Eskandar: Roman (German Edition)
applaudiert.
Das ist absurd, sagt Aftab-Khanum. Es ist doch nicht Ihr Verdienst, dass der König von Afghanistan unseren König besucht.
Jetzt ist Eskandar-Agha richtig beleidigt, faltet seine Zettel endgültig zusammen und sagt nichts mehr.
Das nächste Mal, als er im Basar die neuen Gesetze und Verordnungen der Regierung vorliest, ist er abgelenkt, weil er ständig an die Mahnungen seiner Frau denken muss. Unsere verehrten Abgeordneten im hohen Haus des Volkes, dem Parlament, haben getagt, verkündet Eskandar-Agha und verkneift sich zu sagen, die Abgeordneten sind der Stolz und die Ehre unserer Nation.
Was haben die Abgeordneten beschlossen?, fragt der Mann.
Das verehrte Madjless, liest Eskandar-Agha, erteilt der Bank Melli, welches die Nationale Iranische Bank ist -
Wir haben eine Nationale Bank?, rufen ein paar Männer.
Offenbar ist es so, antwortet Eskandar-Agha und hofft, dass er die Wahrheit sagt. Und genau dieser verehrten Bank ist jetzt vom Parlament das Recht zugesprochen worden, unsere eigene iranische Währung zu drucken.
Einer der Männer holt einen Geldschein hervor, dreht und wendet ihn, als sähe er ihn zum ersten Mal. Und woher kommt dieses Geld?, fragt er.
Eskandar-Agha ist erleichtert, die Antwort in der offiziellen Depesche aus der Hauptstadt zu finden. Bisher wurde das iranische Geld von der Royal Bank der Engelissi gedruckt, liest er.
Und dieses Geld hier, ist es dann noch etwas wert?, fragt der Mann und wedelt mit seinem Schein.
Eskandar-Agha sucht auf dem Aushang eine Antwort, findet keine, erfindet eine. Aber gewiss, beruhigt er die Menge. Die Regierung wird eine Übergangszeit festlegen.
Möge Allah geben, dass du recht hast, rufen die Männer.
Ich lese nur, was hier geschrieben steht, lügt Eskandar-Agha.
Lies weiter, rufen die Männer.
Weitere Beschlüsse des verehrten Madjless, liest Eskandar-Agha. Verbot von Sklavenhandel innerhalb der Grenzen Irans. Jeder Sklave, der in den Iran gebracht wird, erhält umgehend seine Freiheit.
Dann bist du frei, schreit einer der Männer, stößt seinem Nebenmann in die Rippen und erntet damit einen Lacher.
Darunter fallen vor allem die Sklaven, die die Engelissi-Besatzer aus ihren Kolonien mitbringen, erklärt Eskandar-Agha.
Und was geschieht mit den Ra’iati, den Leibeigenen, den vielen Menschen in den Dörfern, die das Eigentum einer Handvoll Großgrundbesitzer sind? Sind die auch frei?
Eskandar-Agha liest die Passage über das neue Sklavengesetz, findet nichts, sagt, darüber werden sie uns vielleicht im nächsten Bulletin Auskunft geben.
Lies weiter, fordern die Männer.
Genehmigung, eine Bank für Landwirtschaft zu errichten. Gleichzeitig wird ein neues Gesetz verabschiedet, mit dem die Land- und Besitzverhältnisse im Iran neu geregelt werden, liest Eskandar-Agha und hält inne, denn er weiß nicht, wie er weitermachen soll, ohne einen Teil der Männer gegen sich aufzubringen.
Lies weiter, rufen sie. Schließlich haben wir noch Arbeit zu verrichten.
Ich bin nur der Überbringer der Nachricht, ruft Eskandar-Agha vorsichtshalber. Weder bin ich beteiligt an der Entstehung der Gesetze, noch bin ich zuständig für ihre Durchführung. In der Hoffnung, dass die Leute ihn nicht verstehen, liest er schnell und ohne Punkt und Komma. Die Zuständigkeit aller Fragen, die mit der Regelung von Land- und Besitzverhältnissen zu tun haben, wird in Zukunft im Bereich des neuen Ministeriums für Landwirtschaft liegen.
Er will gleich zum nächsten Punkt übergehen, doch seine Befürchtung wird wahr, und ein Mullah drängelt sich vor und unterbricht ihn.
Was soll das heißen?, fragt er und baut sich vor Eskandar-Agha auf.
Ich bin nur der Überbringer.
Dann überbringe, fordert der Mullah. Was hat dieses Gesetz zu bedeuten? Etwa, dass wir Mullah, Akhund, Geistliche und Olama ein weiteres Mal in unserem Recht beschnitten werden und nicht mehr zuständig sind, diese Dinge zu regeln?
Eskandar-Agha erinnert sich schmerzlich an die Ohrfeige des Mullah in Bandare-eAnsali und bedauert, dass er nicht auf den Rat seiner Aftab-Khanum gehört hat, aber dann kommt ihm eine Idee. Dieses neue Gesetz bedeutet, dass in Zukunft die Geistlichen mit dem Ministerium zusammenarbeiten werden, erklärt Eskandar-Agha und findet, dass dies ohnehin eine gute Lösung wäre.
Der Mullah nickt zufrieden, als hätte er einen Sieg errungen. Wie heißt dieses Büro, von dem du gesprochen hast?
Eskandar-Agha lässt sich Zeit damit, die Stelle zu finden, und liest dann
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