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Esper unter uns

Esper unter uns

Titel: Esper unter uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Morgan
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ich es?« fragte Victor kalt. »Ich bin hier, um eine Patientin zu behandeln, die zufällig Ihre Frau ist. Ich werde für sie tun, was in meiner Macht steht. Aber da wir das Thema anschnitten, sollen Sie von vornherein wissen, daß ich Ihre Politik ablehne. Soweit es mich betrifft, sind Sie ein politischer Dinosaurier, der schon längst ausgestorben sein müßte.«
    Zu Victors Überraschung lachte der Mann trocken. »Ich mag Menschen, die ehrlich ihre Meinung sagen.«
    »Sie sind nicht beleidigt?«
    Wieder lachte Donleavy. »Ich bin es gewöhnt, Beleidigungen mit Profis auszutauschen. Warum glauben Sie, daß Sie mich treffen könnten? Ich habe mir die Akten über Sie durchgesehen, also erwartete ich auch nicht, daß Sie mir den Saum meines Gewands küssen würden. Bedauerlich, diese Sache mit Ihrer Immigrantenfreundin. Muß ein schlimmer Schock für Sie gewesen sein.«
    »In einem Land ohne Vorurteile, wie Ihre Regierung sie heranzüchtet, hätte es nicht passieren können.«
    Donleavys Züge verhärteten sich. »Das reicht. Wir wollen uns einigen. Sie schwingen keine politischen Reden, und ich schimpfe Sie keinen Niggerfreund und erinnere Sie auch nicht daran, daß ich Sie aufgrund des Sondergesetzes jederzeit ins Gefängnis werfen kann.«
    Victor unterdrückte seine wütende Reaktion auf diese Drohung. Die Ausstrahlung, die er von Donleavys oberster Ebene aufnahm, machte ihm klar, daß man diesen Mann nur so weit und nicht weiter reizen durfte. Überschritt man diese Grenze, war er durchaus fähig, jeden zur Strecke zu bringen, selbst einen Arzt, der offenbar Hoffnung für seine Frau bot, an der er hing.
    Donleavy nickte. »So ist es schon besser. Ich nehme an, Sie haben Ihre Untersuchung beendet. Können Sie Ella helfen? Sagen Sie es mir ohne Umschweife. Ich habe mir soviel hoffnungsversprechenden Unsinn über ›natürliche Heilprozesse‹ anhören müssen und wurde von Brandy immer wieder vertröstet, daß ich eben Geduld haben müßte, da ist mir selbst die verdammendste Wahrheit jetzt lieber.«
    »Soviel ich aufgrund meiner vorläufigen Untersuchung feststellen konnte, glaube ich, daß ich ihr helfen kann«, erwiderte Victor. »Mehr weiß ich selbst erst, wenn ich sie etwa zwei Wochen behandelt habe.«
    Donleavy runzelte die Stirn. »Wie lange werden Sie für diese Therapie brauchen?«
    »Sie sagten gerade, Sie wollen die Wahrheit hören, und jetzt verlangen Sie ein blindes Versprechen. Im Augenblick kann ich Ihnen nur sagen, daß es ein langer und schwieriger Prozeß werden wird. Selbst wenn ich es wollte, könnte ich Ihnen nicht erklären, was in einem solchen Fall alles zusammentrifft, weil es keine Worte dafür gibt. Jedenfalls werde ich Ihre Frau täglich drei oder vier Stunden behandeln. Mehr Zeit lassen meine anderen Verpflichtungen nicht zu.«
    »Vergessen Sie alles andere«, befahl Donleavy. »Ich will, daß Sie sich nur um Ella kümmern. Es ist mir völlig egal, was es kostet. Ich werde dafür sorgen, daß man Ihnen ein Luxusapartment im Krankenhaus zur Verfügung stellt.«
    »Nein!«
    »Was, zum Teufel, heißt nein?«
    »Ganz einfach, daß Ihre Frau die beste Behandlung bekommt, die ich ihr geben kann – aber nicht auf Kosten meiner anderen Patienten!«
    »Moray kann sie übernehmen.«
    »Nein. Er ist bereits überlastet. Und meine Krankheit verbesserte die Situation nicht. Ich werde Ihre Frau unter meinen Bedingungen und auf meine Weise behandeln – oder überhaupt nicht.«
    »Sturer Bastard!« Aus Donleavys Stimme klang widerwillige Bewunderung. »Sie meinen es ernst, nicht wahr? Also gut, tun Sie was und wie Sie es für gut halten, aber tun Sie es richtig, oder, bei Gott, ich mache Sie fertig!«
     
    Ella trieb verträumt auf einer ruhigen See. Sie hatte keine Schmerzen. Schmerzen waren in jenem Teil des Gehirns zu Hause, aus dem sie sich zurückgezogen hatte und in das sie auch nicht wiederkehren wollte. Sie war es zufrieden, völlig still zu liegen und die Erinnerungen an sich vorüberziehen zu lassen, die wahllos von einer Episode ihres Lebens zur anderen überwechselten. In einem Augenblick war sie ein Säugling, der das Gesicht, zu dem er hochblickte, nur vage wahrnahm und der Stimme der Mutter lauschte. Im nächsten stand sie an dem Tag, da sie in die Zitadelle einzogen, stolz und glücklich an Georges Seite, als die siebenundvierzigjährige Gattin des Premierministers von Großbritannien. Und dann, so schnell, wie man eine Seite umblätterte, war sie zwölf und schaute in das

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