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Esther Friesner

Titel: Esther Friesner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Katze läßt das Zaubern nicht
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hinaus. Dann streckte das Papier sich in die Länge und wurde immer größer, bis es den größten Teil des Himmels bedeckte und jedes Wort darauf so hoch war wie eine Mistgabel.
    Meister Giftnatter setzte sich eine Brille auf die Nase und legte den Kopf in den Nacken, um den riesigen Brief für jene vorzulesen, die es selbst nicht konnten. »Wie ihr seht«, sagte er, »schreibt uns der König in Sachen eines gewissen Meisters Kendar. Er sagt, daß ihm seit dem Tod von Meister Thengor ein Hofzauberer fehlt, und möchte uns wissen lassen, daß er besagten Meister Kendar für diese Aufgabe ausgewählt hat. Dann sagt er, daß er hofft, es gehe uns allen gut und daß meine Gicht sich gelindert habe.« Er schnippte mit den Fingern, und der Brief verschwand. »Das hat sie.«
    »Ach, da bin ich aber froh, das zu hören«, blubberte König Steffan.
    »Ganz gewiß. Ich habe zwar selbst keine Gicht, aber ich bin sicher, es muß sehr …«
    »Mund halten«, sagte Meister Giftnatter.
    »Nachdem wir den Brief des Königs erhalten haben, sind wir unsere Aufzeichnungen durchgegangen«, fuhr Meister Walpole fort. »Wir haben nirgendwo einen Meister Kendar finden können.« Seine Augen waren so klein und hart wie ein Paar getrockneter Erbsen. Als sein Blick über die Menge schweifte, hatte ich ein Gefühl, als würden tausend Mäusekrätzer an meiner Wirbelsäule nagen.

    »Wir denken, es ist nur ein Gebot der Höflichkeit, diesen Meister Kendar einmal kennenzulernen«, sagte Meister Giftnatter.
    »Wir halten das für eine kluge Idee, vor allem in Anbetracht der Tatsache, daß wir bei nochmaliger Überprüfung unserer Aufzeichnungen tatsächlich eine Reihe von Beschwerden von mehreren Studenten des verstorbenen Meisters Thengor vorfanden, von Dienstboten, Mätressen, Konkubinen, seiner Witwe Edeldame Inivria, und seinem Kollegen Meister Benidorm, und zwar über einen gewissen Kendar Rattenklopper«, sagte Meister Walpole mit angespanntem Lächeln. »Was könnt ihr uns über den erzählen?«
    Niemand sagte auch nur einen Ton.
    »Das bin ich«, ergriff ich schließlich das Wort und trat einen Schritt vor. Meine Stimme klang sehr viel lauter, als ich erwartet hatte.
    Anstelle eines kleinlauten verschreckten Piepsens gestand ich ganz offen und geradeheraus, wer ich war, so daß jeder es hören konnte.
    »Ich bin Kendar Gangle von Gut Uxwutsch, auch genannt Rattenklopper.«
    »Auch genannt Meister Kendar!« rief Mysti. »Daß ihr mir das nicht vergeßt.«
    Grym schwang sein wiedergewonnenes Schwert Grabräuber über dem Kopf und fügte hinzu: »Ebenfalls mit Stolz genannt Schwertbruder meiner selbst, Grym des Großen, einst von der barbarischen Horde von Uk-Uk dem Unaussprechlichen, gegenwärtig Anwalt Seiner Majestät.«
    Die Ratsmitglieder zogen alle Gesichter, als müßten sie an einem heißen Tag an einem Haufen toter Schleimwürmer riechen.
    Einer von ihnen sagte: »Ich bin Meister Mondhund, der Archivar.
    Ein Zauberlehrling darf seine Kutte und seinen Hut von seinem Lehrer in Empfang nehmen, aber er darf erst dann Meister genannt werden, nachdem er sich durch Prüfung vor dem Rat bewiesen hat. Danach erhält er seinen Stab, und sein Name wird in das große Buch eingetragen.
    Wir geben auch ein Bild von ihm dazu, obwohl es ihm in neun von zehn Fällen nicht im mindesten gleicht. Ich weiß noch, daß ich gerade die Augen geschlossen hielt, als man meins gemacht hat, und außerdem hat mir niemand gesagt, daß mein Haar so komisch absteht.
    Eine zweite Chance wurde mir verweigert, was übrigens völlig ungerecht war.

    Ich meine, wenn der nächste Archivar die Aufzeichnungen übernimmt, muß er doch glauben, daß ich die ganze Zeit so ausgesehen habe, ebenso alle anderen Archivare, die nach ihm kommen und …«
    »Meister Mondhund, dann wirst du schon längst tot sein; halte ebenfalls den Mund«, warf Meister Giftnatter ein. Der Oberzauberer blinzelte mich an. »Dann bist du also derjenige.«
    Ich zwang mich dazu, seinem Blick zu begegnen, ohne Furcht zu zeigen. Innerlich allerdings rief ich nach meiner Mutter.
    Genaugenommen rief ich nach meiner verzauberten Sauciere; die war sehr viel nützlicher als Mama. Nur zu schade, daß ich sie auf der Erfrischungstafel hatte stehenlassen.
    »Nun, Meister Kendar«, sagte der Vorsitzende des Rats.
    Langsam ging sie mir auf die Nerven, diese höhnische Betonung von Meister. »Wir fühlt man sich denn als stolzer Besitzer von soviel Magik?«
    »Jetzt - oder als es zuerst passierte?« fragte ich und

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