Eternal Riders: Limos (German Edition)
und für die musste sie sich unbedingt eine Geschichte ausdenken. Sie hatte schon einmal vor einer Menge gestanden und sie mit fantastischen Geschichten angefeuert, die zu einer Rebellion gegen ihren Herrn geführt hatten. Jedes Wort hatte zu ihrem wilden, wonnigen Rausch beigetragen. Selbst jetzt beschleunigte sich ihre Atmung, ihr Blut schoss wie ein tobender Fluss durch ihre Adern, und alle möglichen Lügen wirbelten ihr durch den Kopf, kämpften darum, auserwählt zu werden –
»Hey.« Ariks tiefe, beruhigende Stimme durchdrang ihre Panik, und ihr wurde bewusst, dass sie so ziemlich jeden angesehen hatte – außer ihm. »Meine Augen«, sagte er. »Sieh mich an. Ich bin bei dir.«
Sie klammerte sich an seinen Blick, als wäre er ihr Rettungsring, und ließ alles andere von sich abfallen. Ich kann das tun. Für ihn kann ich alles tun.
Trotzdem kam immer noch nichts aus ihrem Mund. Es gab einfach zu viele Geheimnisse, unter denen sie wählen musste, und alle waren grauenhaft und verletzend.
Arik wusste das, der Gute, er wusste es und kam ihr zu Hilfe.
»Da dies unsere Hochzeit ist, vielleicht kannst du es ja deinem Ex in die Schuhe schieben?« Er wackelte mit den Augenbrauen, was ihr ein kleines Lächeln entlockte. »Hast du vielleicht ein Geheimnis, das dich und ihn betrifft?«
Die Furcht erzeugte einen sauren Geschmack in ihrem Mund, denn ja, sie hatte ein Geheimnis, das sie nie hatte erzählen wollen, aber wenn sie es je preisgeben sollte, dann war dies der richtige Zeitpunkt und der perfekte Ort.
»Ich habe aus freien Stücken an meiner Verlobung teilgenommen.« Sie räusperte sich. Die entsetzten Blicke ihrer Brüder schienen Löcher in sie hineinzubrennen, aber sie ignorierte sie, konzentrierte sich vollkommen auf Arik und betete, dass er sie nach ihrer Beichte nicht hassen würde. »Ich wollte Satans Braut sein, und wenn er mich zu diesem Zeitpunkt hätte haben wollen, dann hätte ich es getan.«
So. Sie hatte es ausgesprochen. Ihr Magen rebellierte, und ihr Deo hatte versagt, aber sie hatte es getan. Die Stille im Saal begann unerträglich zu werden, während Arik dastand, stoisch und mit neutraler Miene.
»Wenn ihr die Wahrheit des anderen akzeptiert«, sagte Idess, »dann dürft ihr euch jetzt küssen.«
Diese Warterei … o du liebe Güte, diese schreckliche Warterei. Limos dachte schon, ihr Herz würde gleich explodieren, und dann geschah das Unglaubliche: Arik trat auf sie zu und drückte seine Lippen langsam, so langsam auf ihren Mund. Ihr Blut vermischte sich, ihre Zungen trafen aufeinander, und ein mächtiges, intensives Glücksgefühl überkam beide. Sie wusste, dass er es ebenfalls spürte, denn in diesem Moment war es, als ob sie ein einziges Wesen wären, in nahezu orgiastische Ekstase zusammengeschweißt.
Ihr federleichter Körper prickelte überall. Wie hieß es doch gleich? Die Wahrheit macht dich frei? Ja. Sie fühlte sich freier als je zuvor, und als sich Ariks Arme um sie legten, fühlte sie sich auch sicherer. Sicher und begehrt und frei.
»Ich gratuliere«, murmelte Idess. »Ihr seid verheiratet.«
Arik hätte in einer Million Jahren nicht gedacht, dass er je heiraten würde. Oder, besser gesagt, mit einer Gefährtin verbunden werden würde. Was in der übernatürlichen Welt ein sogar noch stärkerer Bund als die Ehe war, weil diese Verbindung in der Regel körperlicher Natur war. Die Sem-Brüder beispielsweise konnten sich nur dann aus ihrer Verbindung lösen, wenn ihre Gefährtin starb.
Idess zufolge galt dasselbe für ihre Verbindung. Hoffentlich würde sich Limos nicht allzu rasch die Scheidung wünschen …
Sein ganzer Körper brannte vor Glück, als sie von der Bühne hinunterstiegen, und er fragte sich, wie lange dieses Gefühl wohl anhalten würde. Das Blut-und-Wahrheit-Ritual war auf so vielen Ebenen übermächtig gewesen: unangenehm, beängstigend und am Ende befreiend. Er hatte gar nicht gewusst, wie sehr er Limos vertraute, bis er schließlich seine Wahrheit ausgesprochen hatte, und als sie zugegeben hatte, dass sie aus freien Stücken in die Verlobung eingewilligt hatte, hatte er nichts als Stolz darüber gespürt, dass sie ihm etwas anvertraut hatte, das als ein schmählicher Schandfleck auf ihrer Seele gelastet haben musste.
Von allen Seiten kamen Leute auf sie zu, gratulierten, umarmten sie und klopften ihnen auf den Rücken. Es schien, als ob das ganze Underworld General gekommen wäre, und die auffällige Abwesenheit von Ariks Kollegen vom R- XR und
Weitere Kostenlose Bücher