Essen kann jeder
die Abteilung »süße und fettige Snacks«. Nur knapp zwölf Prozent konnten der sogenannten »grünen« Kategorie zugeordnet werden, bestehen also aus Obst, Tomatensoßen, Fruchtsäften und Saftschorlen.
Dem »normalen« Zuckerkram ist das Stigma der Sündhaftigkeit so oder so auf das Etikett gedruckt. Deshalb wird er von den meisten Eltern nur dosiert verteilt, zum Beispiel im Rahmen von festlichen Anlässen oder extrem verzweifelten Erziehungsmaßnahmen. Die Palette von Lebensmitteln, die speziell für Kinder angeboten werden, geht aber weit über herkömmliche Süßigkeiten hinaus und reicht von Milchprodukten über Frühstücksflocken bis hin zu Fertiggerichten. Es gibt sogar eigene Kinder-Fleischware. Ich denke da an »Leo Lausemaus Salami«. Allein für die Namenswahl gehören die Hersteller erschlagen! Oder Bärchen-Wurst. Das Unternehmen will damit natürlich sagen: Iss die Wurst, denn auch der knuffige Bär auf der Verpackung isst diese Wurst. Doch die Aussage ist natürlich nicht nur falsch, sondern auch gefährlich. Denn Kinder glauben diesen Quatsch. Ich möchte nicht wissen, wie viele Kinder in Indien jährlich gefressen werden, weil sie von Kellogg’s gelernt haben: »Keine Angst. Der beißt nicht. Tiger stehen nur auf Frosties!« Es gibt übrigens auch Kinder-Tütensuppen, zum Beispiel die Gespenstersuppen von Maggi. Da sind sowohl der Geschmack als auch die Zutaten echt gruselig.
Aber jeder, der schon mal mit Kindern durch einen Super markt gelaufen ist, weiß: Die Kinder sind verrückt nach Pudding- Paula und Konsorten. Überall lachen dich lustige Tierchen, Prinzessinnen und Drachen von den Joghurtbechern und Kakaoflaschen an. Die Produkte sind bunt und lustig geformt. Alles sieht so lieb und sanft und gut aus. Jede Verpackung ist ein raffiniertes Marketinginstrument, entwickelt von hoch dotierten Werbepsychologen, das das Unterbewusstsein unserer Kinder mit der Botschaft torpediert: »Du brauchst mich! Du musst mich haben! Nur mit mir wirst du deine orale Phase heil überstehen. Iss mich jetzt, und du wirst in zehn Jahren nicht bettnässen.«
Ich frage mich immer: Was sind das für Leute? Ich meine, diese Werbepsychologen, die sich Verkaufsstrategien für Kinderprodukte ausdenken? Steht man da am Ende seines Studiums und fragt sich: »Was will ich mit meinem Wissen um die menschliche Psyche anfangen? Gesprächstherapeut? Familienberater? Drogenhilfe? Nein, ich habe eine Idee. Ich mache mit miesen Tricks Kinder so scharf auf minderwertige Quarkspeisen, dass ihre Eltern unter dem endlosen Genöle ihrer Blagen genervt zusammenbrechen und entgegen besserem Wissen doch zum Piratenquark greifen!«
Kaufkräftige Knirpse
Aber nach der Kids-Verbraucheranalyse 2011 des Egmont-Ehapa- Verlages stehen den 6- bis 13-Jährigen in Deutschland jährlich 2,6 Milliarden Euro zur Verfügung. Da wollen die Unternehmen natürlich ran. Und zwar mit allen Mitteln. Selbst über das Internet kommen die Monster der Lebensmittelkonzerne in die Schlafzimmer der schutzlosen Pimpfe gekrochen. Kinder nutzen heute immer früher und häufiger das Internet. Jedes fünfte Kind im Vorschulalter ist schon gelegentlich im Internet unterwegs. Es soll Krabbelgruppen geben, die quasi nur über Facebook kommunizieren. Und da finden die Kinder auch ihre neuen Freunde: Pom-Bär, Happy Hippo und Hanny Bunny. Die schen ken ihren kleinen Fans Hörbücher und Rap-Songs, machen mit ihnen Rätsel und Gewinnspiele oder bieten Spiele zum Download an. Super – erst stopfen die Konzerne unsere kleinen Rollmöpse mit Schokolade voll und sorgen dann dafür, dass sie ihren fetten Hintern überhaupt nicht mehr zum Sportplatz bewegen.
Aber das Geschäft brummt. In 15 Millionen Haushalten kamen im Jahr 2011 Kinderlebensmittel auf den Tisch. Allein 165 Millionen Euro wurden allein für Kinder-Joghurts, Kinder-Milchgetränke und Kinder-Quarks ausgegeben. Hauptabnehmer waren natürlich Familien mit Kindern, aber auch Großeltern sind ganz vorn mit dabei. Vor allem die Omis! Das war schon immer so. Die Süßwarenhersteller sind die Drogenbosse, und die Großmütter sind die Dealer.
Das Ergebnis der oben erwähnten Foodwatch-Studie war übrigens, dass es praktisch unmöglich ist, aus der Palette von angebotenen Kinderprodukten eine ausgewogene Ernährung zusammenzustellen. Das ist sehr verwunderlich, weil viele dieser Produkte den Eltern als ausgesprochen gesund verkauft werden. Überall kann man lesen, in diesem Produkt sei »das Beste aus einem
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