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Esquivel, Laura - Bittersuesse Schokolade

Esquivel, Laura - Bittersuesse Schokolade

Titel: Esquivel, Laura - Bittersuesse Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Esquivel
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war Rosaura gerade dabei, ihr lauthals schreiendes Töchterchen in den Schlaf zu wiegen. Sie trug sie durch das ganze Zimmer, ohne großen Erfolg. Als sie am Fenster vorbeikam, sah sie einen seltsamen Lichtschein aus der dunklen Kammer treten. Ein phosphoreszierender Glanz stieg wie bengalisches Feuer zum Himmel empor. So laut sie jedoch nach Tita und Pedro schrie und Alarm schlug, damit man dort nachschaute, sie erhielt nur Antwort von Chencha, die soeben hereinkam, um eine Garnitur Bettücher zu holen. Als sie das einmalige Phänomen gewahrte, verstummte Chencha zum ersten Mal in ihrem Leben vor Staunen, ja nicht ein einziger Laut kam über ihre Lippen. Sogar Esperanza, die sich auch nicht das geringste Detail entgehen ließ, hörte schlagartig auf zu weinen. Chencha kniete gar nieder, bekreuzigte sich und fing an zu beten.
    »Heilgemuttergottes, die du bist im Himmel, empfange gnädig die Seele meiner Herrin Elena, damit daß sie aufhört, in der finsteren Hölle umherzuirren.«
    »Was murmelst du denn da vor dich hin, Chencha?«
    »Na ja, das muß ..., sehen Sie denn nicht, das ist doch das Gespenst der Verstorbenen. Die Ärmste, irgendwas wird sie wohl sühnen müssen! Auf alle Fälle werd ich mich da um keinen Preis mehr herumtreiben!«
    »Na, und ich erst recht nicht!«
    Hätte die arme Mama Elena gewußt, daß ihre Gegenwart noch nach ihrem Tod Angst und Schrecken verbreitete und daß die Furcht, ihr zu begegnen, ausgerechnet für Tita und Pedro die idealen Voraussetzungen schuf, um ungehörigerweise ihren Lieblingsort zu entweihen, indem sie sich nämlich wollüstig auf Gertrudis' Bett wälzten, wäre sie schnurstracks wieder aus ihrem Grab gestiegen!
     
    FORTSETZUNG FOLGT...
     
    Nächstes Rezept:
    Heiße Schokolade und Dreikönigskranz

 
KAPITEL NEUN
     
    SEPTEMBER:
    Heiße Schokolade und Dreikönigskranz
     
    ZUTATEN:
    2 Pfund Soconusco-Kakao
    2 Pfund Maracaibo-Kakao
    2 Pfund Caracas-Kakao
    4 bis 6 Pfund Zucker nach Geschmack
     
    ZUBEREITUNG:
     
    Als erstes wird der Kakao geröstet. Dazu nimmt man statt des Comal ein Blech, denn das aus den Kakaobohnen tretende Fett würde in die Poren des Comal eindringen. Diese Grundregel muß unbedingt eingehalten werden, da die Qualität der Schokolade wesentlich davon abhängt. Drei Voraussetzungen müssen dabei erfüllt sein: daß nur gesunde und unverdorbene Kakaobohnen verwendet werden, daß eine Mischung verschiedener Kakaosorten als Grundlage benutzt und daß der Kakao vorschriftsmäßig geröstet wird.
    Der exakte Grad beim Rösten ist dann erreicht, wenn das Fett aus den Kakaobohnen austritt. Werden sie zu früh vom Feuer genommen, sehen sie nicht nur farblos und unansehnlich aus, sondern sind auch schlecht verträglich. Läßt man sie hingegen zu lange .auf dem Feuer, brennen die Bohnen an, und das verdirbt die Schokolade durch einen scharfbitteren Beigeschmack.
    Tita entnahm gerade einen halben Löffel der Kakaobutter und vermischte sie mit süßem Mandelöl, um daraus eine hervorragend wirkende Lippenpomade herzustellen. Im Winter wurden ihre Lippen stets spröde und rissen unweigerlich ein, was immer sie auch dagegen unternahm. Als Kind war ihr das äußerst lästig gewesen, denn sobald sie lachte, platzten ihre hübschen vollen Lippen schmerzhaft auf und begannen zu bluten. Mit der Zeit nahm sie diesen Umstand dann resigniert hin. Und da sie momentan bekanntermaßen nicht allzu viele Gründe zum Lachen hatte, beunruhigte sie dieses Problem nicht sonderlich. Sie konnte getrost warten, bis die Stellen zum Frühlingsanfang wieder heilen würden. Der einzige Grund, sich für die Herstellung einer solchen Pomade zu interessieren, war der, daß sich zum Abend einige Gäste angesagt hatten, um den Dreikönigskranz mit ihnen zu brechen.
    Aus purer Eitelkeit und nicht etwa, weil sie vorgehabt hätte, viel zu lachen, wollte sie für diese Gelegenheit weiche, glänzende Lippen haben. Die Vermutung einer Schwangerschaft gab ihr nämlich nicht gerade Veranlassung, ein Lächeln zu zeigen. Nicht einen Augenblick wären ihr, als sie in Pedros Armen gelegen hatte, diese möglichen Folgen in den Sinn gekommen. Vorläufig hatte sie ihm noch nichts gesagt. Erst heute abend wollte sie es tun, doch sie wußte nicht, auf welche Weise sie es ihm beibringen sollte. Wie würde Pedro wohl reagieren? Welche Lösung würde ihm für dieses schwerwiegende Problem einfallen? Sie wagte einfach nicht, daran zu denken.
    Vorerst beschloß sie jedenfalls, sich nicht weiter zu

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