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Esther Friesner

Titel: Esther Friesner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Katze läßt das Zaubern nicht
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vor deiner Nase ist, Dummkopf: den Pilz. Er ist nicht giftig, aber auch nicht ganz so gut wie die grüne Sorte. Ich habe gehört, er soll besser schmecken, wenn man ihn mit ein bißchen Butter und einem großen, saftigen Beefsteak brät.« Ich hörte ein leises, tropfendes Geräusch, das von der Wand ausging. Das war wirklich albern: Wände sabbern nicht.
    Aber wer immer - oder was immer - sich auf der anderen Seite der Wand befand, tat es. Und wer immer es war, wollte zu mir durchdringen und war dazu bereit, sich den Weg freizufressen. Da war das mindeste, was ich tun konnte, ihm dabei zu helfen. Also stieß ich die Finger in die weiche Gefängniswand und riß einen großen Klumpen heraus. Er war strohig, mit einem angenehmen, nussigen Nachgeschmack.
    Lange Zeit war das einzige Geräusch, das man im Pilz und außerhalb vernehmen konnte, das Kauen. Und dann, als ich gerade eine weitere Handvoll aus der Wand reißen wollte, stießen meine Finger einfach hindurch und trafen auf andere Finger. Die waren lang, schlank und so kühl wie Mondstrahlen. Ohne nachzudenken, versuchte ich, sie an mich zu reißen.
    »He! Was machst du da? Das Loch ist noch zu klein für mich!« Die Finger entrissen sich meinem Griff. Ich legte die Augen an das Loch in der Wand und spähte hinaus.
    Alles, was ich dort erblickte, waren Nacht und Wald und Pilze, vor denen Fußabtreter lagen.
    »Pst! Hier oben. Streck die Hand aus und greif nach oben.«
    Die Stimme kam inzwischen vom Dach. Ich gehorchte und vertilgte ein paar weitere Happen, bis das Loch groß genug war, um meinen ganzen Arm durchzustrecken und hinaufzugreifen. Ich konnte zwar nichts erkennen, spürte aber, wie sich etwas auf meiner Hand niederließ.

    »Schön, und jetzt schließ die Finger - vorsichtig, um Sylvans willen!
    Ich will nicht zerquetscht werden wie eine Wanze. Ja, so ist es richtig.
    Und nun hol mich rein, gaaaaanz langsam …«
    Ich tat, wie mir geheißen. Etwas Kleines und Warmes zappelte in meiner Hand. Es kitzelte wie verrückt, es war fast das gleiche Gefühl wie bei Gryms magikgetränktem Schwert. Dann streckte ich die Finger, schaute mir an, was ich da in der Hand hielt, und empfand plötzlich ein gänzlich andersartiges Kitzeln.
    Es war ein Mädchen, ein wunderschönes Mädchen, nicht größer als ein Grashüpfer. Sie trug einen sehr kurzen Kittel, der aus Libellenflügeln zu bestehen schien. Und da wir gerade bei Flügeln sind: davon hatte sie auch ein Paar am Rücken. Sie waren bunt und schimmrig, doch als sie versuchte, sich auf meiner Handfläche gerade hinzustellen, verhakten sie sich ständig in ihrem langen, seidenfeinen goldenen Haar.
    »Bäääähhh, ich hasse die Dinger. Wenn ich ein männlicher Welfie wäre, brauchte ich mich nicht damit herumzuplagen.
    Die haben keine Flügel. Das ist einfach ungerecht.« Sie stampfte mit dem winzigen Fuß auf und warf den Kopf in die Höhe, während ich fasziniert zusah. Noch nie hatte ich etwas so Hübsches gesehen. Dann sah sie zu mir hoch und fragte: »Nun, worauf wartest du noch? Setz mich ab. Oder willst du mich in deinem Schoß haben?«
    Ehrlich gesagt, ich wußte nicht, was ich sagen sollte.
    Sie schnitt ein wütendes Gesicht. »Na schön, du wolltest es ja nicht anders«, sagte sie, und im nächsten Augenblick lag ich flach auf dem Rücken, ein ausgewachsenes geflügeltes Mädchen auf dem Bauch.
    Junge, nie hätte ich geglaubt, daß jemand, der so schlank aussieht, so viel wiegen kann!
    Das muß an den Flügeln gelegen haben.
    »Bei Buxomias vielen gebirgigen Brüsten, was beut die Nacht denn nun schon wieder?« brüllte Grym und schleuderte die Spinnwebdecke beiseite. Er rieb sich die Augen und musterte eindringlich unsere Besucherin. »Oh. Wenig weiß ich darum, wie du es vollbrachtest, einen solchen Happen maidenhafter Freude zu deinem Vergnügen heraufzubeschwören, o Kendar. Mag sein, du rettest deine Ehre noch in meinen Augen. Weitermachen.« Er riß sich die Decken wieder über den Kopf und döste wieder ein.
    »Dein Freund gefällt mir«, sagte das geflügelte Mädchen.

    »Der ist süß.«
    »Geh von meinem Bauch«, forderte ich sie auf.
    Sie glitt ganz vorsichtig zu Boden, um Grym nicht schon wieder zu wecken. Ein Pilzhaus ist nicht besonders groß - den meisten Platz nimmt der Stauraum unter dem Hut ein -, so daß wir es ziemlich eng hatten. Ohne die Flügel hätte es mir ganz gut gefallen.
    »Wer bist du?« fragte ich sie. Tatsächlich sagte ich: »Wer bist Th-ur-gph!« weil ich einen flimmernden

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