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Esper unter uns

Esper unter uns

Titel: Esper unter uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Morgan
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aber bei Coleman fühlte er sich so unsicher …
    »Ich nehme an, daß Sie mich mit etwas erpressen wollen«, sagte er, und aus seiner Stimme sprach unmißverständliche Drohung. »Womit spielt keine Rolle. Glauben Sie nicht, daß man das bei uns nicht öfter versucht? Am besten, Sie gehen direkt zum Commissioner und erzählen ihm Ihre Skandalgeschichte, was immer sie auch ist. Ja, ich will, daß Sie das tun. Sir Henry ist ein rauher, alter Knabe und weiß, wie man selbst einen ›angesehenen‹ Anglo wie Sie fertigmacht!«
    Victors Blick wich nicht von Mackens Gesicht. »Ich habe nicht die Absicht, das zu tun, aber lassen Sie mich Ihnen eine Geschichte erzählen über einen Burschen, der unter den Glasgower Banden aufwuchs, wo man keine Skrupel haben durfte, wenn man überleben wollte. Mit einem solchen Background gab es für ihn nur zwei Möglichkeiten – entweder Verbrecher oder Polizist zu werden. Jedenfalls wurde dieser Bursche Polizist, uniformierter erst, dann Kriminalbeamter. Seine wachsende Macht betrachtete er als etwas, das er sich redlich verdient hatte, und es machte ihm Spaß, sie skrupellos zu benutzen. Über alles verachtete er, was er für Schwäche hielt, und wenn einer von denen, die er verhörte, der normalen Reaktion, aufzugeben, nachgab, spornte es ihn erst recht zu pathologischer Gewalttätigkeit an, die er nicht einmal zu unterdrücken versuchte. Einmal ging er sogar so weit und tötete einen Häftling, aber es war schließlich nur ein Verbrecher weniger, der lediglich die Zeit des Gerichts und das Geld der Steuerzahler gekostet hätte, und die Polizei deckt ja schließlich ihre Angehörigen.«
    »Das können Sie nie beweisen!« Macken war aufgesprungen. Er zitterte vor Wut am ganzen Körper. Wie war dieser glatte Bastard an dieses Wissen gekommen? Natürlich hatte er sich, schon aufgrund seines Aufstiegs, auch unter den Kollegen Feinde geschaffen, aber er konnte sich nicht vorstellen, daß einer davon mit einem Außenstehenden darüber gesprochen hatte …
    »Das brauche ich auch nicht«, sagte Coleman selbstsicher. »Setzen Sie sich wieder, und hören Sir mir zu. Ich bin noch lange nicht fertig.«
    Eine solche Autorität sprach aus der Stimme, daß Macken automatisch gehorchte. Er fummelte in seiner Tasche und zündete sich eine neue Zigarette an.
    »Der Bulle nahm sich eine Frau«, fuhr Coleman fort. »Eine hübsche Londonerin mit blondem Haar und lachenden Augen, die sich irgendwie von diesem groben Burschen angezogen fühlte. Sie muß wohl anfangs angenommen haben, daß unter seinem strengen, guten Aussehen ein wenig Zärtlichkeit verborgen liegt. Aber sie konnte bestimmt nicht lange gebraucht haben, um zu erkennen, wie sehr sie sich getäuscht hatte – daß die psychopathische Bösartigkeit nämlich sein ganzes Wesen beherrschte. Er war unfähig, ihre Liebesbeweise als etwas anderes als Zeichen ihrer Schwäche zu interpretieren, und seine Reaktion auf Schwäche war automatisch und pathologisch. Er mißhandelte sie seelisch und körperlich mit der gleichen Skrupellosigkeit wie seine Häftlinge. Er unterjochte sie und brach ihren Geist, denn das war die einzige Art von Verhältnis, das er mit einem anderen Menschen aufrechtzuerhalten vermochte.
    Auf seine Weise war er recht zufrieden mit dieser sadomasochistischen Hölle, die er für sie beide erschaffen hatte. Es würde zu weit führen, aufzuzählen, welche bestialischen Grausamkeiten seine sexuelle Gier dem Mädchen aufzwang, außer, daß sie von der gleichen entwürdigenden, unterjochenden Art wie sein übriges Verhältnis zu ihr waren. Trotzdem gelang es ihm nicht, sie völlig zu brechen. Ein halbes Dutzend Mal versuchte sie ihn zu verlassen, aber er nutzte seine Möglichkeiten als Polizist, um sie wiederzufinden und zurückzuholen. Das letzte Mal war vor fünf Jahren. Danach schien sie jegliche Hoffnung, doch noch freizukommen, aufgegeben und sich damit abgefunden zu haben, den Rest ihres traurigen Lebens als Gefangene in ihrer Wohnung zubringen zu müssen. Sie hatten natürlich keine Kinder – diesen kleinen Sieg wenigstens gelang es ihr davonzutragen, indem sie ihre drei Schwangerschaften unterbrechen ließ. Ein Sieg und ein Glück für die Kinder, für die es ohne Zweifel besser war, ungeboren zu bleiben, als ein Leben unter einem solchen Vater erleiden zu müssen.
    Und dann geschah das Unfaßbare. Diese gebrochene, vorzeitig gealterte Frau lernte einen anderen Mann kennen, und die beiden verliebten sich ineinander. Es war Liebe

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