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Eskandar: Roman (German Edition)

Eskandar: Roman (German Edition)

Titel: Eskandar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siba Shakib
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gedruckten Scheine, die die Amrikai ausgegeben haben, damit die Männer gegen Mossadegh auf die Straße und zum Schluss bis hierhin vor sein Haus kommen, um gegen den Premier zu demonstrieren.
    Mit zitternden Fingern zieht Eskandar-Agha einen Schein heraus, den er selber zugesteckt bekommen hat, und starrt ihn an, als würde er von ihm eine Antwort erwarten. Dann fällt sein Blick auf einen Toten, der einen Stift in seiner Hand hält. Vorsichtig zieht Eskandar-Agha ihm den Stift aus der Hand und schreibt auf den Geldschein: 28. Mordad, es ist ein schwarzer und blutiger Freitag für meine Heimat. Hunderte und Tausende mussten mit ihrem Leben bezahlen, weil die Farangi den König auf seinen Thron zurückgeputscht haben.

Es ist aus und es geht weiter
     
    Mossadegh ergibt sich freiwillig und wird vor ein Gericht gestellt, das er nicht anerkennt, weil es ein Militärgericht ist.
    Der gestürzte Premier ist einer der fähigsten Juristen des Landes, will keinen Anwalt und verteidigt sich selbst. Er schreit, weint, springt auf, fuchtelt mit den Armen, bricht zusammen, verliert das Bewusstsein. Er hält flammende Reden für die Freiheit und Unabhängigkeit, für die Einhaltung der Verfassung. Wieder und wieder fordert er das Ende der Einmischung ausländischer Regierungen und ihrer Geheimdienste in die Angelegenheiten des Iran.
    Wie erwartet wird er für schuldig befunden, kommt für drei Jahre ins Gefängnis, anschließend wird er in seinem Geburtsort unter Hausarrest gestellt.
    Hunderte Mitglieder und Anhänger seiner Partei, der Nationalen Front und der Tudeh, Abgeordnete und Angehörige des Kabinetts, darunter der bisherige Außenminister Hossein Fatemi, hunderte Mossadegh-treue Offiziere verschwinden, werden verhaftet; Armeeangehörige und Polizisten werden hingerichtet; genauso ergeht es Freunden und Weggefährten von Mossadegh.
    Roxana und ihr Geliebter, der Student, sind nur mit großem Glück davongekommen, als die Residenz des Premiers Mossadegh angegriffen wurde. Doch wie vielen anderen sind ihnen Angst und Schrecken so tief in die Knochen gefahren, dass sie ihr Haus nicht mehr verlassen.
    Sobald jemand ans Tor kommt, sogar wenn der Wind eine Tür zuschlägt, fährt Roxana zusammen, verkriecht sich in ihr Zimmer, wo die Vorhänge zugezogen sind, und kommt erst nach Stunden wieder heraus.
    Eskandar-Agha geht ihr nach, setzt sich zu ihr in die Ecke des Zimmers, wo sie zusammengekauert hockt, und tätschelt liebevoll den Kopf seiner Roxana, als wäre sie noch ein kleines Mädchen. Machen Sie sich keine Sorgen, beruhigt er sie. Solange ich hier bin, wird Ihnen nichts zustoßen. Ich werde mich um alles kümmern.
    Zum zweiten Mal sind Sie mein Lebensretter, sagt Roxana und versucht zu lächeln. Haben Sie die Toten gesehen?, fragt sie und lässt ihren Tränen freien Lauf. Und der Schah tut, als wäre nichts geschehen. Die Zeitungen, das Fernsehen, das Radio werden gezwungen, diese schmutzigen Geschäfte und Verbrechen totzuschweigen.
    Eines Tages wird alles ans Licht kommen, sagt Eskandar-Agha. Schließlich haben Iraner sich für diesen Staatsstreich kaufen lassen. Früher oder später wird ihr Gewissen sie belasten, sie werden ihr Schweigen brechen, und sie werden reden. Sie werden sehen, sagt Eskandar-Agha, nicht nur die beteiligten Iraner, auch die Amrikai und Engelissi werden eines Tages reden und ihren Herzen Luft machen wollen und müssen. Wahrheit ist mächtig, sie lässt sich nicht so leicht kleinkriegen und verschweigen, sagt Eskandar-Agha und kann selber nicht glauben, was er sagt.
    Ich wünschte, ich hätte auch nur einen Hauch Ihrer Zuversicht, sagt Roxana.
     
    Was bleibt mir?, notiert Eskandar-Agha am Abend, als er mit seiner Laterne und seinem Block auf dem Lehmplatz vor seinem Gärtnerhäuschen sitzt. Einer muss die Nerven behalten und sich um die Kinder, das Haus und den Garten kümmern. Meiner Aftab-Khanum, Gott hab sie selig, hätte es gefallen, schreibt er und sieht über sich in den sternenklaren Himmel.
    Roxana hat recht, notiert Eskandar-Agha. Seit der König aus seinem Exil zurückgekehrt und wieder an der Macht ist, führt er das Land mit eiserner Hand. Wer es wagt, auch nur ein Wort gegen ihn zu sagen oder zu schreiben, wird verhaftet, eingesperrt, gefoltert, ermordet. Eskandar-Agha sieht sich um, als befürchtete er, jemand würde ihn heimlich beobachten, und notiert mit schneller Schrift. Auch über Mossadegh, und erst recht darüber, dass die Amrikai ihn gestürzt haben, ist es verboten zu

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