Esper unter uns
Bastard Donleavy hat uns dann entweder alle aus dem Land verbannt oder in seinen Konzentrationslagern eingesperrt.«
»Wir müssen ihn umbringen!« sagte Batchy Royd mit eifrigem Froschgesicht.
Cass’ Miene verdüsterte sich. »Aber das ist nicht so einfach. Batchy ist wie der Rest unserer Aktivisten. Sie können an nichts anderes denken als daran, Donleavy ins Jenseits zu schicken. Danach, bilden sie sich ein, wäre alles eitel Sonnenschein. Aber das wäre es absolut nicht. Töteten wir ihn, würde er zum Märtyrer, und das gäbe den anderen, die in sein Horn stoßen, nur eine Entschuldigung, ihre Tyrannei noch weiter zu treiben.«
»Dann müssen wir eben die ganze Zitadelle mit allen dieser stinkenden Meute in die Luft jagen«, brummte Batchy. »Wir haben den Sprengstoff und die Waffen …«
»Du bist ein Schafskopf!« sagte Cass scharf. »Wir kämen nicht zehn Meter in den Luftraum über der Zitadelle, ehe sie uns abgeschossen hätten.«
»Also sitzen wir bloß herum und tun nichts. Mann, ich hab’ genug von deinem Abwarten und Sehen!«
Cass warf die Hände in einer Geste der Verzweiflung hoch. »Da sehen Sie, mit welchen dummen Nignogs ich mich abgeben muß«, wandte er sich an Victor. »Sie können nur an Töten denken und würden unüberlegt ihren Kopf bei einem Attentat hinhalten, das zu nichts führt.«
»Und du sitzt bloß herum und redest gescheit daher!« höhnte Batchy.
»Nein, Batchy, du siehst es nicht richtig. Es macht mir nichts aus, zu sterben, wenn mein Tod etwas erreicht, aber ich denke nicht daran, mich sinnlos zu opfern. Wenn wir einschreiten, tun wir es richtig, bis ins letzte Detail genau geplant, und mit einer guten Erfolgschance.«
»Denken Sie schon an etwas Bestimmtes?« fragte Victor.
Cass grinste. »Vielleicht.«
»Ohne Donleavy umzubringen? Vielleicht könnte ich Ihnen irgendwie behilflich sein.«
»Möglicherweise nehme ich Sie eines Tages beim Wort, aber Sie müssen Geduld haben wie Batchy. Die Hauptsache ist, daß wir bereit sind, wenn sich die Gelegenheit ergibt.«
»Gelegenheit wofür?«
»Nein, Doc. Ich kann jetzt noch nicht darüber sprechen, also hören Sie auf, so verdammt ernst zu sein, und trinken Sie noch einen Schluck.«
Um ein Uhr früh kam Victor in angenehm angenebeltem Zustand zu Hause an. Es dauerte weniger als eine Minute, bis das Vid klingelte. Hastig drehte er den Schalter.
»Victor, wo, um Himmels willen, warst du?« Das grobgeschnittene Gesicht Peter Morays blickte ihn vom Schirm forschend an. »Seit acht Uhr versuche ich dich zu erreichen Katie hat angerufen. Becky wird es nicht mehr lange machen, und sie verlangt nach dir.«
Victor war sofort nüchtern. »Du willst also hinfahren?«
»Natürlich. Ich wäre schon lange dort, wenn ich nicht die ganze Zeit versucht hätte, dich zu erreichen. Barbara ist längst dort.«
Peter Moray war ungewöhnlich still, während sie nordwärts brausten. Sie hatten sich seit ihrem letzten Besuch in Alsdale nicht mehr gesehen, und Peter hatte kein Hehl daraus gemacht, daß ihm Victors Benehmen damals absolut nicht gefallen hatte. Barbara hatte ein paarmal angerufen, mitfühlend wie immer, und durchblicken lassen, daß Peters Einstellung nicht ganz so streng war, wie es den Anschein hatte. Sie hatte gemeint, es wäre vielleicht das beste, wenn er wieder zur Arbeit käme, aber Victor hatte ihr erklärt, er wäre noch nicht in der Verfassung dazu, und sie hatte die Entschuldigung akzeptiert. Wenn seine Psikräfte nicht zurückkehrten, würde er nie mehr dazu in der Verfassung sein. Ohne sie konnte er sein altes Leben nicht aufnehmen, und er war im Augenblick einfach nicht in der Lage, auch nur zu überlegen, wie er ein neues beginnen könnte.
Im Haus brannte noch Licht, als sie vorfuhren. Katie humpelte ihnen, in ein Regencape gehüllt, über den nassen Kiesweg entgegen. Ihr Gesicht war bleich und angespannt.
»Wir kommen zu spät«, murmelte Victor. Es war keine Frage.
Katie nickte. »Sie starb vor einer halben Stunde. Sie sagte, wir dürften nicht traurig sein, sie wollte es so, aber … O Victor, sie war unser aller Mutter und Lehrerin.« Sie warf sich an seine Brust. Er umarmte sie und spürte das heftige, stumme Schluchzen, das ihren ganzen dünnen Körper erschütterte.
»Wir gehen wohl besser ins Haus«, meinte Peter Moray.
»Ja, natürlich.« Katie löste sich von Victor. »Barbara und Sid sind noch in Beckys Zimmer mit ihr.«
»Victor?« Peter Moray blickte seinen Begleiter fragend an.
»Geh nur
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