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Eselsmilch

Eselsmilch

Titel: Eselsmilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Mehler
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drängend.
    Hassan
seufzte theatralisch. »Durch betrügerisches Verkuppeln!« Die gespannten
Gesichter um ihn herum nötigten ihn, zügig fortzufahren: »Wenn eine Stute durch
einen Esel gedeckt werden soll, dann führt man ihr zuerst einen schönen Hengst
vor, damit sie in Stimmung kommt. Sobald sie hitzig ist, verbindet man ihr die
Augen, schafft den Hengst weg und holt den Esel.« Er schmunzelte über das halb
belustigte, halb entrüstete Schnauben seiner Zuhörer.
    »Schau
sich einer die Beraber an«, murmelte Hubert.
    »Und
ein paar Monate später bringt die Stute oder die Eselin nichtsahnend einen
Bastard zu Welt«, sagte Gisela.
    »Elf
Monate später«, präzisierte Hassan.
    »Und
beide säugen ihren Bastard anstandslos?«, fragte Antje Horn.
    »Natürlich«,
antwortete Hassan. »Er ist doch ihr eigen Fleisch und Blut.«
    »Stuten-
und Eselsmilch für die Mulis«, sagte Gisela. »Die Viecher ahnen nicht einmal,
mit was für edlen Produkten sie da aufgezogen werden. Unsereins muss für ein
winziges Stückchen Eselsmilchseife eine Stange Geld zahlen.«
    Plötzlich
redeten wieder einmal alle durcheinander.
    »Eselsmilchseife?«
    »Wofür
soll die denn gut sein?«
    »Wo
gibt es denn Eselsmilchseife?«
    »Fragt
sich, ob das nicht bloß ein Werbegag ist.«
    Nach
einer Weile wurde es still im Zelt, und alle hörten Dieter Horn zu: »… als
Kind lange Zeit einen ganz schlimmen Husten. Wer oder was damals meine Mutter
auf Eselsmilch als Arznei gebracht hat, weiß ich nicht. Jedenfalls bekam ich
sie ein paar Tage lang zu trinken, und auf einmal war der Husten weg.«
    »Da
muss sich deine Mutter aber schwer ins Zeug gelegt haben«, sagte Gisela.
»Eselsmilch scheint mir nämlich schwieriger aufzutreiben zu sein als
Krokodilleder.«
    »Und
was ist so Besonderes an dieser Eselsmilch?«, fragte Wiebke an Dieter gewandt.
    Der
hob Unkenntnis signalisierend die Schultern.
    Da
meldete sich Elke zu Wort. »Eselsmilch, heißt es, ist der menschlichen
Muttermilch sehr ähnlich. Die Muttermilch stärkt bekanntlich unser Immunsystem
und beugt gleichzeitig Allergien vor.«
    Hassan
nickte bestätigend. »Für Säuglinge ist Eselsmilch die beste Alternative zu
Muttermilch. Aber im Großen und Ganzen muss sie den Mulis vorbehalten bleiben,
damit die sich zu starken und ausdauernden Tieren entwickeln können.« Er
wickelte seine Chèche neu, sodass nichts mehr herunterhing, krempelte die Ärmel
seines langen Übergewandes auf, nahm vom Koch die Terrine mit der Gemüsesuppe
in Empfang und füllte den ersten Teller.

15
    Das
Abendessen verlief überraschend still. Die Reisegefährten schienen in Gedanken
allerlei Eindrücke und Informationen aufzugreifen, zu sortieren, neu
zusammenzufügen.
    Sogar
Hubert kaute stumm, wie gewohnt in seiner inzwischen perfektionierten
Liegeposition, und verzichtete auf seine üblichen Witzchen. Nur Gisela und
Bernd wechselten hin und wieder ein paar gedämpfte Worte. Elke vergaß zu
quengeln.
    Fanni
war dankbar für die Schweigsamkeit um sie herum.
    Sind
Melanie und der Käppimann …
    Heinz
Burger!
    Sind
Melanie und Heinz Burger wirklich so harmlos, wie sie vorgeben?, fragte sie
sich zum wiederholten Mal. Wollte uns Burger mit seiner Geschichte nur in
Sicherheit wiegen?
    Warum
hätte er sich diese Mühe denn machen sollen? Er und Melanie hatten euch ja
vorhin schon sozusagen im Sack!
    Einmal
mehr musste Fanni ihrer Gedankenstimme recht geben. Doch es blieben Zweifel.
Und sie merkte Sprudel an, dass es ihm ähnlich erging.
    Kaum
hatten die zimtbestreuten Orangenscheiben die Runde gemacht, erhoben sich die
Brügges, wünschten allen eine gute Nacht und verließen das Speisezelt. Die
Horns folgten ihrem Beispiel, dann die Seegers und kurz darauf Bernd und
Gisela.
    Olga
legte Fanni die Hand auf den Arm. »Fühlst du dich besser? Ist euer
Nachtquartier in der Hütte passabel?«
    Fanni
lächelte ihr zu und nickte. Dann fragte sie: »Magst du nicht auch lieber unter
einem festen Dach übernachten? In unserem Zimmer sind noch Schlafplätze frei.«
    Olga
schüttelte den Kopf. »Die Mulis bleiben doch jetzt angepflockt.« Plötzlich warf
sie Fanni einen forschenden Blick zu. »Ich könnte euch aber Gesellschaft
leisten.«
    Fanni
lehnte ab. Wie hatte sie nur fragen können? Wollte sie auch noch Olga in Gefahr
bringen?
    In
Begleitung von Melanie gingen Fanni und Sprudel wieder zur Neltner-Hütte
hinauf, stiegen die Treppe hoch und betraten den Schlafraum. Auf Burgers
Matratze lagen ein ausgebreiteter Schlafsack,

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