Schemel davor, um die Füße abzulegen.
    Heroisch
umfasste sie ihre Knöchel fester und spannte die Rückenmuskeln an.
    Während
der Kellner die Getränkebestellungen aufnahm, blickte Fanni in die Runde.
Gegenüber von ihr klebte Gisela an Bernd. Es sah aus, als würden sich die
beiden ein Kissen teilen.
    Olga
saß

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