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Eselsmilch

Eselsmilch

Titel: Eselsmilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Mehler
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Männern
besetzt, die eine topografische Karte studierten und leise miteinander
sprachen. Fanni schien es, als würden sie Deutsch reden.
    Auf
einem zweiten Sofa, nicht weit von dem, auf dem Fanni lag, saß ein Pärchen.
Beide lasen Bücher mit französischen Titeln.
    An
die Theke gelehnt stand ein junger Mann in Wollpullover und Baseballkappe mit
einer Bierdose in der Hand. Kurz streifte Fanni der Gedanke, wie sehr Hubert
sich wohl darüber freuen würde, dass der französische Alpenverein Eigentümer
der Gîte war und hier nach Lust und Laune Alkohol ausschenken konnte.
    Der
Mann an der Theke kam Fanni irgendwie bekannt vor. Sie fragte sich, ob er zu
den dreien mit der Karte gehörte. Er sah allerdings etwas älter aus als sie.
Aber wieso glaubte sie, sich an etwas an ihm zu erinnern?
    Die
Kappe! Es ist die Kappe!
    Fanni
fasste sie genauer ins Auge und erkannte den Schriftzug auf dem Schirm. Genau
so eine Kappe hatte der Mann getragen, der mit einer Gazette du Maroc vor dem
Hotel Agalan in Marrakesch saß, bevor Martha zu Tode kam.
    Vielleicht
saß er sogar währenddessen noch da! Und überhaupt, hält er sich nicht steif und
gerade wie ein Lineal?
    Fanni
machte Sprudel unauffällig auf den Mann an der Theke aufmerksam.
    Sprudel
nickte bedächtig. »Ich habe ihn mir auch schon angesehen. Und ich glaube, er
könnte es sein.«
    »Derjenige,
dem Melanie in Marrakesch etwas übergeben hat?«, vergewisserte sich Fanni.
    Sprudel
nickte noch einmal.
    Man
sollte mal ein Wörtchen schwätzen mit dem Käppimann!
    »Ein
Überfall und zwei Unfälle in knapp zwei Tagen«, sagte Sprudel. »Einer davon
tödlich.«
    Fanni
merkte, wie angespannt Sprudel war. Sie musste mit ihm reden. Jetzt sofort.
Egal, ob jemand etwas von dem Gespräch aufschnappte oder nicht.
    Fanni
berichtete ihm kurz und mit gedämpfter Stimme von dem Stoß am Treppenabsatz.
    Sprudel
nickte, als habe er nichts anderes erwartet. »Der Überfall in der Gasse, der
Vorfall auf der Treppe, das waren Anschläge auf dein Leben.«
    »Und
Marthas Unfall?«, fragte Fanni.
    Sprudel
wirkte unschlüssig, antwortete aber dann mir fester Stimme: »Scheint mir
inzwischen mehr als verdächtig.«
    Ja,
Fanni Rot, Sprudel weiß eben, wann es Zeit ist, Fraktur zu reden!
    »Warum
Martha, warum ich?«, sagte Fanni nach einer Weile. »Was wäre, wenn ich den
gestrigen Angriff oder den heutigen Sturz nicht überlebt hätte? Wäre dann
Schluss, oder würde sich der Täter – wir gehen doch davon aus, dass es
einen gibt …?« Sie wartete Sprudels Zustimmung nicht ab, sondern fuhr
nahtlos fort: »… würde er sich ein neues Ziel suchen? Wieder eine Frau?
Nach welchen Kriterien wählt er seine Opfer aus? Augenfarbe? Größe? Alter?
Kleidung?«
    Sprudel
strich nachdenklich über ihr Bein. »Figur, Alter, Kleidung. So betrachtet seid
ihr euch recht ähnlich gewesen, Martha und du. Sie war fast genauso schlank wie
du, allerdings ein paar Zentimeter größer, was aber nicht auffiel, wenn man
euch nicht direkt nebeneinander gesehen hat. Und im Gegensatz zu Gisela war
Martha immer sportlich und eher dezent gekleidet, wie du eben. Der auffälligste
Unterschied war wohl die Frisur. Sie hatte dunkle, fast schulterlange Locken,
du trägst die Haare kurzgeschnitten und hast farblich der Natur ihren Lauf
gelassen …«
    Er
unterbrach sich, denn Fanni saß plötzlich stocksteif da. »Was ist? Sticht es so
arg in deinem Knöchel?«
    Fanni
musste zweimal schlucken, bevor sie antworten konnte. »Als Martha gestern früh
das Hotelcafé verlassen hat, um zur Apotheke zu gehen, hatte sie …
Erinnerst du dich, was sie da trug?«
    Sprudel
dachte kurz nach, dann erstarrte auch er.
    Die
drei jungen Männer am Tisch sahen plötzlich zu ihnen herüber, als spürten sie,
dass etwas nicht stimmte.
    »Martha
trug mein rotes Umschlagtuch und auf dem Kopf ihre hellgraue Mütze«, flüsterte
Fanni.
    Sprudels
Finger gruben sich in ihre Wade, bis sie aufstöhnte. Er ließ erschrocken los.
Doch gleich darauf nahm er resolut ihre beiden Beine und stellte sie auf den
Boden. »Wir rufen uns ein Taxi, fahren nach Marrakesch und steigen in den
nächsten Flieger nach Hause.«
    Nun
starrten nicht mehr nur die drei jungen Männer am Tisch her, sondern auch der
Kerl an der Theke.
    Fanni
ließ die Beine auf dem Boden stehen und drehte den Oberkörper so, dass sie
Sprudel direkt ins Gesicht blicken konnte. »Er ist also hinter mir her.«
    »Und
deshalb bleiben wir keine Minute länger hier«, sagte Sprudel

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