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Essen kann jeder

Essen kann jeder

Titel: Essen kann jeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Weber
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gegessen haben, gaben den Stickstoff in Form von Mist dem Acker wieder zurück. Um es mit damaligen Worten zu sagen: Es wird gekackt, wo gegessen wird. Das war ein natürlicher, wenn auch vielleicht etwas ekliger Kreislauf. Aber Biologie ist nun mal etwas eklig.
    Heute sind diese Kreisläufe meist unterbrochen. Die Nahrung wird auf dem Land oder – noch schlimmer – im Ausland produziert und dann über weite Strecken in die Städte transportiert. Dort wird sie konsumiert, ausgeschieden und gelangt über die Kanalisation ins Meer. Damit ist der Stickstoff für den Acker verloren und muss dem Boden an anderer Stelle zurückgeführt werden. Das geschieht durch Kunstdünger. Und der kommt aus der Luft: Jährlich werden Zigmillionen Tonnen Stickstoff aus der Luft gebunden. Dazu benötigt man Elektrizität, die durch das Verheizen von Kohle und Erdöl gewonnen wird. Im Grunde genommen, essen wir also fossile Brennstoffe. Am Erdöl hängt also derzeit die Welternährung. Wenn man sich vorstellt, dass es in 40 Jahren langsam alle ist, sollte man doch mal über Alternativen nachdenken.
    Biobauern erhalten die Bodenfruchtbarkeit anders, zum Beispiel durch Fruchtfolge: Jedes Jahr wird eine andere Pflanzenart gesät. Mal Weizen, mal Bohnen, dann ein bisschen Mais, dazwischen ein paar Quadratmeter Marihuana oder einfach mal nur ein paar hübsche Blümchen wie Klee. Das versorgt den Boden mit Stickstoff und macht ihn fruchtbar für künftige Feldfrüchte. Klar: Ökologischer Landbau ist besser für den Boden.
    Die soziale Komponente
    Außerdem gibt es noch einen anderen Grund, der klar für bio spricht: Stiftung Warentest hat festgestellt, dass Biohersteller auch sozial stärker engagiert sind. Mit dem Kauf einer Biogurke unterstützt man also nicht nur die Umwelt, sondern wahrscheinlich auch irgendwo einen Pfarrgemeinderat, Essen auf Rädern oder einen Männergesangsverein.
    Da ich in diesem Buch natürlich der Ehrlichkeit verpflichtet bin, muss ich zugeben, dass ich auch Meinungen gelesen habe, die den ökologischen Nutzen von Bioprodukten bezweifeln: Mit künstlichen Pestiziden könne man viel gezielter Schädlinge bekämpfen als mit vielen biologischen Stoffen. Die Stickstoffauswaschung bei künstlichen Düngemitteln sei außerdem wesentlich geringer als bei Mist und die Energiebilanz von biologischem Anbau nicht besser, da arbeitsintensiver. Für mich hört sich das alles eher wie Störfeuer aus Reihen der Agrarlobby an.
    Aber ich gebe zu, dass ich nicht ganz objektiv bin: Als lang jähriger Krötentunnelgräber und Lurchretter habe ich eine bio grafisch bedingte Nähe zu allem, auf dem »Öko« steht. Die ganze Debatte trägt auch gewisse ideologische Züge. Es ist der Kampf: Idealistischer Naturmensch gegen vernunftgeleiteten Realisten. Ich bin mir auch nicht sicher, ob die Vorstellungen von Rudolf Steiner wirklich taugen, um sieben Milliarden Menschen auf diesem Planeten zu ernähren. Wo bitte sollen die Afrikaner die vielen Hirschblasen herbekommen? Außerdem benötigt extensiver Landbau ungefähr ein Drittel mehr Landfläche. Das heißt, um alle Menschen »bc« – also biologically correct – zu ernähren, müsste der gesamte Planet auf den Jupiter umziehen. Doch da gäbe es bei minus 139 Grad lediglich Tiefkühlkost.
    Also was jetzt?
    Sie werden jetzt fragen: »Also was jetzt, Herr Weber? Sie wollten doch Klarheit schaffen! Soll ich jetzt Bio essen? Ja oder nein?« Und da sage ich Ihnen klipp und klar: jein. Beim Fleisch kann es natürlich gar nicht Bio genug sein. Da kaufe ich zum Beispiel am liebsten Demeter-Produkte. Denn die Anthroposophen haben von allen Ökoverbänden die strengsten Auflagen bei der Tierhaltung. Da ist es mir egal, ob das Kalb im Mondschein Eurythmieübungen in einem Bett aus Schafgarbe veranstaltet. Hauptsache, das Vieh ist glücklich. Doch zum Thema Fleisch später mehr. Beim Gemüse, Obst und dem ganzen Rest würde ich jetzt mal die gewagte These aufstellen: Ob Bio oder nicht, ist gar nicht so wichtig.
    Wenn Sie der Ansicht sind, Bio schmeckt Ihnen besser, und Sie fühlen sich gut dabei – essen Sie es. Denn es ist bestimmt kein Fehler, die ökologische Landwirtschaft zu unterstützen. Schließlich sprechen wir von nicht mal sechs Prozent aller Landwirte in Deutschland. Es ist schließlich nicht so, dass wir unter der Knute von bärtigen Ökofaschisten in Latzhosen stehen. Die moderne Agrarindustrie mit ihrem massiven Raubbau an natürlichen Ressourcen und fruchtbaren Böden steckt in der

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