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Esquivel, Laura - Bittersuesse Schokolade

Esquivel, Laura - Bittersuesse Schokolade

Titel: Esquivel, Laura - Bittersuesse Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Esquivel
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unverzüglich aus ihrer Reichweite entfernen.
    »Aber warum denn?«
    »Weil es ekelhaft bitter schmeckt, ich kann es nicht ertragen. Nimm es fort! Na wird's bald!«
    Statt jedoch zu gehorchen, drehte sich Tita halb zur Seite, um ihre Enttäuschung vor den Augen der Mutter zu verbergen. Sie konnte Mama Elenas Reaktion einfach nicht verstehen. Noch nie hatte sie ihre Art verstanden. Es ging wahrlich über ihr Fassungsvermögen, daß jemand, und noch dazu ein Familienmitglied, auf eine nett gemeinte Aufmerksamkeit ohne Grund so grausam, ja fast handgreiflich reagieren konnte. Denn sie war sicher, daß die Suppe vorzüglich gelungen war. Sie selbst hatte sie probiert, bevor sie nach oben gekommen war. Anders konnte es auch gar nicht sein bei der Mühe, die sie sich während der Zubereitung gegeben hatte.
    Warum war sie nur so töricht gewesen, auf die Farm zurückzukehren, um ihre Mutter zu pflegen. Wäre sie doch besser bei John geblieben, ohne sich den Kopf darüber zu zerbrechen, was aus Mama Elena würde. Doch ihre Gewissensbisse hätten ihr niemals Ruhe gelassen. Die einzige Möglichkeit, von Mama Elena endgültig loszukommen, wäre ihr Tod, doch der war noch nicht abzusehen.
    Sie verspürte den unwiderstehlichen Drang, weit fortzulaufen, ganz weit fort, um das schwache Feuer, das John mit Mühe und Not in ihr entfacht hatte, nicht durch die frostige Gegenwart ihrer Mutter zu gefährden. Es war, als hätte Mama Elena beim Ausspucken mitten auf ihr kleines Feuer getroffen und es wieder ausgelöscht. Ihr kam es vor, als steige ihr der Rauch des so plötzlich gelöschten Feuers in der Kehle hoch, um sich zu einem dichten Knoten zu winden, bis ihr die Tränen in den Augen standen und die Sicht trübten.
    Gerade in dem Augenblick, als John zu seinem Arztbesuch kam, riß Tita die Tür auf, um fortzulaufen. Mit Wucht prallten sie zusammen. John konnte sie eben noch in seinen Armen auffangen und so verhindern, daß sie stürzte. Seine schützende Umarmung rettete Tita knapp vor dem Erfrieren. Nur einige Sekunden berührten sich ihre Körper, doch diese genügten, um ihre Seele wieder aufzurichten. Tita begann sich zu fragen, ob dieses Gefühl von Frieden und Geborgenheit, das John ihr vermittelte, nicht die wahre Liebe sei, weit eher als das ängstliche Sehnen und das Leid, welches sie an Pedros Seite erfahren hatte. Sie riß sich heftig von John los und lief aus dem Schlafgemach hinaus.
    »Tita, komm sofort zurück! Habe ich dir nicht gesagt, du sollst das hier mitnehmen!«
    »Dona Elena, bitte regen Sie sich nicht auf, das kann Ihnen nur schaden. Ich befreie Sie schon von diesem Tablett, aber sagen Sie, haben Sie denn überhaupt keinen Appetit?«
    Mama Elena bat den Doktor, die Türe zu verriegeln und eröffnete ihm ihre Bedenken wegen des bitteren Beigeschmacks in der Suppe. John erwiderte ihr, es sei vielleicht eine Folge der Medikamente, die sie einnahm.
    »Nein, das ist ausgeschlossen, Doktor, denn wären es die Medikamente, hätte ich diesen Geschmack ununterbrochen im Mund, und das ist nicht so. Irgendetwas tun sie mir ins Essen. Seltsamerweise, seit Tita wieder da ist. Sie müssen dem unbedingt nachgehen!«
    John lächelte nur milde angesichts dieser bösartigen Unterstellungen und kam näher, um von der noch unberührt auf dem Tablett stehenden Ochsenschwanzsuppe, die man seiner Patientin gebracht hatte, zu kosten.
    »Mal sehen, wir werden schon herausfinden, was man Ihnen ins Essen tut. Mmmmm! Was für eine Delikatesse! Da sind grüne Bohnen drin, Kartoffeln und Pfefferschoten und ... ich kann nicht ganz sicher herausschmecken, um welche Sorte Fleisch es sich handelt.«
    »Ich bin nicht zu Späßen aufgelegt. Merken Sie denn nicht den bitteren Beigeschmack?«
    »Nein, Dona Elena, nicht im geringsten. Doch wenn Sie wollen, lasse ich es überprüfen. Ich möchte bloß nicht, daß Sie sich aufregen. Doch bis ich die Ergebnisse erhalte, müssen Sie essen.«
    »Dann schicken Sie mir bitte eine ordentliche Köchin!«
    »Aber was soll denn das heißen? Wo Sie doch die beste hier im Haus haben. Ich hatte gemeint, Ihre Tochter Tita sei eine außergewöhnliche Köchin. In den nächsten Tagen wollte ich Sie übrigens um ihre Hand bitten.«
    »Sie wissen ganz genau, daß sie nicht heiraten kann!« rief sie zornentbrannt aus.
    John bewahrte die Ruhe. Es war nicht ratsam, Mama Elena noch mehr zu reizen. Außerdem hatte er das überhaupt nicht nötig, da er so oder so fest entschlossen war, Tita zu heiraten, mit oder ohne

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