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Essen kann jeder

Essen kann jeder

Titel: Essen kann jeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Weber
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Glas Milch« oder »31 % Vollkorn«. Oder gar, dass dieser oder jener zugesetzte Nährstoff ein ganz »normales Wachstum« bewirke. Was natürlich im Umkehrschluss bedeutet, dass ein Mangel, also der Verzicht auf dieses Produkt, unabsehbare Konsequenzen für das eigene Fleisch und Blut hat. Und dass degeneratives Krüppelwachstum die selbst verschuldete Konsequenz ist, wenn die Eltern dem heranwachsenden Sprössling seine Schokoflocken verweigern.
    Dabei scheint die Gefahr eher in einer anderen Ecke zu lauern. Die EsKiMo-Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat ergeben, dass die Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen bei den allermeisten Kindern absolut ausreichend ist. Die Studie warnt aber ausdrücklich davor, dass vielfach angereicherte Produkte zu unkontrollierter Erhöhung der Nährstoffzufuhr bei Kleinkindern führen können. Und das ist schnell passiert! Wenn Ihr klei ner Schatz zum Frühstück ein großes Glas Mulitvitaminsaft trinkt, dann hat er nach Angaben des Herstellers schon 75 Prozent seines Bedarfes an Vitamin A gedeckt. Isst er dazu noch eine Schüssel angereicherte Frühstücksflocken, erhält er noch mal die Hälfte des erforderten Nährstoffes. Trinkt er zwei Stunden später in der großen Pause ein Kakaogetränk, wird ihm vielleicht sogar mit einer Flasche die volle Dosis verpasst. Ergebnis: Ihr Kind hat schon vor dem Mittagessen 225 Prozent seines Tagesbedarfes an Vitamin A aufgenommen. Und das heißt, es muss bis zum übernächsten Tag eine strenge Abstinenz einlegen, also keinen Karotten, kein Spinat, keine Milch, keine Eier – um nicht in ein Vitamin-A-Koma zu fallen. Denn das Teuflische an dieser Substanz ist, dass sie fettlöslich ist und deshalb vom Körper nicht einfach ausgeschieden werden kann. Das ist zum Beispiel der Grund, warum echte Bärchen-Wurst tödlich sein kann. Eisbären sind ungenießbar, weil sie in ihrem Körper so viel Vitamin A speichern, dass dem zähesten Polar-Forscher die Leber kollabiert. Also, in grönländischen Supermärkten: Vorsicht an der Fleischtheke!
    Was tut meinem Kind gut?
    Selbst das Bundesministerium hält deshalb spezielle Kinderlebensmittel für absolut überflüssig. Es warnt sogar: »Ein Kind, das den Geschmack von klebrigen Puddings oder künstlichen Süßspeisen gewohnt ist, kann richtige Obstsüße kaum noch wertschätzen.« Die Behörde appelliert deshalb an die »besondere Verantwortung« der Wirtschaft hinsichtlich der Werbung. Wobei ich an dieser Stelle an die besondere Verantwortung der Politik appellieren will, diese Form von kindlicher Gehirnwäsche im Fernsehen einfach zu verbieten. Dann hätten wir zwei Probleme aus der Welt geschafft: die Milchschnitte und die Klitschko-Brüder.
    Jetzt bleibt natürlich die Frage: Was sollen Kinder ab wann essen? Der Verbraucherzentrale-Bundesverband gibt darauf eine ganz klare Antwort. Ein gesundes Kind soll ab dem Alter von einem Jahr langsam, aber sicher dasselbe Essen verzehren wie der Rest der Familie. Wobei »langsam, aber sicher« meint, dass man dem Bengel nicht gleich an seinem ersten Geburtstag saure Kutteln vor die Nase knallen sollte.
    → Mein Tipp
    Auch wenn Schilder wie »Extra für Kinder« den Eltern fälschli cherweise suggerieren, ist eine Extrawurst für Kinder nicht zwingend erforderlich. Dass es »Extra für Kinder« gemacht wurde, heißt noch lange nicht, dass Kinder es auch brauchen. So gesehen, könnte man auch Joghurts mit Aufdrucken wie »Extra für Männer«, »Extra für Linkshänder« oder am besten »Extra für Vollidioten« vermarkten.
    → Futter für Fortgeschrittene
    Kinder stehen auf bunte Lebensmittelverpackungen. Super! Die kann man auch selbst machen. Warum lassen Sie Ihre Kinder die Wachsmalkreiden nicht einfach in den Supermarkt mitnehmen? Das Material für den Kartoffeldruck liegt in der Gemüseabteilung. Richtig – das wird Ärger geben im Supermarkt. Aber das sind Ihre Kinder Ihnen doch wohl wert.

Der kleine Erziehungsratgeber nach Weber
    Das große Problem vieler Eltern ist leider, dass viele Nahrungsmittel von ihren Kindern einfach schwer akzeptiert werden. Da können sie noch so beharrlich den sublimen Geschmack von Petersilienwurzelpüree preisen, wahrscheinlich wird es zunächst eher auf eine Umgestaltung der Zimmerwände hinauslaufen. Denn diese Abwehr scheint evolutionsbiologisch einen Sinn zu haben. Es gibt im kindlichen Hirn ein Programm, das sagt: »Was du kennst und schon mal gut

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