Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eselsmilch

Eselsmilch

Titel: Eselsmilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Mehler
Vom Netzwerk:
vergrößerte. Otto schien jeden Grashalm
fotografieren zu wollen. Und Hubert redete pausenlos auf seine Frau ein, wobei
er immer wieder zum Stehen kam und sie festhielt, als müsse er sie daran
hindern, den falschen Weg einzuschlagen.
    Am
Fuß des Berghangs blieb Hassan stehen und schnallte seinen Rucksack ab.
    Rast,
dachte Fanni, nach so einer kurzen Wegstrecke schon.
    Der
Guide zog eine prall gefüllte Tüte aus dem Gepäck, machte damit die Runde und
bat jeden, sich zu bedienen.
    »Nüsse,
Datteln, Feigen und jede Menge Kichererbsen! Kalorienspritze für
Toubkal-Trekker«, witzelte Hubert.
    Bernd
warf ihm einen anzüglichen Blick zu. »Manch einer könnte gut darauf
verzichten.«
    Als
sich der Trupp mit Hassan an der Spitze wieder in Bewegung setzte, sah sich
Fanni plötzlich in Gesellschaft von Olga. Der Weg, der vorerst nur mäßig
anstieg, war hier breit genug für zwei Personen nebeneinander.
    Nachdem
sich Olga von Fanni hatte versichern lassen, dass ihr das Laufen keinerlei
Schwierigkeiten bereitete und der gestrige Sturz auch keine anderweitigen
Beschwerden verursacht hatte, sagte die Klein-Bäuerin: »Du musst vorsichtig
sein, Fanni. All diese Unglücksfälle in kürzester Zeit – das gibt mir zu
denken.«
    Fanni
wartete darauf, dass Olga erläuterte, was speziell ihr daran zu denken gab.
    Die
Klein-Bäuerin ist nicht dumm!
    Selbstverständlich
nicht, dachte Fanni. Hat sich nicht schon oft gezeigt, dass auch ihr Sohn Ivo
ein außerordentlich gewitztes Bürschchen ist?
    Olga
räusperte sich, schluckte, räusperte sich wieder. Anscheinend fiel es ihr
schwer, auszusprechen, was sie sich zu sagen vorgenommen hatte.
    Plötzlich
stieß sie hervor: »Fanni, könnte es nicht sein, dass es jemand auf dich
abgesehen hat?« Entschiedener fuhr sie fort: »Ich glaube, jemand will dich
umbringen und die Tat wie einen Unfall aussehen lassen. Beim ersten Versuch ist
es missglückt, weil er dich mit Martha verwechselt hat. Sie hatte sich doch
dein rotes Tuch ausgeliehen, und das war so ein eindeutiges Erkennungszeichen,
dass der Kerl vermutlich nicht mehr genauer hingesehen hat. Beim zweiten …«
    Fanni
hörte nicht mehr hin, als Olga auf den Angriff in der Gasse zu sprechen kam.
Erneut brandete auf, womit sie sich die halbe Nacht herumgequält hatte: Die
Wahrscheinlichkeit, dass Martha hatte sterben müssen, weil der Täter sie mit
Fanni verwechselte, war so hoch, dass man bedenkenlos davon ausgehen konnte.
Wer trug demnach die Schuld an Marthas Tod? Sie, Fanni!
    Das
hatte ihr den Schlaf geraubt. Sie hatte sich herumgewälzt und sich nicht mehr
von dem Gedanken befreien können, dass Martha an ihrer Stelle gestorben war.
Gegen drei Uhr morgens hatte sie den Entschluss gefasst, eine von Doras
Schmerztabletten zu schlucken, weil sie hoffte, das Medikament würde eine
beruhigende, einschläfernde Wirkung haben.
    Doch
Sprudel war ihr zuvorgekommen. Er hatte sie fest in die Arme genommen, hatte
sie zart geküsst und sanft gestreichelt, hatte ihren Kopf in seine Halsbeuge
gebettet, und irgendwann war sie eingeschlafen.
    »… deine
Schuhsohlen eingefettet«, sagte Olga gerade. Fanni horchte auf. »Gestern auf
dem Weg in den Speiseraum von diesem Restaurant in Marrakesch war ich zufällig
hinter dir, als wir über den spiegelglatten Belag im Flur gelaufen sind. Im
Gegensatz zu Gisela hast du mit deinen Schuhen gut Halt darauf gefunden. Aber
ganz anders war es auf dem Rückweg. Ich kam gerade aus dem Durchgang, da habe
ich dich am anderen Ende des Flurs auf die Treppe zuschlittern sehen wie zum
Schanzenspringen.« Sie warf Fanni einen prüfenden Blick zu. »Darauf ist es ja
fast auch hinausgelaufen.«
    »Hast
du gesehen, wer an der Treppe direkt hinter mir war?«, fragte Fanni.
    In
Olgas Blick blitzte Begreifen auf. »Ein ganzes Knäuel, Fanni. Aber ich kann
beim besten Willen nicht sagen, wer am nächsten an dir dranklebte. Darauf habe
ich einfach nicht geachtet.«
    Fanni
nickte versonnen. Es waren immer viel zu viele Leute im Spiel, als dass man
hätte überschauen können, was jeder Einzelne gerade machte.
    »Es
stimmt also?«, fragte Olga.
    Wieder
nickte Fanni gedankenverloren.
    »Der
Kerl muss deine Schuhsohlen eingeschmiert haben, während wir andern beim Essen
saßen«, sagte Olga.
    »Es
muss ja nicht unbedingt ein Kerl gewesen sein«, wandte Fanni ein.
    Olga
schnaubte. »Mann oder Frau, Wortklaubereien helfen bestimmt nicht weiter.«
    »Sprudel
und ich haben uns zu erinnern versucht, wer beim Essen für einige Zeit

Weitere Kostenlose Bücher