Essen kann jeder
Folgen einer Hodenschädigenden Kiwi mit einer Migräne auslösenden Ana nas kompensieren und Ihren Speiseplan mit einer allergenen Sojasprosse bereichern, bleiben Sie unterm Strich topfit. Na also!
Ich muss gestehen, dass ich selbst nach dem fünfzigsten Artikel zu diesem Thema immer noch kein ganz klares Bild habe, ob Pestizidrückstände in Nahrungsmitteln für uns Konsumenten wirklich ein ernsthaftes Problem darstellen. Einerseits nervt mich der Alarmismus vieler Verbraucherschutzverbände, die jedes Pikogramm Dioxin im Kopfsalat wie einen Chemiewaffenfund im Wüstensand skandalisieren. Andererseits traue ich der chemischen Industrie mit ihren ganzen Beteuerungen über höchste Sicherheitsstandards beim Pestizideinsatz auch nicht über den Weg. Was soll ich Ihnen also raten? Ganz ehrlich: Hören Sie auf Ihren Bauch. Wenn Sie Angst vor Pestiziden und chemischen Substanzen im Allgemeinen haben, gehen Sie auf Nummer sicher: Kaufen Sie Bio.
Bio, was heißt das eigentlich?
Übrigens dürfen auch Biobauern Schädlingsvernichtungsmittel einsetzen. Das war mir bisher auch unbekannt. Bevor ich mich mit diesem Thema genauer beschäftigt habe, hatte ich eine eher romantische Vorstellung von biologischem Landbau: Ich sah kraftstrotzende Bauernburschen, die braun gebrannt im Licht der frühen Sonne über ihre Scholle schreiten und mit vollen Händen güldene Weizenkörner über das gottgesegnete Land streuen, dann in den Stall marschieren, wo glücklich gackernde Hühner ihnen frische Eier zu Füßen legen und die Kuh freudig erregt schon kräftige Männerhände an ihren Eutern herbeisehnt. Was auch daran lag, dass ich ehrlicherweise gar nicht genau wusste: Was heißt eigentlich bio?
Bio bedeutet laut EU im Wesentlichen: Die Produkte dürfen nicht gentechnisch verändert sein und werden ohne Einsatz konventioneller Pestizide , Kunstdünger oder Abwasserschlamm angebaut. Was aber nicht heißt, dass ein Biobauer nicht düngen oder Schädlinge bekämpfen darf. Denn auch im Ökolandbau müssen Unkraut ausgemerzt, Pilze ausgerottet und Schadinsekten ohne Gnade aufgespürt und unbarmherzig vernichtet werden. Der einzige Unterschied: Biopestizide müssen natürlichen Ursprungs sein. Aber sie machen deshalb nicht weniger tot als künstliche Schädlingsvernichtungsmittel. Das ist weder Bio-Soft- Killing noch eine Art Sterbebegleitung für Nacktschnecken. So darf auch im Bioweinbau zum Beispiel die »Bordeaux-Brühe« eingesetzt werden. Das ist eine Mixtur aus Kalk und Kupfersulfatlösung, die gespritzt werden darf, weil alle Inhaltsstoffe als natürliche Mineralien vorkommen. Wie Uran und Arsen, die kommen auch als natürliches Mineral vor. So gesehen, ist sowohl Atomenergie als auch Rattengift irre bio! Das Problem an der Sache ist, dass Kupfer genauso ein Schwermetall ist wie Cäsium oder Quecksilber. Manchmal muss sogar das gesamte Erdreich um einen Weinberg herum abgetragen und zur Sondermülldeponie gekarrt werden, weil sich statt Weinreben nur noch Kupferdrähte aus dem Boden ranken.
Dasselbe gilt für Pflanzenextrakte. Erst kürzlich wurde vom Bundesamt für Verbraucherschutz der Gebrauch von DDAC verboten. Das Zeug wird offensichtlich aus Zitronenextrakt ge wonnen. Dieses Didecyldimethylammoniumchlorid ist ein Pflan zenstärkungsmittel. So eine Art Sanostol für Keimlinge. Das ist einleuchtend: Wenn man den Schädling nicht mit chemischen Keulen erschlagen darf, muss man der Pflanze immunologisch auf die Sprünge helfen. Also Schal um den Halm binden und mit heißer Zitrone gießen! Tatsächlich ist DDAC leider ein potentes Gift, das prophylaktisch mal alles plattmacht, was es wagt, seine Fühlerchen nach dem Rucola zu strecken. Wir sehen: Auch Biobiozide unterscheiden nicht zwischen garstiger Raupe und lieblichem Schmetterling.
Übrigens: Haben Sie gewusst, dass viele der Methoden der Ökolandwirtschaft auf Rudolf Steiner zurückgehen? Genau, das ist der Mann mit den Waldorfschulen! Demeter, wohl eines der strengsten Biosiegel, beruft sich heute noch auf Steiner, der in seinem Werk zum biodynamischen Landbau empfiehlt, Schafgarbe in eine Hirschblase zu stopfen, diese für ein Jahr im Acker zu vergraben, um dann die vermoderten Überreste unter den Dung zu mischen, was die Düngewirkung von Mist erhöhen soll. Vielleicht wäre das effektivste Mittel im Kampf gegen Schädlinge, wenn der Bauer sich nach Feierabend eine Stunde auf seinen Acker stellen und dem Ungeziefer ein paar Seiten Rudolf Steiner vorlesen oder – noch
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