Est Electio: Dämonische Versuchung (German Edition)
verschwunden war. Lussia hatte Maira an die Hand genommen und sie direkt an Bredas Seite geführt. Beide standen nebeneinander und blickten in den feurigen Schlund, aus dem es bedrohlich zischte. Nur ein paar Zentimeter trennte sie nun noch von der Hölle.
Plötzlich beugte sich Lussia zu Maira und flüsterte ihr zu: „Keine Sorge, ich werde mich um ihn kümmern. Ich weiß, was du vorhast.“ Und als sie ihr unmerklich zunickte, stürzte Soldan bereits durch das Portal in die Hölle. Unbemerkt hatte sich Mankosch aus Mairas Tasche geschlichen, und während Isseltz Soldan mit ihrem spitzen Schnabel am Hinterkopf getroffen hatte, hatte er ihm den letzten, entscheidenden Stoß verpasst.
Soldans Schreie hallten in den unendlichen Weiten der Unterwelt wider, je tiefer er stürzte, umso leiser wurden sie, bis sie schließlich verstummten und nichts mehr von ihm zu sehen oder zu hören war.
„Danke Lussia!“, fuhr es aus Breda heraus. Erleichtert umfasste er Mairas Taille mit seinem Arm.
„Schnell, ihr dürft keine Zeit verlieren. Caelicola wird nicht lange auf euch warten und sich dann erneut aus der Unterwelt erheben und dieses Mal wird er sehr viel zorniger sein.“
Maira drückte Lussia an sich. „Ich danke dir!“
„Keine Ursache“, gab diese zurück.
Numen stand verhalten hinter ihnen, aber Maira wusste, dass sie ihm jenes Manöver zu verdanken hatten.
„Flieht auf den Friedhof. Auf geweihtem Boden können Caelicolas Dämonen euch nicht aufspüren.“ Numen sprach weise und urteilslos. Wie gerne hätte Maira sich ihm erkenntlich gezeigt. Nicht nur für heute, sondern für alles, was er für sie getan hatte. Aber die Zeit ihm ihre Dankbarkeit zu zeigen, war nicht da. Jedoch schien er zu wissen, was sie ihm zu sagen versuchte, denn er nickte, mit einem Ausdruck, der ihr mitteilen sollte: Gern geschehen.
Als Breda mit ihr aus dem Haus stürmte, blickte sie sich ein letztes Mal um. Beruhigt wandte sie ihre Augen schnell wieder nach vorne, denn sie hatte Lussia richtig verstanden. Sie würde sich um Ciprian kümmern und ihn irgendwie in ihre Nähe befördern, damit sie die Seelen beider in Bredas Körper vereinen konnte.
Der Friedhof lag versunken in dichtem Nebel. Eine unheimliche Stille verlieh diesem düsteren Ort einen klischeehaften Auftritt.
„Kannst du den Boden betreten? Ich meine, du bist doch auch ein Dämon.“ Maira hielt seine Hand ganz fest, als er einen ersten Probeschritt auf die geweihte Erde setzte. Nichts passierte. Befreit atmete er aus und lächelte Maira zu.
Sie blickten sich um, auf diesem gottverlassenen Stückchen Land. Die Grabsteine ragten wie übergroße, verdorrte Knospen aus der Erde. Schatten huschten zwischen ihnen und dem Nebel hindurch und hinterließen schmale, sich rasch wieder schließende Löcher.
„Was ist das?“, fragte Maira als Breda die schwere Grufttür aufdrückte.
„Die Nebellichten. Auf einem Friedhof sind ein paar mehr Geister anzutreffen, als an anderen Orten. Sie sprechen mit ihnen und lassen sie ein, in ihre Welt. In ihrer Gegenwart können die Toten mit den Lebenden Kontakt aufnehmen und die Nebellichten können durch das Licht der Geister, besser durch die Zeit blicken. Aus dem Grund ist dieser Ort für beide gleichermaßen interessant.“
Maira betrachtete das Treiben an diesem Ort mit gemischten Gefühlen. Jene Wesen waren ihr keineswegs fremd. Instinktiv umfasste sie ihren Nacken, wo sie für immer, deren Zeichen mit sich tragen würde. Auch Isseltz begutachtete den Friedhof aufmerksam. Ruhig und unbeeindruckt, wusste sie doch am besten über die Wesen des Nebels Bescheid.
Breda schloss geräuschvoll die Gruft hinter ihnen und nahm, an diesem Punkt, einen tiefen Atemzug, froh darüber, dass sie es bis hierher geschafft hatten. Die Gruft würde erst einmal als ihr Unterschlupf dienen. Er wusste, dass dies vermutlich nicht der Ort war, an dem Maira gerne war. Die Gruft musste unheimlich und befremdlich auf sie wirken. Die dunklen, kalten Steine, der schimmlige Geruch, der die eisige Kälte durchzog, welche sich in der eingeschlossenen Dunkelheit jener Wände mit der Zeit entwickelt hatte. Die Sonne hatte diese Gruft noch nie gesehen, weil kein Weg gebaut wurde, sie einzulassen. Breda beobachtete Mairas Reaktion. Urteilslos besah sie sich jede Ecke. Selbst das fahle Licht, das durch die vergitterten Fenster hineindrang, ließ sie wunderschön erscheinen. Er blickte an ihr hinunter und eine angenehme Welle der Hitze durchströmte seinen
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