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Eselsmilch

Eselsmilch

Titel: Eselsmilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Mehler
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zwischen Gisela und Melanie. Eben richtete sie ein paar Worte an Melanie,
erntete jedoch nur ein unwilliges Nicken als Antwort.
    Fanni
bekam ein schlechtes Gewissen. Sie starrte grüblerisch das winzige Tellerchen
an, auf das Sprudel ein Stück Fladenbrot gelegt und ein paar Oliven gehäuft
hatte.
    Fühlte
sich die Klein-Bäuerin von ihr im Stich gelassen? Hatte sich Olga während
dieser Reise doch mehr Aufmerksamkeit und Fürsorge von ihr erwartet? Hatte sie
gehofft, dass Fanni und Sprudel sich rund um die Uhr ihrer annehmen würden?
    Fanni
dachte an ihre guten Vorsätze vom Morgen. Hatte sie nicht beabsichtigt, Olga ab
sofort mehr Interesse zu schenken?
    Doch
Olga war ihr entschlüpft, wie ihr offenbar auch der Zugang zu ihrer Umwelt
entschlüpft war – wie ihr Martha entschlüpft war. Und Martha ließ sich
nicht mehr zurückholen.
    Ein
Grund mehr, sich jetzt vordringlich um Olga zu kümmern, sagte sich Fanni. Aber
ihre Gedankenstimme schien anderer Meinung zu sein.
    Quatsch,
so wie sich die Klein-Bäuerin bisher durchs Leben beißen musste, braucht sie
keine Fanni Rot, die bei ihr Kindermädchen spielt! Olga genießt die Ferien von
Erlenweiler und vom Kuhstall! Sie genießt die Reise und die Gesellschaft von
Menschen, die keine Vorurteile gegen sie hegen! Und wenn ihr die sauertöpfische
Melanie grantig kommt, dann nimmt Olga das nicht persönlich!
    Trotzdem!
War Olga enttäuscht, gekränkt?
    Fanni
hob den Blick, um ihr wenigstens ein nettes Lächeln zu schicken, aber Olga
bemerkte es nicht, weil sie sich gerade angeregt mit Dieter Horn unterhielt. Er
hatte seinen Platz auf der anderen Seite von Melanie. Doch deren Sitzkissen war
mittlerweile leer, sodass Olga und Dieter für den Moment kein Bollwerk trennte.
    Melanie
selbst war nirgends zu entdecken, und Fanni vermutete, dass sie sich auf die
Suche nach den Toiletten gemacht hatte.
    Fannis
Blick streifte Antje Horn an Dieters anderer Seite und wanderte zu den Brügges,
die, soweit es der Raum zwischen Antje und Elke zuließ, voneinander abgerückt
waren und, wie zum Gebet auf ihren Kissen kniend, vor sich hin muffelten.
    Sprudels
unbehagliches Rumoren auf dem Kissen neben ihr lenkte Fanni von den Brügges ab,
und sie schaute auf. Zwei Burschen in Tuareg-Gewändern brachten soeben ein
Tablett mit Vorspeisen herein. Sie stellten es in der Mitte des niedrigen Tisches
ab, und gleich darauf wurden Teller mit Linsen, Auberginen, Tomaten und noch
mehr Oliven herumgereicht.
    Fanni
ließ ihre Fußknöchel los.
    Und
du glaubst, das funktioniert?
    Jawohl,
konterte Fanni. Oder bin ich etwa umgefallen?
    Leider
genügte es nicht, die Hände frei zu haben und gleichzeitig ein wackeliges
Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Es war jetzt auch nötig, sich seitwärts zu
neigen, um Teller für Teller entgegenzunehmen, sich von den Speisen zu
bedienen, sich auf die andere Seite zu beugen, um den Teller weiterzugeben, und
so fort.
    Für
derartige Verrenkungen bot Fannis rudimentärer Schneidersitz ohne den
stützenden Handgriff um die Fesseln entschieden zu wenig Stabilität.
    Sprudel
hatte sich inzwischen hingekniet und hockte auf seinen Fersen. Fanni tat es ihm
nach. Doch bereits nach kurzer Zeit schmerzten ihre Knie.
    Rings
um den ganzen Tisch herum herrschte ein Scharren und Wühlen, ein Rücken und
Rumpeln. Einzig Hubert lag bequem da. Er ließ sich von Dora bedienen und kaute
zufrieden. Das fleischige Kinn ruhte gemütlich auf seiner Handfläche. Hubert
schien derart versunken, dass er sogar vergaß, »Kikeriki« zu krähen, als Tajine
mit geschmortem Hühnchen aufgetragen wurde.
    Tatsächlich
war sogar Fanni von der Vielfalt der angebotenen Speisen, von deren vorzüglichem
Geschmack und von der unermüdlichen Aufmerksamkeit der hin und her eilenden
Tuaregs beeindruckt und gewöhnte sich mit der Zeit an ihre ungewohnte Position
beim Essen. So schien es den meisten aus der Gruppe zu gehen, und so kam es,
dass sich das Mittagessen über fast zwei Stunden hinzog.
    Als
Fanni danach aufstehen wollte, musste sie sich mit ausgestreckten Armen am
Boden abstützen, bis ihre Beine nicht mehr einknickten und ihr Körpergewicht
wieder tragen konnten.
    Das
sieht aber äußerst ungraziös aus!
    Ein
kurzer Blick überzeugte Fanni davon, dass die anderen keine viel bessere Figur
machten. Selbst Elke presste beide Hände haltsuchend auf ihre Oberschenkel,
während sie sich langsam aufrichtete.
    Kaum
hatte Fanni das Entree verlassen und den polierten Marmorboden am Beginn des
langen Flurs

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