Essen kann jeder
Früchte sind die verbotenen. Die Lieblingsspeise ist immer genau die, die einem vorenthalten wird. Vielleicht kann man das Essen den Kindern subtiler ver miesen. Versuchen Sie es doch mal mit: »Der picklige, dicke Klaus wird doch immer gehänselt, vielleicht liegt das an den Chips, die er die ganze Zeit frisst!« Oder für Schokoladenkekse: »Wäh … das sieht ja aus, als hätte ein Hund draufgekackt!«
Wenn es um Nachtisch geht, benutzen Sie nicht irgendwelche Industrieprodukte als Belohnung, nur damit Ihr kleiner Scheißer sich dazu herablässt, Ihre liebevoll gerollten Kohlrouladen zu essen. Wo sind wir denn? Ein bisschen Stolz, bitte. Sie, die Eltern, stellen schließlich den Speck bereit, indem sich die kleine Made winden darf. Sie haben sein Heim geschaffen. Sie haben für seine Geburt die sexuelle Beziehung zu Ihrem Lebenspartner reaktiviert. Und dies gibt Ihnen das Recht auf Durchsetzung Ihrer Gebote mit autoritären Mitteln. Eltern sollen schließlich ihre Kinder erziehen. Nicht andersherum. Denn letztlich thront über allem Mutters goldene Regel:
Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt. Denn Sie wissen am besten, was gut für Ihr Kind ist. Lassen Sie sich nicht verunsichern. Weder von der Lebensmittelindustrie, die Ihnen die Notwendigkeit ihrer Produkte einreden will, noch von den Gesund heits-Apokalyptikern und Ratgeber-Dogmatikern, die hinter jedem Supermarktprodukt ein Werk des Teufels sehen. Wenn Sie es für richtig halten, dann kriegt der Balg seinen Happy-Hippo-Snack. Machen Sie sich keinen Kopf. Ich sage es immer wieder: Der Mensch ist eine verdammt zähe Spezies. Seit Tausenden von Jahren bringen wir Kinder auf die Welt. Sagen Sie sich immer: Das haben doch auch Eltern geschafft, die um einiges doofer sind als ich. Natürlich fragen Sie sich: Entwickelt sich das Kind körperlich normal? Aber auch diese Frage kann Ihnen nur Ihr Arzt beantworten und nicht Dr. Oetker.
9 WENIGER IST MEER!
Eine Auslage in der Konservenabteilung: Karpfen in Gelee nach russischer Art, Fischzauber-Bücklingsfilet in Öl, Friesenkrone-Bis marckheringe mild-würzig, Heringsfilet in Tomatensoße, Herings filet Wellness Harmonie, Heringsfilet in Gewürzketchup, Heringsfilet Tomate Mozzarella …
»Dosenthunfisch, Sanne?«
»Da steh ich total drauf!«
»Aber das ist doch echt eine Sauerei!«
»Wieso? ›Delfinfreundlich gefangen‹ steht hier auf der Dose!«
»Und was bringt das dem Thunfisch, bitte schön? Delfinfreund licher Thunfisch ist genauso wie tierlieber Jäger: Das tote Reh hat definitiv nix davon, dass der Dackel beim Jäger im Bett schlafen darf! Thunfische sind doch mittlerweile genauso bedroht wie Delfine!«
»Aber Delfine sind irgendwie süß!«
»Und Thunfische sind doof, oder was? Klar, für was ist so ein Thunfisch eigentlich gut? Zu gar nichts! Der macht nicht mal Saltos! Hochnäsige, arrogante Tiere, diese Thunfische!«
Geile Delfine und hungrige Katholiken
Warum haben Delfine eigentlich eine so viel bessere Lobby als alle anderen Meeresbewohner? Ich habe gelesen, Delfine neigen dazu, Schwimmer sexuell zu belästigen. Die schwimmen mit erigiertem Glied auf arglose Badegäste zu und reiben sich an ihnen! Der Delfin ist so was wie der Dackel des Meeres. Er besteigt alles, was nicht bei drei auf der Boje ist. Aber bitte nicht falsch verstehen; den Delfinen geht es auch sehr schlecht. Jährlich sterben Tausende dieser Tiere in den Treibnetzen der Hochseefischerei. Allein in Japan werden jährlich über 20 000 Kleinwale getötet. Also gehen Sie morgen bitte nicht zur Nordsee und sagen: »Ein Kilo aus der Hüfte vom Tümmler. Der Weber hat gesagt, Flipper ist ein notgeiler Bock!«
Überfischung gehört ohne Zweifel zu den akutesten Umweltproblemen unserer Zeit, wo unsere Verantwortung als Verbraucher direkt gefragt ist. Jeden Tag pflügen riesige schwimmende Fischstäbchenfabriken die Weltmeere um und fangen alles, was ihnen vor den Bug kommt: Delfine, Schildkröten, Wale und wahrscheinlich auch kleine einheimische Fischerboote. »Oh Entschuldigung, von der Brücke sahen Sie in Ihrer Nussschale aus wie ein schwimmender Krabbencocktail!«
Dennoch erfreut sich Fisch auf dem Teller allerhöchster Be liebtheit. 17 Kilo Meeresgetier haut sich der Deutsche jährlich hin ter seine gefräßigen Kiemen. Vor allem der Verzehr von Sushi gilt als wahnsinnig schick, was ich überhaupt nicht verstehen kann: Kalter Reis mit rohem Fisch und Algen? Das ist doch keine Delikatesse! Asiatische Hausfrauen sind
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