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Eselsmilch

Eselsmilch

Titel: Eselsmilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Mehler
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verbündeten.
    Sie
saß zwischen Sprudel und Dora an einem langen, schmalen Tisch im Speiseraum der
Gîte.
    Dora
drückte ihr gerade ein kleines Päckchen in die Hand. »Das sind sehr
wirkungsvolle Schmerztabletten, falls dich dein Knöchel triezt heute Nacht und
du nicht schlafen kannst.«
    »Aber
er scheint sich gut erholt zu haben«, war Olga von schräg gegenüber zu hören.
»Lass lieber die Finger von Schmerzmitteln, wenn es auch anders geht.«
    Tajine
mit Hühnchen wurde aufgetragen. Hubert warf einen Blick darauf und begann sein
»Kikeriki, kikeriki«.
    Man
könnte ihm glatt eine scheuern, diesem Idioten!
    Huberts
Mumpitz wurde von Elkes nörgelnder Stimme unterbrochen. »Zum Besprechen des
Trekkingablaufs sollten wir uns besser nach dem Essen noch mal am Kachelofen in
der Halle treffen. Dort können wir schön in der Runde sitzen, und gemütlicher
ist es auch. Hassan wird dann ebenfalls Zeit haben, uns weitere Informationen
zu liefern und Fragen zu beantworten.«
    Gemütlich
in der Runde! Das wird sich hinziehen! Länger als dir lieb ist! Weit über die
Zeit hinaus, zu der in Alpenhütten das Licht abgedreht wird!
    Fanni
gab ihrer Gedankenstimme, die heute wieder einmal besonders geschwätzig zu sein
schien, im Stillen recht. Man würde am Ofen sitzen und von Hassan alles
Mögliche wissen wollen, freilich nicht nur über die vorgesehene Route durch das
Atlasgebirge. Fragen nach seiner Familie würden gestellt werden, nach seiner
Schulbildung, seiner Religion.
    Man
wird quasi vom Hundertsten ins Tausendste kommen!
    Ja,
dachte Fanni. Und Hubert Seeger wird seinen gesamten Vorrat an Albernheiten
ausspielen.
    Eben
hörte sie ihn zu Sprudel sagen: »Sind wir nicht ausgerüstet wie zu einer
Expedition durch den Himalaja? Drei Mulis, drei Mulitreiber, ein Koch,
haufenweise Proviant – der aus einem Regiment Hühner besteht, nehme ich an –,
ein Beraber-Guide und dazu noch unsere kleine, aber unbedingt sachverständige
Elke …«
    Fanni
horchte nicht mehr hin. In diesem Stimmengewirr war Hubert für sie ohnehin
nicht leicht zu verstehen, denn er saß links von Sprudel. Den Platz rechts von
Sprudel belegte Fanni, und rechts neben ihr saß Dora.
    Haben
euch die zwei in die Zange genommen oder beschützend in die Mitte?
    Als
Dessert wurde gerade Karamellpudding serviert, da trat Hassan an den Tisch und
bat sie alle sehr höflich darum, vor der Zusammenkunft in der Halle die
Tischgetränke an der Theke zu bezahlen.
    Schon
während der Busfahrt von Marrakesch nach Oukaimeden war Fanni aufgefallen, was
für ein geschliffenes Deutsch der Marokkaner sprach.
    Deshalb
wird auch eine der ersten Fragen an ihn lauten: »Wo hast du das gelernt,
Hassan?«
    Überhaupt
scheint er recht gebildet zu sein, dieser Guide des montagnes , dachte
Fanni, der laut Elke aus einem kleinen Bergdorf im hohen Atlas stammt.
    Es
sieht auch ganz danach aus, als hätte er die Organisation der Tour komplett im
Griff! Wozu ist eigentlich Elke noch dabei?
    Fanni
musste ein Lachen unterdrücken, als die Antwort darauf aufblitzte: damit wir
ihre nörgelnde Stimme nicht vermissen.
    Diese
Stimme war soeben deutlich zu hören: »Bei Durchfallerkrankungen ist es am
besten, Diät zu halten. Kein Fett, kein Zucker. Vor allem kein Fett.«
    Antje
Horn schob den erst zur Hälfte aufgegessenen Karamellpudding von sich weg.
    Fanni
schaute mürrisch auf ihre Armbanduhr, während sie die Halle betrat, wo Hassan
bereits auf seine Trekkinggruppe wartete. Halb zehn. Zwei Stunden würde man
mindestens hier zusammensitzen.
    Und
dann schleunigst ab ins Bett!
    Ja,
dachte Fanni resigniert, das Telefongespräch mit Leni werde ich wohl
verschieben müssen.

8
    Oukaimeden
lag bereits eine halbe Wegstunde zurück.
    Die
kleine Karawane kroch gemächlich über Wiesenpfade auf einen Berghang zu. Hassan
führte sie an, Elke bewachte die Nachzügler.
    Fanni
hatte sich morgens beim Abmarsch ganz am Ende eingereiht, um niemanden aus dem
Tritt zu bringen, falls sie wegen ihres Knöchels stehen bleiben oder überhaupt
langsamer gehen musste als die anderen.
    Inzwischen
war jedoch ersichtlich, dass ihr der Knöchel beim Gehen keine Schwierigkeiten
mehr bereitete, dass nicht sie Stockungen und Saumseligkeiten verursachte,
sondern mal dieser, mal jener aus der Gruppe: Antje Horn war schon zweimal
eilig im Gebüsch verschwunden. Gisela und Bernd hatten so viel miteinander zu
tuscheln, dass sie offenbar nicht merkten, wie sich ihr Abstand zu Wiebke, die
vor ihnen lief, von Minute zu Minute

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