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Eselsmilch

Eselsmilch

Titel: Eselsmilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Mehler
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übellaunig.
    Die
Passstraße schlängelte sich an einem Stauweiher vorbei, in den offensichtlich
die Kloake aus dem gesamten Ort floss. Zwei für die Kälte hier oben viel zu
leicht bekleidete Jungen stocherten mit Stöcken in den grünlich schimmernden
Pfützen herum, die sich am Ufer gebildet hatten. Ein Stück oberhalb des Weihers
erstreckte sich eine Wiese, auf der das halb verrostete Gestänge eines
ehemaligen Schlepplifts lag. Zwischen den Eisentrümmern grasten ein paar
Schafe.
    Fanni
kniff die Augen zu, als könne sich dadurch die schmuddelige Umgebung in eine
kultivierte verwandeln.
    Als
sie wieder nach draußen sah, tauchten die ersten Häuser des Ortes auf. Eine
großformatige Reklametafel kündigte das beste Hotel am Platz an.
    »Spa«,
las Fanni. »Happy Hour. First-Class-Suite«. Und über der Abbildung eines
imponierenden Gebäudekomplexes prangten fünf Sterne.
    Wenige
Meter dahinter konnte Fanni das ramponierte Original betrachten. Der Putz
bröckelte von den Mauern; die Fenster waren nicht erst seit gestern blind; Wind
und Wetter hatten den vormals parkähnlichen Garten mit zerfledderten
Plastiktüten und sonstigem Unrat zugeweht.
    Da
bin ich ja mal auf die Wanderherberge gespannt!
    Die
Gîte d’Etape des französischen Alpenvereins war offensichtlich eines der
wenigen Häuser in Oukaimeden, die gut in Schuss gehalten wurden. Steinstufen
führten über eine Art Veranda zu der hübschen Eingangstür aus verglasten
Holzelementen. Sämtliche Fenster zur Straße hin waren sauber geputzt, die
Fassade aus ineinandergefügten Brettern war kaum verwittert, und auf dem Vorplatz
lag nicht einmal eine Zigarettenkippe.
    Beim
Aussteigen aus dem Bus belastete Fanni versuchsweise ihren Fuß und stellte
erfreut fest, dass er zwar noch wehtat, seine Aufgabe aber leidlich erledigte.
    In
der Eingangshalle der Gîte, von der eine breite Treppe zu den Schlafräumen im
ersten Stock führte, gab es zwei bequeme Polstergruppen mit weichen Sofas.
    »Memsahib«,
rief Hubert und winkte sie zu dem Sofa in der Ecke. »Memsahib wird hier sitzen
und ruhen. Boy bringt Gepäck hinauf und macht Quartier fertig.«
    Sprudel
war bereits mit Fannis Reisetasche nach oben unterwegs, und es würde vermutlich
geraume Zeit vergehen, bis er zu ihr zurückkehren konnte.
    Fanni
lag indessen geduldig auf dem Sofa. Gedankenverloren beobachtete sie die beiden
Flügeltüren, die das Foyer von dem Windfang hinter der Haustür abtrennten und
keinen Augenblick lang stillstanden.
    »Wie
geht es dir?«, rief Olga herüber, die soeben mit ihrem gesamten Reisegepäck
beladen auf die Treppe zusteuerte.
    Fanni
streckte den Arm aus und reckte den Daumen nach oben. Worte sparte sie sich.
Sie hätte schreien müssen, um das Stimmengewirr, das Scharren und Rascheln, das
Klacken von Giselas Absätzen, Elkes Quengeln und Hassans Anweisungen übertönen
zu können.
    Am
Rande ihres Blickfelds gewahrte sie, wie sich am anderen Ende der Halle ein
Mann in Anorak und Schirmmütze von einem Barhocker an der Theke erhob und im
Nebenraum verschwand.
    Die
anderen Gäste ergreifen bereits die Flucht!
    »Unsere
Gruppe ist in Mehrbettzimmern untergebracht«, sagte Sprudel, rückte einen der
Polsterstühle nahe an die Couch heran und ließ sich darauf nieder. »Dora wollte
gern, dass sie und Hubert sich eine der drei Vierbettkammern mit uns teilen,
weil es dann für sie einfacher wäre, deinen Fuß zu behandeln. Aber Hubert hatte
ihre Taschen schon auf Nummer 3 gebracht, wo bereits die Brügges
eingezogen waren. Und inzwischen hatte Olga in Zimmer Nummer 1, in dem sie
unser Gepäck stehen sah, ihre Sachen ausgepackt. Und so soll es jetzt auch
bleiben.« Er fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht und ließ den Kopf auf
die gepolsterte Sessellehne sinken.
    Im
Foyer war es ruhig geworden. Der Lärm, der hier eben noch geherrscht hatte,
drang jetzt – gedämpft und geringfügig modifiziert – aus der ersten
Etage herunter.
    »Und
wer vervollständigt unser Quartett?«, fragte Fanni.
    Sprudel
benötigte einige Augenblicke, bis er verstand, was sie meinte.
    »Gisela«,
antwortete er.
    »Und
was ist mit Bernd?«, fragte Fanni verwundert.
    Sprudel
zuckte die Schultern.
    Die
Antwort ist ja wohl einfach! Horns, Melanie und Bernd teilen sich Nummer 2!
Fragt sich bloß, wo Elke untergekrochen ist?
    »Ist
es nicht seltsam, dass Gisela …«, begann Fanni.
    Sprudel
unterbrach sie schmunzelnd. »Vier Betten in einem winzigen Zimmer, Fanni.
Welches davon du auch wählst, du

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