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Essen mit Freunden - Roman

Essen mit Freunden - Roman

Titel: Essen mit Freunden - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Insel Verlag
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essen zu gehen wäre doch viel unverfänglicher.«
    Â»Vielleicht fühlt er sich zu Hause sicherer als in einem Restaurant. Ich habe jedenfalls nicht das Gefühl, dass er sie nur abschleppen will. So einer ist er nicht. Im Gegenteil.«
    Â»Du scheinst ja fast mehr über ihn zu wissen als er über die Frau, die er einlädt.« Es folgte ein typischer Anne-Röntgenblick mit hochgezogener Braue.
    Â»Das ist nun mal mein Job. Ich frage nach. So ist das Konzept von Essen mit Freunden . Und wer nachfragt, erfährt eine Menge«, sagte Luise und versuchte, neben ein paar Schokokrümeln auch Annes Kommentar vom Tisch zu wischen.
    Â»Es hört sich jedenfalls so an, als könnte dieser Auftrag noch recht spannend für dich werden«, stellte Anne fest,
nahm das Cantuccini von der Untertasse und tunkte es in ihren Espresso, als wolle auch sie einen Schlusspunkt unter das Thema setzen. »Hmmm«, sagte sie dann und schaute überrascht auf den halben Keks, den sie noch in den Fingern hielt. »Kann es sein, dass die anders schmecken als sonst? Irgendwie runder? Oder kommt mir das nur so vor, weil dein Essen bereits wirkt und ich schon völlig betört im Himmel schwebe?«
    Â»Vielleicht liegt es daran, dass ich zur Abwechslung mal ein bisschen Zitronenschale in den Teig getan habe«, murmelte Luise und wich dabei Annes Blick aus.
    Â 
    Es war nicht, was er sagte, und auch nicht, dass er sie lobte oder dass er den Geschmack der Granatapfelkerne als passendes Pendant zum fruchtig süßen Ton der Vinaigrette bezeichnete. Es war die Art, wie er sie unsicher dabei anlächelte und wie seine Augen hilfesuchend über ihr Kochgeschirr wanderten. Seine Küche war spärlich bestückt, sein Geschirr schlicht und geschmackvoll. Weiß. Das hatten sie bereits am Telefon geklärt. Obwohl er gesagt hatte, dass er Tischdecken eher nicht mochte, hatte Luise vorsichtshalber doch eine weiße aus Damast aus ihrem Schrank mitgebracht und dazu die passenden Stoffservietten sowie schlichte Serviettenringe aus Silber.
    Â»Ich wusste nicht, ob ich Blumen kaufen soll«, sagte er.
    Â»Dachte ich mir schon«, sagte Luise und entnahm ihrem Korb eine Frischhaltebox. Als sie den Deckel öffnete, duftete es nach Rosen. Sie drückte ihm die Box in die Hand. »Hier, leg zwei oder drei Knospen in eine kleine Glasschale, und stell sie auf den Tisch. Die Blätter verstreust du aufs Tischtuch, als lägen sie da rein zufällig.«
    Â»Du denkst aber auch an alles.«
    Sie winkte ab. »Das ist mein Job«, sagte sie, aber ganz so stimmte es nicht.
    Bei der Planung des Menüs hatte sie sich gefragt, was sie erwarten würde, wenn er sie zum Essen eingeladen hätte. Sie hatte versucht, sich ein Bild von ihm zu machen – ehrlich, schüchtern, dezent –, und überlegt, welche Seite seiner Persönlichkeit sie außerdem noch in dem Essen sehen wollte. Seine Klarheit. Darum also die klaren Farben. Roter Reis, weißer Reis, rote Rosen, weißes Geschirr. Nur Ente und Lachs in Rosa sowie der Kir, der langsam die Farbe wechselte. Ansonsten kein unnötiger Schnickschnack. Das war es, was sie gewollt hätte: Dass er klar wäre in dem, was er wollte und tat, damit nicht nur der Kir, sondern auch sie langsam Farbe bekennen könnte. Damit sie aufs Schönste errötete und zu glühen begann. So hatte sie es sich ausgemalt bei der Vorbereitung dieses Abends. Sie, Luise, wäre begeistert von so viel Aufmerksamkeit und Details. Sie würde beim Kir mit den Fingerspitzen über die verstreuten Rosenblätter streichen, beim Biss auf die Granatapfelkerne eine Bemerkung über die Gegensätze der Liebe machen, gespannt, ob er sie aufgreifen würde. Denn über was als über die Liebe sollte man bei Granatäpfeln reden? Beim Fisch würde sie wohlig seufzen und die Sauce loben, die sie sich ein klein bisschen provokant von den Lippen lecken würde. Und spätestens beim Dessert würde sie bereitwillig zugeben, dass sie so weich wie das Innere des Schokoladenkuchens wäre.
    Â»Wenn ich dir so zuschaue, frage ich mich, warum ich mich vorher so wenig fürs Kochen interessiert habe.«
    Sie hatte nicht gemerkt, dass er wohl schon eine ganze Weile im Türrahmen lehnte und sie beobachtete. Wenn er
die Frau, die gleich käme, mit einem ähnlichen Blick ansah, würde das Dessert mit Sicherheit ausfallen. Sie hatte aufgehört zu

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