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Esquivel, Laura - Bittersuesse Schokolade

Esquivel, Laura - Bittersuesse Schokolade

Titel: Esquivel, Laura - Bittersuesse Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Esquivel
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Erlaubnis ihrer Mutter. Er wußte auch, daß Tita diese absurde Bestimmung inzwischen reichlich wenig interessierte und sie heiraten konnten, sobald Tita achtzehn würde. So erklärte er die Visite einfach für beendet, freilich nicht ohne Mama Elena zu bitten, sie möge sich doch beruhigen, und ihr zu versprechen, so bald wie möglich werde er ihr eine neue Köchin schicken. Und so geschah es einige Zeit später auch, doch Mama Elena sollte sich nicht einmal die Mühe machen, diese willkommenzuheißen. Sie war mit den Gedanken ganz woanders; die Bemerkung des Doktors bezüglich seiner Absicht, um Titas Hand anzuhalten, hatte ihr endlich die Augen geöffnet.
    Ohne Zweifel bestand zwischen beiden ein Liebesverhältnis.
    Schon seit langem hegte sie den Verdacht, Tita wünsche sie aus der Welt zu schaffen, um so nach Lust und Laune zu heiraten, nicht nur einmal, sondern hundertmal, wenn ihr danach wäre. Dieser Wunsch stand ihrer Meinung nach schon seit jeher zwischen ihr und ihrer Tochter, bei jeder Berührung, jedem Wort, jedem Blick. Mittlerweile hatte sie nicht mehr den geringsten Zweifel, daß Tita danach trachtete, sie allmählich zu vergiften, um Doktor Brown heiraten zu können. Folglich weigerte Mama Elena sich von Stund an hartnäckig, auch nur einen Bissen von dem zu sich zu nehmen, was Tita gekocht hatte. Sie beauftragte lieber Chencha damit, für ihre Mahlzeiten zu sorgen. Nur Chencha und niemand sonst durfte sie Mama Elena dann servieren, und Chencha mußte außerdem in ihrer Gegenwart alles vorkosten, bevor sie selbst sich überwand, davon zu essen.
    Der neue Stand der Dinge war Tita nicht einmal unangenehm, im Gegenteil, Chencha nahm ihr mit der leidigen Aufgabe, ihre Mutter zu pflegen, eine schwere Bürde ab und verschaffte ihr die nötige Muße, um die Stickereien an den Bettüchern für ihre Aussteuer in Angriff zu nehmen. Sie hatte beschlossen, John zu heiraten, sobald es ihrer Mutter besser ginge.
    Chencha hingegen traf diese Regelung schwer. Noch hatte sie sich weder körperlich noch seelisch von dem brutalen Überfall, dessen Opfer sie geworden war, erholt. Und obgleich sie dem ersten Anschein nach von Glück sagen konnte, daß sie keine weitere Verantwortung übernehmen sollte als die, Mama Elena ihre Mahlzeiten zu kochen und sie ihr vorzusetzen, war es doch nicht ganz so einfach. Zunächst hatte Chencha die Nachricht ja noch halbwegs freudig aufgenommen, sobald freilich das Gezeter und die Rügen losgingen, wurde ihr klar, wie sauer sie sich ihr Brot verdienen mußte.
    An einem Tag, als Chencha Doktor Brown aufsuchte, um sich von ihm die Fäden an den durch die Vergewaltigung verursachten Rißwunden ziehen zu lassen, die er hatte vernähen müssen, übernahm Tita ausnahmsweise für sie das Kochen.
    Sie meinten, Mama Elena ohne weiteres täuschen zu können. Nach ihrer Rückkehr brachte Chencha ihr die Mahlzeit und kostete wie gewohnt als erste davon, doch sobald Mama Elena den ersten Bissen im Mund hatte, schmeckte sie sogleich den bitteren Geschmack heraus. Aufgebracht warf sie das Tablett zu Boden und jagte Chencha aus dem Haus, weil sie sich über sie lustig gemacht habe.
    Chencha wollte die Gelegenheit wahrnehmen, für einige Tage in ihr Dorf zurückzukehren und dort auszuruhen. Sie mußte erst einmal die Vergewaltigung und am besten auch Mama Elenas Existenz für eine Weile vergessen. Tita versuchte, sie zu überreden, sie solle Mama Elena nicht ernst nehmen. Doch da war nichts zu machen.
    »Nee, nee, mein Kindchen, was soll ich mir jetzt noch mehr einheizen lassen als ohnehin schon beim Kochen der Pfeffersaucen. Ich will mir nicht weiter die Finger verbrennen. Bitte laß mich gehen, sei nicht undankbar!«
    Tita schloß sie daraufhin in die Arme, um sie zu trösten, wie sie es Abend für Abend seit ihrer Heimkehr getan hatte. Doch sie sah weder eine Möglichkeit, Chencha von ihrer Schwermut zu befreien, noch ihr die fixe Idee auszureden, nach dem brutalen Anschlag der Räuber auf ihre Ehre würde sie niemals mehr einen Mann finden.
    »Du kennst doch die Männer. Allesamt sind sie sich einig: eine Mahlzeit, von der schon einer probiert hat, wo kämen wir denn da hin, nicht ums Verrecken!«
    Als sie Chenchas Verzweiflung erkannte, beschloß Tita, sie ziehen zu lassen. Aus eigener Erfahrung wußte sie, daß es auf der Farm in Mama Elenas Nähe keine Schonung gab. Allein die Entfernung konnte Chencha Linderung verschaffen. Am darauffolgenden Tag schickte sie Chencha in Begleitung von Nicolás

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