Etenya Saga - Band 1: Soyala - Zeit der Wintersonnenwende (German Edition)
Lippen. Die andere Hand lag neben seinem Bein flach auf dem Sitz. Olivia legte ihre darauf während sie gedankenverloren zurück auf die Straße blickte. Lenno drehte seine Hand um, umschloss ihre Finger mit seinen und sah zu ihr hinüber. Sanft drückte er ihre Hand und zauberte mit seinem eigenen Lächeln, das sie tief in sich spürte, ebenfalls eines auf ihre Lippen.
Es war einer dieser Momente mit Lenno, in denen sie genau wusste, dass etwas Großes zwischen ihnen entstand. Als ob diese Berührung eine untrennbare Verbindung geschaffen hätte und sie nun durch ein unsichtbares Band zusammengehalten wurden. Ähnlich dem, was sie bei ihrer Mutter und Martin beobachtet hatte, nur bedeutender. Sie spürte seine Wärme in sich und sein Herzschlag schien den Rhythmus ihres Herzens zu bestimmen.
Doch die erschreckenden Bilder durchfluteten wieder ihr Gedächtnis und den Rest des Weges starrte Olivia schweigend und in sich gekehrt aus dem Seitenfenster.
Als der Taxifahrer vor Olivias Haus anhielt, bezahlte Lenno den Fahrer mit seiner freien Hand, damit er sie nicht loslassen musste. Danach stiegen sie an seiner Seite aus und er brachte Olivia zur Haustür. Zärtlich strich er mit seinen Fingerspitzen über ihre Wange und fragte: „Soll ich noch einen Moment bei dir bleiben?“
Sie drehte sich schweigend um, schloss die Tür auf und zog ihn durch das dunkle Haus hinter sich her in die Küche.
Erst dort ließ Olivia Lenno los und setzte Teewasser auf.
Ihre Mutter hatte eine ganze Teesammlung für jede Lebenslage und die verschiedenen Sorten trugen Namen wie ‚Hole dir Stärke‘, ‚Lach wieder‘ oder ‚Klarer Geist‘. Olivia entschied sich für einen mit Lavendel und Johanniskraut, der ‚Innere Balance‘ hieß. Anschließend stellte sie zwei Tassen, Löffel und die Zuckerdose auf die Arbeitsplatte und wartete darauf, dass das Wasser kochte. Sie starrte dabei den Wasserkocher an, als ginge es dadurch schneller. Lenno stand neben ihr an die Arbeitsplatte gelehnt und beobachtete sie aufmerksam.
„Welchen willst du?“, fragte Olivia ohne das Gerät aus den Augen zu lassen.
„Ich nehme das Gleiche wie du“, antwortete er.
Daraufhin zupfte sie einen weiteren Teebeutel aus der Packung, riss das erste Tütchen auf und holte den Teebeutel heraus. Konzentriert zog sie das kleine Pappschildchen von dem Beutel ab, legte ihn in eine Tasse und hängte die Schnur sorgfältig über den Tassenrand. Sie versuchte sich mit diesen alltäglichen Handgriffen zu beruhigen.
Als sie jedoch an dem Schildchen des zweiten Teebeutels ziehen wollte, ließ es sich nicht lösen. Olivias Puls stieg an. Sie versuchte es nochmals, indem sie etwas fester daran zog, doch es ließ sich weiterhin nicht abtrennen. Sie biss die Zähne zusammen. Ungeduldig riss sie kraftvoll an dem Pappschildchen, das sich durch diese ruckartige Bewegung nicht nur vom Beutel löste, sondern ebenfalls von der Schnur abriss. Ihre Hand schnellte unkontrolliert gegen eine der Tassen. Wie in einem Dominospiel kippte diese mit einem lauten Klirren gegen die Nächste, die umfiel und an der Wand zerbrach. Im selben Moment hatte Lenno ihr Handgelenk umfasst, kurz bevor ihr Schlag ihn ungebremst getroffen hätte.
Erschrocken sah sie ihn an. Dann schaute sie fassungslos auf die Tassenscherben und begann zu weinen.
Vorsichtig zog er sie zu sich und schloss sie in seine Arme.
„Ich hatte solche Angst, Lenno! Ich dachte, er bringt uns um“, flüsterte sie und zitterte wieder am gesamten Körper.
Jetzt drückte er sie fest an sich, legte seine Lippen an ihre Stirn und küsste sie dort sanft. „Du warst so mutig, als du auf ihn zugegangen bist. Das war unglaublich.“
Sie hörte zwar seine Worte, konnte aber nichts damit anfangen. In ihr fühlte es sich vollkommen anders an.
Später saßen die beiden mit ihren Teetassen an dem kleinen Küchentisch und Olivia schaute Lenno über ihren Becher hinweg eine Weile an. Auch sein Blick ruhte die ganze Zeit auf ihr.
Schließlich stellte sie ihre Tasse auf den Tisch und ließ die Finger über den Rand gleiten. Ohne ihn anzusehen, fragte sie: „Wer war dieser Bidziil?“
„Ein Teil meines Problems“, antwortete Lenno prompt, als ob er nur auf diese Frage gewartet hätte.
Sie starrte ihn an. „Verdammt, wo bist du da nur hineingeraten?“ Olivia war zutiefst beunruhigt und machte sich riesige Sorgen.
Er wich ihrem Blick aus und schaute ernst in seine Tasse.
„Was ist das für ein Problem? Geht es um Drogen?“ Jetzt
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