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Eskandar: Roman (German Edition)

Eskandar: Roman (German Edition)

Titel: Eskandar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siba Shakib
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deiner Mutter gehst und ihr ein wenig Gesellschaft leistest, antwortet Eskandar-Agha.
    Das ist gemein, beschwert Nimtadj sich. Sie wissen, dass alles Reden nichts nützt. Seit Jahren hockt sie zusammen mit dem Herrn-Studenten tagein, tagaus hinter zugezogenen Vorhängen in ihrem Zimmer und hört Radio.
    Tu es, sagt Eskandar-Agha freundlich. Liebe kann Berge versetzen.
    Mit Tränen in den Augen sieht Nimtadj Eskandar-Agha traurig an.
    Du wirst sehen, sagt er. Eines Tages wird sie dich anblicken, und du wirst das Gefühl haben, sie sieht nicht mehr durch dich hindurch, sondern ist bei dir.
    Die Menschen leben ein ganz normales Leben, redet Nimtadj auf ihre Mutter ein, setzt sich zu ihr auf den Boden und starrt sie an. Und sie tut etwas, das sie in all den Jahren nicht getan hat, sie fängt mit einem Mal an zu schreien. Du wagst dich nicht einmal bis zum Tor, geschweige denn auf die Straße. Du weißt überhaupt nicht mehr, wie es da draußen aussieht.
    Genauso unerwartet, wie sie angefangen hat, ihre Mutter anzuschreien, schweigt Nimtadj auch wieder und sieht in ihren Schoß, um ihre Mutter nicht ansehen zu müssen.
    Sie sitzen schweigend nebeneinander auf dem Boden, bis Roxana ganz langsam ihre Hand hebt und behutsam die Hand ihrer Tochter berührt. Sprich weiter, sagt sie leise.
    Während ihre Tränen auf ihre Hände in ihrem Schoß fallen, spricht Nimtadj, als würde sie ein Märchen erzählen. Wir haben so viele Stra ßen, sagt sie, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Breite, lange Stra ßen mit Bäumen auf jeder Seite. Die Häuser werden größer und höher, manche haben vier Stockwerke. Und du solltest die Automobile sehen, es gibt mehr und mehr davon, und deswegen gibt es leider immer weniger Pferdedroschken. Eskandar-Agha sagt, das ist schade, denn Pferde sind treue Tiere. Und die Frauen solltest du sehen, sagt Nimtadj. Sie tragen bunte Röcke und Kleider, die so kurz sind, dass man beinah ihre Knie sehen kann. Sieh her, sagt Nimtadj, springt auf und dreht sich im Kreis, dass ihr weiter Rock sich wie ein Schirm aufspannt.
    Als Nimtadj stehen bleibt, die Arme ausbreitet und versucht das Drehen in ihrem Kopf anzuhalten, hat sie für einen winzigen Moment das Gefühl, ihre Mutter lächelt.
    Eine Weile steht Nimtadj einfach nur da und sieht ihre Mutter an, dann beugt sie sich zu ihr hinunter und küsst sie auf die Wange. Bevor sie hinausgeht, sagt sie, Eskandar-Agha wird heute mit uns ins Kino gehen.
     
    Der Student hört Eskandar-Agha nicht einmal richtig zu, sieht nur kurz auf und schiebt seine Brille zurecht, nur um sich gleich wieder in seine Zeitung zu vertiefen.
    Also gut. Eskandar-Agha räuspert sich. Ich bin nur ein einfacher Diener und Gärtner, und nur weil ich älter bin als Sie, erlaube ich mir, offen mit Ihnen zu sprechen.
    Dieses Mal sieht der Student nicht nur auf, sondern nimmt sogar seine Brille ab.
    Wissen Sie überhaupt noch, seit wie vielen Jahren Sie dieses Haus und Grundstück nicht mehr verlassen haben?, fragt Eskandar-Agha. Machen Sie sich nicht die Mühe, die Jahre zu zählen, sagt er. Ich habe es für Sie getan. Es sind sieben. Sieben lange Jahre. Im Grunde kann es mir gleichgültig sein, aber für die verehrte Roxana-Khanum und auch für ihre Kinder trage ich eine gewisse Verantwortung. Schließlich bin ich ihr Bruder, ihr Vater, ihre Mutter gewesen, sagt Eskandar-Agha und genießt es, seine wichtige Rolle in dem Leben der Frau, in deren Haus er seit Jahren lebt, hervorzuheben. Und Sie wissen genau, sagt Eskandar-Agha, solange Sie sich unter Hausarrest stellen, wird auch die verehrte Roxana-Khanum das Haus nicht verlassen.
    Nur ganz allmählich verändert sich der Blick des Studenten, und Eskandar-Agha hat das Gefühl, endlich nicht mehr ins Leere zu sprechen.
    Sie haben nicht nur sich selber krank gemacht, redet Eskandar-Agha weiter auf ihn ein, sondern auch die verehrte Khanum. Vergeben Sie mir meine Ungehörigkeit, aber Sie behaupten doch, die verehrte Khanum zu lieben, sagt Eskandar-Agha und bemerkt ein kleines Flackern in den Augen des Studenten. Und was ist mit den Kindern? Nimtadj und Alexander sind gerade mal siebzehn und neunzehn Jahre alt und haben ihr gesamtes Leben noch vor sich. Die Erwachsenen dieses Hauses sollten ihnen Hoffnung für die Zukunft geben und ihnen ein gutes Vorbild sein. Nach einer effektvoll gesetzten Pause fragt Eskandar-Agha, haben Sie sich in letzter Zeit mal im Spiegel gesehen? Ich meine, so richtig angesehen?
    Während sein Blick langsam klarer

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