Esther Friesner
ich doch nun wirklich kein hübsches, heißes Stück Frohbeerenpastete erwartet.«
Er stopfte sich den Rest der Quarkschnitte in den Mund und stakste davon, wobei er irgend etwas über Frauen vor sich hin murmelte.
Paps war so froh, daß seinen Söhnen die Hinrichtung erspart geblieben war, daß er kein böses Wort für seine Tochter wegen der Balustradenszene fand.
»Diese Buchgeschichten immer«, hörte ich ihn zu Hauptmann Bamf sagen. »Nur so eine Marotte. So sind Mädchen nun einmal. Sie wird schon darüber hinwegkommen. Es ist besser, sich nicht groß anzustellen, sonst liest sie doch erst recht, nur um mir eins auszuwischen. Einfach ignorieren, dann geht es schon wieder weg, wie ich immer sage.«
»Das sagen wir in der Armee auch«, stimmte Hauptmann Bamf ihm zu. »Vor allem über Drachen.«
Ich fand Lucy an der Erfrischungstafel, wo sie Mama dabei half, den Wachsoldaten Punsch einzuschenken. Es gelang mir, sie beiseite zu ziehen und ihr zuzuflüstern: »Paps glaubt immer noch, daß du die Bücher nur liest.«
»König Steffan ahnt auch nichts«, erzählte sie mir. »Er glaubt, daß ich einfach nur eine Verehrerin von Raptura Eglantine bin. Belassen wir es ruhig dabei.«
»Bist du sicher?« zog ich sie auf. »Wenn er wüßte, wer du wirklich bist, würde es keine Sekunde dauern, bis er um deine Hand anhält.«
»Nein, danke.«
»Warum denn nicht?« Ich hatte nie gelernt, wann ich mit einem Witz besser Schluß machte. »König Steffan ist doch jung und sieht auch gar nicht so schlecht aus für einen König.«
»Ich bin nicht blind, Kendar.« Lucy warf mir einen Blick zu, der selbst Steine hätte zum Schmelzen bringen können.
»König Steffan ist ein sehr attraktiver Mann.«
»Ein Curio ist er nicht.«
»Du auch nicht«, schoß sie zurück. Das tat weh. »Und trotzdem gibt es da ein Mädchen, das töricht genug ist, dein Aussehen dem seinen vorzuziehen.« Unter alleinigem Einsatz ihrer Augen wies sie auf einen schattigen Fleck unter ein paar blühenden Schweinepfeifenbüschen, wo Mysti und Mutter Krötenhauch zusammensaßen, ihr Mittagessen verzehrten und Norris hinter den Ohren kraulten.
Mutter Krötenhauch meinte sie jedenfalls nicht.
»Mysti?« entfuhr es mir. Das hörte sich ziemlich dämlich an, und zwar aus gutem Grund. »Die soll denken, daß ich gut aussehe?«
»Die denkt eine Menge Dinge. Warum versuchst du es nicht bei Gelegenheit mal damit, sie einfach danach zu fragen?«
»Ja, aber … aber das denkt sie doch nicht wirklich. Sie hat sich nur an mich gehängt, um aus dem Welfie-Dasein entfliehen zu können. Sie hat mir ja auch absichtlich ihren Namen mitgeteilt, damit die anderen sie zum Gehen zwingen würden.«
»Den hätte sie genausogut Grym mitteilen können«, erwiderte Lucy.
»Grym sieht sehr viel mehr wie Curio aus, als du es jemals tun wirst.«
»Du sagst also, daß sie mich wirklich, wirklich, wirklich mag … ?«
»Kein einziges weiteres Wort sage ich dazu. Und du auch nicht. Ich sage dir nur, daß du ab und zu vielleicht auch mal auf ein paar andere Dinge achten solltest als immer nur auf Magik.«
Ich runzelte die Stirn. »Das erklärt aber immer noch nicht, weshalb du König Steffan nicht sagen willst, wer du bist. Ich meine, wenn du ihn doch magst …«
»Mir wäre es lieber, wenn er erst die schlichte Lucy Gangle heiratet, um danach Raptura Eglantine kennenzulernen, als umgekehrt.«
Ich schlenderte davon, genau wie Scandals früheres Schafott, und murmelte eine Menge ähnlicher Dinge über Frauen.
»Meister Kendar! Komm doch auf einen Augenblick zu uns.« König Steffan winkte mir von seinem improvisierten Thron aus zu. Alle Diener, die er aus Gladderadatsch mitgebracht hatte, drängten sich hinter ihm und sagten nette Dinge über die Quarkschnitten. Als ich näher kam, sah ich Scandal auf dem Schoß des Königs sitzen, als würden ihm Gut Uxwutsch, Gladderadatsch und ganz Orbix gehören.
Ich empfand einen Stich bei dem Gedanken, daß der Zeitpunkt, da wir getrennte Wege gehen würden, näher gerückt war denn je.
»Was kann ich für Euch tun, Euer Majestät?« fragte ich und kniete auf der Wiese nieder.
»Als erstes kannst du deiner wunderschönen Mutter einmal mitteilen, daß sie die besten Quarkschnitten macht, die ich je gekostet habe.«
»Danke, Euer Majestät, aber es ist unsere Köchin, der diese Ehre gebührt.«
»Dann teile deiner lieblichen Mutter bitte mit, daß sie wirklich weiß, wie man gute Köchinnen einstellt.«
»Jawohl, Euer Majestät.
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