Esti (German Edition)
fertig. Sein Name wurde Kornélia, damit nicht so viele Fragen kommen, denn die Leute hören nicht auf, sich wichtigtuerisch zu wundern, wenn sie sehen, dass Kornél ein schickes Röckchen trägt oder einen roten Tanga, obwohl sie, wenn sie einen Tanga sehen, gewöhnlich keine Fragen mehr stellen. Er hatte den Spitznamen Lia oder Kiki, bei seinen Freunden so, bei der Familie so.
In voller Grazie
Niemandem kam in den Sinn, Esti könnte ein Mann sein, auch ich erwähne es nur, weil eventuell meine Lektüre etwas anderes suggeriert, Kornél Esti war also eine dufte Biene, gescheit, mit einem tollen Arsch, sie trug Miniröcke und verzog nicht den Mund, wenn das als nuttig bezeichnet wurde. Aber wenn irgend so ein Großmaul aus ihrem Jahrgang noch hinzufügte, eine Nutte macht noch keinen Sommer, dann sah Esti den Typen so lange an, bis es still in der Stadt wurde, dann flüsterte sie ihm lächelnd wie eine tonlose Explosion ins Gesicht: Doch.
Es ging ihr gut in diesem Sommer. Sie genoss, wie die Jungen Stielaugen machten. Und dann die alten sabbernden Vierzigjährigen! Zu ihrem Frausein kam hic et nunc noch ihr Jüdischsein hinzu, ausschließlich deshalb, damit der eine Sabbersack sagen konnte (weil er es sagen mochte): Setz dich, schönes Judenmädchen, auf meinen Schoß. Aber Onkel Misi, bitte nicht unernst sein, das Kartenspiel ist eine ernste Angelegenheit.
Denn sie spielten Karten. Konkret Ultimo, die schwerfälligen Männer und die in voller Grazie prangende Esti. Noch konkreter: Esti schlug sie ununterbrochen. Ihr Vater hatte es ihr beigebracht, der Ultimo wie Gott spielte. Ihr Vater nahm an, dass auch Gott ein Atheist ist. Wenn er nun einmal allwissend ist, kann er gar nicht anders, und er sagte einen roten Betli an. Siehst du, Papa, zu irgendetwas war diese Arbeiterbewegung doch gut. Doch Estis Vater mochte dieses uferlose Gerede nicht, obwohl er von seiner Tochter begeistert war. Das Ende davon ist, dass Esti alt geworden ist, obwohl die Miniröcke lange durchhielten, ihr Vater gestorben ist, die einstigen Vierzigjährigen mit einer Ausnahme ebenfalls und dieser eine sich nicht erinnert, dass sie Karten gespielt hätten. Esti bekommt noch immer gute Laune (lacht), wenn sie an die verrauchte Redaktion denkt, an die vielen unausgesprochenen Worte, Spannungen und die berauschende Apathie der Siege.
An den Sommer.
Kleines Wollustfeuilleton
Selten kommt man an GRAFENFLEISCH heran, das Zimmermädchen, namentlich Kornél Esti, streckte sich zufrieden aus und kratzte sich faul die marmorschönen, gewaltigen Schenkel (Formen).
Schönheit (1)
Kornél Esti wurde unter der Aufsicht des Notars in einem harten, den Menschen auf die Probe stellenden, aber fairen Kampf zur Schönheitskönigin Kentuckys gewählt. Das ist selbst dann ein schönes (den Menschen auf die Probe stellendes) Leben, wenn Esti von da an im Wesentlichen ausschließlich Hamburger essen durfte – laut Vertrag. Außerhalb des Vertrages jedoch murmelte sie ständig, Schönheit, Schönheit, Schönheit – ausgenommen die Zeit, wenn sie Hamburger aß.
Lange erkannte man sie auf der Straße (oder beim Hamburgeressen), obwohl sie fett wurde wie ein Schwein.
Schönheit (2)
Während Esti als »Kentuckys Schönheitskönigin« den Höhepunkt ihres Lebens erreichte, geschah es, dass ihr Vater starb.
Im Zusammenhang damit stand sie auf dem Friedhof neben dem Grab, aus dem Himmel von Kentucky sickerte der bleierne Regen, für den Weizen zu wenig, fürs Herumstehen zu viel. Don’t be fat, hatte der Vater zu ihr gesagt, einzig dieser väterliche Satz fiel Esti ein. Das hat mein Vater gesagt, und ausschließlich diesen einen Satz habe ich mir gemerkt.
Denn es war der einzige Satz, den der Vater in diesem ganzen lumpigen, fettigen, nach Hamburger riechenden, grandiosen Leben zu ihr gesagt hatte. Dann hörte der Regen auf, Esti tauschte schniefend die Blumen aus. Schwerfällig bückte sie sich nach vorn, doch sie mochte ihre Fettheit.
Die Neuverteilung der Karten
Kornél Esti war damals, nun, das ist schon sehr lang her, die Jungfrau Maria. Sie betete viel, erfreute sich großen Ansehens. In einer dramatischen Situation – Geschrei, Blut, Nägel, Polizei – antwortete sie auf die amtliche Frage für viele unerwartet: Nein, nicht mein lieber Sohn, und um ihren Mund erschien ein neuer, bitterer, unbarmherziger Zug.
Oh
Karpfen können im Allgemeinen nicht beten, weil sie nicht über ihre Kiemen hinaussehen, Kornél Esti aber war ein Karpfen, der, prinzipiell,
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