Est Electio: Dämonische Versuchung (German Edition)
Endlosigkeit ihres Daseins, hatte sie sich damit abgefunden, auf der Welt sein zu müssen, um Ausschau zu halten, damit sie ihn vor den Engeln finden würden. Den Schlüssel der Macht. Auch wenn sie sich zwischenzeitlich anderen Dingen zuwandte, vergaß sie nie, weshalb sie sich an jenem Ort befand. Sie hatte tatsächlich gegen alle Erwartungen einen Menschen kennengelernt, mit dem sie ein Stück ihrer Ewigkeit teilen konnte. Sie heiratete einen Mann, der es geschafft hatte die Liebe in ihr zu wecken, und so fühlte sie sich für ein halbes Jahrhundert, beinahe genauso menschlich wie er.
Sie bezogen ein wunderschönes Haus am Stadtrand, dort wo die Weizenfelder sich weit erstreckten, weit ab vom Lärm der Großstadt. Zusammen führten sie ein glückliches Leben. Nie hatte er erfahren wer sie wirklich war, hatte sie doch in all diesen Jahren gelernt, ihre wahre Gestalt zu unterdrücken. Dies war ihr, aufgrund tiefgehender Gefühle für ihn, so gut gelungen, dass ihr Körper mit ihm gealtert war. Mit ihm an ihrer Seite war die dämonische Nadeschda, die dem Herrn der Unterwelt stets treu ergeben war, verschwunden. Nach siebzig Jahren aber, hatte das Alter den Körper ihres menschlichen Gefährten besiegt. Der Kummer über seinen Tod erweckte den Dämon in ihr, denn sie sah den Verlust ihres geliebten Mannes als eine Strafe Deas. Die damit erneut ihre Macht über sie alle demonstrieren wollte. Von da an lebte sie zurückgezogen. Mit Katzen als ihre einzigen Gesellschafter, erwartete sie die Ankunft ihresgleichen. Doch sie war es müde zu warten, genauso wie sie dieses Leben müde war. Sie wusste, wenn sie irgendwann kämen, würde keiner von ihnen sie mehr wiedererkennen. In den letzten Wochen hatte sie sich dennoch bemüht, ihrer Aufgabe gerecht zu werden. Sie hatte Nachforschungen angestellt und war dabei tatsächlich auf eine junge Frau gestoßen, die alle Zeichen eines Schlüssels verkörperte. Die Energie der Electio umströmte sie. Ein sicheres Indiz dafür, das die Zeit der Wahl gekommen war. Nadeschda konnte ihre Kraft spüren, aber auch die andere Seite, die Engel, würden sie wahrnehmen können. Obwohl sie diese Neuigkeit schnellstmöglich der Unterwelt überbringen sollte, zögerte sie. Die verbliebenen menschlichen Emotionen trübten ihre Sinne. Und als sie sich den Schlüssel der Macht aus der Ferne anschaute, konnte sie nur das Mädchen in ihm erkennen, das gerade zu einer Frau heranreifte. Sie hoffte innerlich, dass die Engel sie finden würden, bevor die Dämonen es taten.
Unsanft wurde sie aus dem Schlaf gerissen. Jemand klopfte an ihre Tür.
„Ich komm ja, ich komm ja“, rief sie und zog sich ihren Morgenmantel über, während eine der Katzen sich um ihre Beine schlängelte. Sie gab ihr einen sanften Tritt mit dem Pantoffel, um sie beiseitezuschaffen und endlich die Treppe hinunter zu können, ohne über das Tier zu stolpern. Immer noch klopfte jemand hartnäckig an. Die alte Nadeschda, die sonst immerzu freundlich war, wirkte angespannt. „Frechheit, einen um diese Uhrzeit zu belästigen“, murmelte sie vor sich hin, während sie die Kette vom Türschloss nahm. Nichtsahnend öffnete sie, dann starrte sie erschrocken auf die Männer und Frauen vor sich.
„Ihr seid zu früh. Die Zeit für est Electio ist noch nicht gekommen.“
Ein schwarzhaariger Mann, im dunklen Anzug lächelte boshaft und drängte sich dann, unbeeindruckt von ihren Worten, an ihr vorbei ins Haus. Die anderen folgten ihm.
Die drei Männer und zwei Frauen, die einen unheimlichen Eindruck machten, taten gerade so, als wären sie bei Nadeschda zuhause.
„Schön hast du’s hier.“
„Man passt sich eben an“, erwiderte Nadeschda grimmig. Eine der Frauen besah sich die aufgestellten Bilder über dem Kamin und nahm eines davon in ihre Hand, gehässig kicherte sie vor sich hin. „Wie süß!“, sagte sie mit einem sarkastischen Unterton. „Wie du hier darauf zu sehen bist.“ Sie schüttelte den Kopf und machte dabei ein angewidertes Gesicht. „Du, Arm in Arm mit diesem Menschen. Das ist so ekelhaft!“ Einer der Männer riss ihr das Bild aus der Hand.
„Ich finde, er sieht doch ganz nett aus“, stellte er fest und fügte hinzu: „Irgendwie köstlich.“ Dann leckte er das Bild mit seiner bloßen Zunge ab.
„Schluss jetzt!“, rief der schwarzhaarige Mann.
„Ich bin mir sicher unsere gute Nadeschda hat alles getan, um unter den Menschen nicht aufzufallen. Hab ich recht?“ Er suchte ihren Blick, wartend auf
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