Essenz: Band 1 [Das Blut der Götter] (German Edition)
sozusagen unangreifbar…“
„Ja. Solange du es trägst, Liebes. Aber wenn du es
wieder verlierst, und dann wieder nichts sagst…“
„Oh man!“ Nika stöhnte auf. „Na schön. Geh und poste
es auf Facebook, oder wie auch immer du deine Statements unter den
Engelsblütern verbreitest. Und danach bin ich fertig mit diesem ganzen Mist.“
„Ausgezeichnet.“ Julian ließ sich wirklich durch gar
nichts beirren. In fröhlicher Geschäftigkeit rieb er die Hände. „Dann wäre das
geklärt!“
Sechzehn
Sonntag, 06. Januar 2013
Er musste reden. Aber sein Dad kam dafür nicht
infrage, schlicht und ergreifend, weil er er selbst war. In Theodor Millers
Welt waren Mord und Gewalt gänzlich unbekannt.
Seine Mutter war in dieser Hinsicht vollkommen anders,
sie begriff sowohl Leid als auch Schuld, glaubte aber vor allem an die
Hoffnung. In ihrem Universum musste alles ein glückliches Ende nehmen.
Daniel kümmerte sich im Allgemeinen nicht darum, ob
man seine Handlungen befürwortete oder nicht, aber weder Theodor noch Gwen
Miller wären jemals in der Lage, seine Tat nachzuvollziehen. Julian dagegen kam
aus einem vollkommen gegenteiligen Grund nicht infrage; er wäre vollkommen
außerstande, das Problem als solches zu identifizieren.
Tristan.
Daniel schloss die Augen, öffnete sein Bewusstsein und
konzentrierte sich auf die Präsenz seines Bruders. Er fand sie in Mayfair, also
löste er die Moleküle seines Körpers auf, um sie im Labor seiner Eltern wieder
zusammenzusetzen.
„Hey, Mann.“ Tristan sah von seinem Monitor auf. „Da
bist du ja endlich.“
„Du hast mich erwartet?“ Daniel setzte sich auf den
Labortisch und sah zu, wie sein Bruder eine Schublade aufzog, in der er
medizinisches Zubehör aufbewahrte. Tristan nahm eine Kanüle und mehrere Blutentnahmeröhrchen
heraus. Die Röhrchen legte er zur Seite, während er die Verpackung der Kanüle
aufriss.
„Na los, mach hin.“
„Wozu machen wir das?“ Daniel zog seinen Ärmel hoch
und verzichtete wie gewöhnlich auf Stauschlauch und Desinfektion der
Punktionsstelle.
Tristan schob die Kanüle in Daniels Vene und zerriss
die Schutzhülle des ersten Röhrchens, um es aufstecken zu können. Als es
gefüllt war, zog Tristan es ab und nahm das nächste.
„Rekrutieren wir eine Armee?“ Daniel lächelte schwach.
Natürlich taten sie das nicht. Allerdings waren die vorhandenen Bestände ihrer
Essenzen frisch und somit noch mehrere Tage lang verwertbar, bevor der
enthaltene Wirkstoff in zu hohem Anteil abgestorben war und eine qualitativ
hochwertige Medikation nicht mehr garantierte. Ohnehin war das Betreiben einer
Vorratsbank aufgrund der vorhandenen Selbstheilungskräfte ihrer genetisch
veränderten Köper eher als Vorsichtsmaßnahme zu bezeichnen, nicht als
Notwendigkeit.
Keinem Mitglied seiner Familie war es jemals nötig
geworden, die natürliche Selbstregeneration durch Zuführung zusätzlicher
Substanzen unterstützten zu müssen. Daniels Schwager James war als Mischblüter
natürlich die Ausnahme. Statt menschlicher Enzyme injizierte er sich zwar die
der Engelsblüter, üblicherweise aber nur die seiner Gattin, Tristans
Zwillingsschwester Beth.
„Lies mal deine Mails, Mann, Julian beruft eine
Versammlung ein. Heute Nacht.“
„Wie bitte?“ Ein unangenehmer Impuls ruckte durch
Daniels Körper. „Das ist eine absolut schwachsinnige Idee.“
„Findest du?“ Tristan setzte ein neues Röhrchen auf.
„Jedenfalls ist ein Angriff in unbekannter Stärke zu erwarten, deshalb können
die Ampullen von jetzt an ruhig immer taufrisch sein. Komm bis auf Widerruf
alle 12 Stunden vorbei, ich kümmere mich um die Depots.“
„Die Stärke der Gegenseite ist nicht kalkulierbar,
aber Julian wird Nika als Lockvogel benutzen, nicht wahr? Was ist plötzlich in
ihn gefahren?“
Tristan zog schweigend die Kanüle aus seinem Arm. Die
Punktionsstelle verschloss sich und Daniel zog den Ärmel darüber. Er schüttelte
den Kopf.
„Julian muss diese Versammlung absagen.“
„So wild ist es auch wieder nicht. Wir kriegen das
schon hin.“
„Und wenn nicht? Kannst du Nikas Schutz garantieren?“
„Nein. Aber ich unterstütze ihre Entscheidung, das
Risiko einzugehen. Es ist überschaubar.“
Trotz seiner offensichtlichen Unfähigkeit, die
Situation richtig einzuschätzen, ließ Tristan die gewohnte Sorgfalt nicht
missen, als er die Röhrchen in die Zentrifuge legte und sie einschaltete.
Daniels Herzfrequenz dagegen erhöhte sich mit
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