Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Essen mit Freunden - Roman

Essen mit Freunden - Roman

Titel: Essen mit Freunden - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Insel Verlag
Vom Netzwerk:
überlegen, warum er diese ganze Inszenierung brauchte, denn selbstverständlich hatte sie sich dieselben Fragen gestellt wie Anne. In den letzten Stunden hatten sie zwischen Herd und Esstisch viel miteinander geredet, aber erfahren hatte sie wenig von ihm. Er machte irgendwas Solides. Mit Zahlen, wie er sagte. Keine Kinder, keine Altlasten. Auf dem Flur neben der Garderobe hingen ein paar Urlaubsfotos. Mallorca, Berge, Wandertour, Sonnenuntergang. Daneben ein Spiegel, breiter Rahmen in Silber, kein Provisorium. Der Laminatboden war gewischt, das Bad geputzt, die Tür des Spiegelschranks verschlossen. Auf dem Balkon Margeriten und Begonien, weiß und rot. Wie passend. Sie genoss es, dass sie hier war und dass sie ihn vielleicht einen Abend lang glücklich machte. Rein geschäftlich natürlich.
    Â»Und du meinst, ich bekomme das hin?«, fragte er und schaute ihr über die Schulter.
    Â»Ich bin sicher.« Sie trat einen Schritt zur Seite. »Die Entenbrust wickele ich so ein, dass sie noch die richtige Temperatur hat, wenn ihr anfangt. Dort liegt das Messer. Du schneidest einfach dünne Scheiben ab und legst sie selbst auf den Salat. Ich habe alles vorbereitet. Dann schüttelst du die Vinaigrette, bis sich Essig und Öl wieder vermischt haben, und tröpfelst sie darüber. Zum Schluss die Granatapfelkerne. Fertig. Den Reis stelle ich in die Thermobox, genauso wie die Soße, damit beides warm bleibt. Den Lachs schalte ich an, wenn ich gleich gehe. Wenn sie einigermaßen pünktlich kommt, ist er genau richtig zum zweiten Gang. Wenn sie später kommt, stellst du die Temperatur kleiner. Die Teller stehen bereit, und hier liegen die Tomaten für die Deko.
Es ist ein Kinderspiel, glaub mir.« Sie versuchte, seine Zweifel fortzulächeln. »Gleich daneben steht der Kuchen. Der wäre auch kalt okay, aber, wie gesagt, am besten ist er, wenn er innen warm ist. Stell ihn also bitte in den Ofen, sobald du den Lachs rausgenommen hast.«
    Â»Luise, weißt du, ich –«, begann er und sah sie dabei an wie der Bassett von Frau Petzold, der Nachbarin ihrer Eltern. Unendlich traurig über etwas, was man nie erfahren würde und was man deswegen auch nicht ändern konnte. Was man aber milderte, indem man möglichst weit ein Stöckchen warf, das er dann begeistert und schnaufend zurückbringen konnte, einem speichelgetränkt vor die Füße legte, in den Augen die stumme Aufforderung: Noch mal! Und schon war alles besser.
    Â»Ach, Quatsch, Raphael«, sagte sie so fröhlich wie möglich. »Du kommst schon klar. Und wenn du ehrlich bist, geht es an diesem Abend ja nicht wirklich ums Essen, oder? Es geht um dich. Um euch. Um nichts anderes.«
    Für einen kurzen Moment sahen sie sich in die Augen. Kaffeebraun traf Bernsteingold. Sie merkte, wie ihre Wangen langsam Farbe annahmen und zu glühen begannen, was sicher daran lag, dass sie so nah am Herd stand, auf dem der Reis leise vor sich hin simmerte.
    Â»Ich packe mal langsam meine Sachen ein«, sagte sie und wandte sich ab. »Sie wird ja gleich da sein, und es wäre nicht so günstig, wenn ich dann noch hier bin.«
    Er nickte. Gemeinsam räumten sie Luises Gerätschaften in die Transportboxen und stellten die Sachen in den Flur. Luise tat die letzten Handgriffe und sah sich noch einmal in der Küche um.
    Â»Ich denke, das war alles. Den Rest hole ich dann in den
nächsten Tagen ab. Du meldest dich, wenn du Zeit hast, ja?«
    Er nickte wieder.
    Â»Also gut, Raphael. Einen schönen Abend und viel Glück.« Sie lächelte ihn halbherzig an, denn ein kleiner Teil in ihr war sich nicht sicher, wie viel Glück sie ihm für diesen Abend wirklich wünschte.
    â€‚Zimt und Honig
    Â»Und du sagst mir wirklich nicht, was los ist?«, fragte Luise leicht verzweifelt.
    Â»Nein, nur dass du dir am Samstagnachmittag Zeit nehmen sollst. Sonst nichts«, antwortete Sybille.
    Â»Aber ich kann doch etwas kochen für euch.«
    Â»Auf keinen Fall!«
    Â»Sybille, bitte! Essen und ein bisschen Nachtisch. Kleiner Kreis. Hier bei mir.«
    Am Ende der Leitung folgte ein kurzes Schweigen. »Also gut«, sagte Sybille schließlich, »du kannst einen Nachtisch oder einen Salat machen. Aber nicht mehr. Keine anderen Vorbereitungen. Schon gar nicht bei dir. Der Rest ist unsere Sache. Fünfzehn Uhr dreißig! Und versuch nicht, die anderen auszuquetschen. Bei denen erreichst

Weitere Kostenlose Bücher