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Eskandar: Roman (German Edition)

Eskandar: Roman (German Edition)

Titel: Eskandar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siba Shakib
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viele Umwege nehmen, um an den, wie er findet, gefährlichen Demonstrationen und Straßenschlachten vorbei zum Anwesen des Premiers zu gelangen.
    Dort hat er nicht einmal Zeit, seine Sachen abzulegen und sich den Staub der Reise abzuklopfen, geschweige denn zu erzählen, was er alles gesehen und erlebt hat.
    Kommen Sie, ruft der Student, sobald er das Büro betritt, und zerrt ihn wieder auf den Flur hinaus. Der verehrte Premier hat Besuch vom Botschafter der Amrikai, und er möchte eine Fotografie mit ihm.
    Eskandar-Agha wundert sich, als er in den privaten Teil des Hauses geführt wird, und er wundert sich noch mehr, als er schließlich vor dem Premier und seinem Amrikai-Gast steht. Denn der Premier liegt im Bett und ist krank, und der Botschafter der Amrikai sitzt neben ihm.
    Eskandar-Agha verknipst seine letzten zwei Bilder, der Premier und der Amrikai-Botschafter schütteln ihm die Hand, und dann wird er wieder hinausbegleitet.
    Schnell, schnell, sagt der Student, wir müssen zum Fotoladen, die Bilder müssen noch heute Abend fertig sein.
    Das sind wunderbare Aufnahmen, sagt der Student, als er die Abzüge in den Händen hält.
    Eskandar-Agha dagegen betrachtet die Fotografie und sagt mit besorgter Miene, hoffentlich ist das kein Omen.
    Hoffentlich was?, fragt der Student, wartet aber die Antwort von Eskandar-Agha nicht ab und beeilt sich, die Bilder zum Haus des Premiers zurückzubringen.
    Machen Sie bitte noch einen Abzug für mich selber, sagt Eskandar-Agha und notiert darunter: Der Iran ist krank, und die Farangi sitzen mit leeren Händen und einem freundlichen Lächeln neben unserem Krankenbett.
    Abends hockt Eskandar-Agha allein in seinem Zimmer, hat das Radio aufgedreht und versucht, sich aus den Nachrichten und Berichten einen Reim zu machen. Radio Teheran überträgt statt Voice of America Nachrichten von TASS, der sowjetischen Nachrichtenagentur, und sendet Originalaufnahmen der Demonstrationen, die, wie der Sprecher erklärt, in der Tradition der Tabakrevolte und der Revolution von 1906 für eine demokratische Verfassung stehen.
    Ich bin dabei gewesen, flüstert Eskandar-Agha vor sich hin.
    Seit ihrem Bestehen, verkündet der Radiosprecher, ist diese Verfassung jedoch nie wirklich und vollständig in Kraft getreten.
    Der König kämpft gegen seine eigene Regierung. Seine Armee und Anhänger kämpfen gegen die Garde des Premiers und das Volk, sagt der Nachrichtensprecher. Tausende Männer und sogar Frauen belagern die Straßen. Die einen reißen die Statuen des Königs vom Sockel und verbrennen seine Bilder, die anderen vernichten die Bilder von Mossadegh. Berittene Soldaten jagen Menschen, schlagen und verprügeln sie, verhaften und erschießen sie.
    Zwei Tage hält Eskandar-Agha es in seinem Zimmer aus, dann packt er seine Kamera und geht wieder auf die Straße, wo ihm die Parolen der Massen durch Mark und Bein gehen.
    Eskandar-Agha verknipst eine Rolle nach der anderen, und er schreibt so viel, dass er sich einen neuen Block kaufen muss.
    Mossadegh, unser verehrter Premier, wird gefeiert wie ein Held, schreibt Eskandar-Agha abends, als er neben dem kleinen Wasserbecken sitzt und die Goldfische darin beobachtet. Dabei haben die meisten meiner Landsleute keine Ahnung, was Nationalisierung bedeutet und welche Folgen sie für den Iran haben wird.
    Als Eskandar-Agha seine Fotografien dem Nachbarjungen Hossein zeigt, läuft es dem kalt über den Rücken.
    Agha, ich bin selber auf den Straßen und sehe und erlebe es, aber erst auf Ihren Bildern sehe ich, welche Wut und Kraft in diesem scheinbar so schwachen Volk steckt, sagt der Junge und merkt, dass Eskandar-Agha die Art, wie er spricht, und das, was er sagt, klug findet.
    Aftab-Khanum wäre stolz auf dich, sagt Eskandar-Agha.
    Menschen verändern sich, schreibt er. Menschen entwickeln sich. Auch unser Nachbarjunge Hossein ist ein richtig kluger junger Mann geworden.
    Meine Landsleute kämpfen mit leeren Händen, schreibt Eskandar-Agha.
    Die meisten Männer auf meinen Fotografien tragen weiße Hemden – auch die Toten.

Noch einmal Mahrokh-Khanum und Roxana
     
    Möge der Herrgott geben, dass der Tod Ihrer verehrten Frau Ihr letztes Leid gewesen ist, sagt Mahrokh-Khanum im gleichen Tonfall, wie sie ihrer Dienerschaft Anweisung gibt, das Feuer im Samawor anzufachen.
    Möge der Allmächtige Ihnen ein langes Leben schenken, erwidert Eskandar-Agha,verunsichert durch den unerwarteten Besuch von Mahrokh-Khanum und Roxana in seinem ärmlichen Leben.
    Bitte

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