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Eselsmilch

Eselsmilch

Titel: Eselsmilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Mehler
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wanderte ihr Blick hinauf zu den schwarzen Wolken im Westen, die einen drohend
wirkenden gelblichen Schimmer ausstrahlten, und kehrte daraufhin entschlossen
zu Hubert zurück. »Wir steigen ab – sofort.«
    Sie
setzte sich in Marsch.
    Die
Gruppe folgte ihr talwärts, dicht an dicht hintereinander wie die Glieder einer
Kette.
    Im
unteren Kar vor einem stark verblockten Gelände überholte Hassan die ganze
Reihe und setzte sich wieder an die Spitze.
    Elke
ließ sich ans Ende zurückfallen.
    Auf
einmal fing es heftig an zu schneien. Einen Augenblick später war der Boden
schmierig und glatt. Schuhsohlen rutschten weg, Teleskopstöcke boten nur noch
trügerischen Halt.
    Die
Gruppe begann, sich weit und weiter auseinanderzuziehen, denn Hassan behielt
trotz der sich ständig verschlechternden Wegbeschaffenheit das forsche Tempo
bei.
    Fanni
ebenso. Sie klebte dicht am Guide. Hinter sich spürte sie Sprudel. Hörte ihn ab
und zu keuchen.
    Es
fällt ihm gar nicht so leicht, mitzuhalten!
    Das
schafft er schon.
    Hin
und wieder schaute sich Fanni um. Sprudel war da, sonst aber niemand mehr.
Irgendwo weit oben eierte Elke herum, und in den Serpentinen dazwischen geschah
es offenbar häufig, dass dieser oder jener auf dem Hintern landete.
    Kurz
vor dem Zeltcamp ging der Schnee in Nieselregen über.
    Hassan
hatte vor dem Speisezelt Posten bezogen und scheuchte alle Ankommenden hinein.
»Jetzt gibt es Tee und heiße Suppe.«
    »Es
ist noch recht früh am Tag«, sagte Elke, als die Blechnäpfe leer gelöffelt
waren. »Eigentlich hätten wir genug Zeit, das Camp abzubauen und hinunter ins
Tal nach Aroumd zu gehen. Dort könnten wir wieder in der Gîte übernachten, wo
wir es bequemer, trockener und wärmer hätten als in den Zelten.«
    Begeistert
stimmte Fanni dem Vorschlag zu. In der Gîte würde wieder eines der winzigen
Zimmer Sprudel und ihr ganz allein gehören. Ein eigenes Stübchen, mit einem
Schloss an der Tür und einem Schlüssel dazu. Und ein Stück weiter talauswärts
würde das Kasbah Hotel auf sie warten, von wo aus eine Skype-Verbindung zu Leni
möglich war.
    Fanni
merkte, dass auch die meisten der anderen beifällig nickten, und wollte Sprudel
soeben einen frohgemuten Blick zuwerfen, als sie sah, dass ihre Reiseleiterin
abwehrend die Hände gehoben hatte. »Eine Änderung des Programmablaufs ist
allerdings nur dann möglich, wenn die Gruppe einstimmig dafür ist.«
    »Klar
sind wir dafür«, rief Hubert. »Sollen wir uns etwa über Nacht hier einschnei…?«
    Otto
Brügge, dessen großer Zeh wieder einmal auf kürzestem Weg in den Brotkorb
gewandert war, unterbrach ihn. »Was für ein Unsinn, bei Regen und Nässe die
Zelte abbauen zu wollen. Ich plädiere entschieden dafür, bis morgen früh zu
warten – bis die Sonne wieder scheint.«
    »Das
bedeutet, der Vorschlag wird abgelehnt«, erwiderte Elke frostig. »Wir werden
also wie ursprünglich vorgesehen erst morgen früh ins Tal absteigen. In der
Neltner-Hütte sind aber nach wie vor Plätze frei. Wer die kommende Nacht lieber
dort verbringen will, kann das natürlich auf eigene Kosten tun.«
    Hubert
schnaubte. »Verflixt noch mal, wer sagt denn, dass morgen die Sonne …«
    Fanni
konnte den Rest nicht mehr hören, weil sich Olga, die neben ihr hockte, zu ihr
herübergebeugt hatte und in ihr Ohr flüsterte: »So unausstehliche Besserwisser
wie der Otto sind in einer Reisegruppe ebenso fehl am Platz wie Raucherecken in
einer Kita.«
    Fanni
presste die Hand auf den Mund, damit niemand ihr irres Kichern mitbekam.
    Pass
auf, dass du nicht überschnappst! Obwohl es ja begreiflich wäre, wenn sich in
einer Situation wie der deinen ein paar Schrauben im Hirn lockern würden!
Vielleicht solltest du doch lieber auf Sprudel hören und endlich das tun, wozu
er von Anfang an gedrängt hat!
    Aber
wie würde der Täter reagieren?, dachte Fanni. Was würde er tun, wenn wir uns
von der Gruppe trennen, ins Tal absteigen, ein Sammeltaxi nach Marrakesch
nehmen und nach Hause fliegen würden?
    Er
wird nicht gleich Amok laufen!
    Hat
er nicht schon einmal kopflos gehandelt?, hielt sie dagegen. Handelt er nicht
überhaupt sehr impulsiv?
    Deutlich
missgestimmt verbrachte der größte Teil der Gruppe den Nachmittag in der beheizten
Gaststube der Neltner-Hütte.
    Melanie
wirkte brummiger denn je.
    Könnte
das daran liegen, dass der Käppimann verschwunden ist?
    Burger
war am gestrigen Abend wenige Minuten nach den neuen Schlafgenossen, die
offenbar zu der spanischen Gruppe gehörten, ins

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