Eternity
direkt daneben gestanden hätte. Gregory Bane schlug ihn zusammen, und seinem Grinsen nach zu urteilen, schien es ihm Freude zu bereiten. Stefan Dominic hatte Schwester Gertrude im Schwitzkasten. Emil Antonescu musste sich von drei oder vier Männern, die seltsamerweise so aussahen wie die früheren Kollegen von Jon bei Webber und
Stern, sein Jackett zerreißen lassen, während Mary Lou versuchte, sich die Angreifer mit einem schmiedeeisernen Kerzenleuchter vom Leib zu halten.
Meena erwachte wieder zum Leben. Sie versuchte, sich am Treppengeländer festzuhalten, und Dimitri war so überrascht davon, dass sein komatöses Opfer sich regte, dass es ihr gelang, sich aus seinem festen Griff zu winden und von seinen breiten Schultern zu rutschen. Das allerdings führte dazu, dass Meena die Treppenstufen hinunterstürzte und auf dem Steißbein landete.
Dimitri fuhr verblüfft herum. Innerhalb weniger Sekunden war aus dem schlaffen, willenlosen Wesen ein menschliches Geschoss geworden.
»Komm mir nicht zu nahe«, warnte Meena ihn.
Aber er polterte bereits die Treppe herunter und fixierte sie mit rot glühenden Augen. Meena rappelte sich auf, drehte sich um und prallte mit Alaric zusammen, dem es gelungen war, seine neuen Vampirfreunde abzuschütteln und ihr mit seinem Schwert zu Hilfe zu eilen.
»Du bist ja ganz schön beliebt bei den Jungs«, bemerkte er. »Sie wollen dich anscheinend alle zum Abendbrot verspeisen.«
»Hahaha«, spottete sie. »Schlag lieber Köpfe ab, statt Witze zu machen.«
Und dann stand Dimitri mit seinem Dolch vor ihnen. Die Klinge blitzte im Kerzenlicht. »Ist das nicht nett?«, spie er aus. »Endlich können wir zu Ende bringen, was wir in Berlin angefangen haben. Du bist mit deinem Partner abgehauen, bevor wir fertig waren. Besonders sportlich war das nicht.«
»Tja«, erwiderte Alaric. »Ich hatte wichtigere Dinge zu erledigen, als dazubleiben und dich zu töten. Du erinnerst dich vielleicht noch, dass mein Partner beinahe verblutet wäre.«
Dimitri grinste. »Ich weiß«, sagte er. »Es war köstlich. Ich freue mich schon darauf, noch einmal zuzubeißen.«
Alarics Miene wurde düster. Wütend hob er sein Schwert.
Das ist nicht gut, dachte Meena. Er sollte besser nicht wütend kämpfen. »Alaric«, drängte sie, »nicht …«
Und da auf einmal hörten sie es alle: ein unmenschliches Geräusch. Aber es hatte auch nichts von einem Vampir. Es kam aus der Apsis und war so laut, dass die Mauern bebten. So laut, dass in der gesamten Kirche der Staub aufgewirbelt wurde.
Meena drehte sich langsam um. Sie fürchtete sich vor dem, was sie sehen würde, wusste jedoch ganz genau, was es war. Schließlich waren sie in der Kirche des heiligen Georg. In ihren Visionen hatte sie immer Feuer gesehen. Und doch traute Meena ihren Augen kaum.
Aber da war er.
Ein Drache.
Auf der Upper East Side.
58
Sonntag, 18. April, 0.15 Uhr
Sankt-Georgs-Kathedrale
180 East 78th Street, New York
Er hockte in der Apsis, die er mit seinem riesigen Leib und seinen gewaltigen Flügeln ganz ausfüllte, sein Schlangenkopf, der von einem langen Hals getragen wurde, reichte bis an die Decke. Mit seinen Klauen machte er ein kratzendes Geräusch auf dem Marmorboden. Die Schuppen des Drachen waren blutrot. Rauch drang aus seinen Nüstern.
In seiner rechten Schulter steckte ein winziger Holzpfeil.
Lucien, dachte Meena. Ihr Herz war zu einem Eisklumpen geworden. Mein Gott. Lucien. Was ist mit dir geschehen? Was haben sie dir angetan?
»O … mein Gott«, keuchte Dimitri und ließ den Dolch fallen. Sein Gesicht war auf einmal noch blasser als gewöhnlich.
Als der Drache Dimitris Stimme und das Klappern des Dolches hörte, der zu Boden fiel, fuhr sein Kopf herum. Er bückte sich tief und sah Meena an.
Meenas Herz begann zu rasen. O Gott. O Gott. Der Drache schaute sie an!
Eine Mischung aus heißem Dampf und Schwefel schoss auf sie zu, als er ausatmete. Um sie herum erloschen alle Kerzen.
Plötzlich standen sie im Halbdunkel. Meena hörte ein schnüffelndes Geräusch, und sie sah die feurigen Nüstern des Drachen immer näher kommen.
Sie zuckte zusammen, als Alaric ihr beruhigend die Hand in den Nacken legte. »Beweg dich bloß nicht«, flüsterte er.
»Das wollte ich auch nicht«, erwiderte Meena ebenfalls im Flüsterton. »Was passiert hier?«
Diese Frage hatte sie eigentlich gar nicht stellen wollen. Sie hatte fragen wollen: Wo ist Lucien? Steckt er wirklich unter diesen Schuppen? Ist er das
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