Eternity
tatsächlich?
»Ich weiß nicht«, gestand Alaric. »Ich habe so etwas noch nie erlebt. Aber ich glaube, er ist …«
Plötzlich erhob sich der Kopf des Drachen direkt neben Meena. Sie erstarrte. Ihr ganzer Körper verkrampfte sich. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals in ihrem Leben so starr vor Angst gewesen zu sein wie in diesem Augenblick. Ein riesiges Auge, in dessen blutroten Facetten sich ihr erschrecktes Gesicht spiegelte, musterte sie.
Beruhige dich, versuchte sie sich zu sagen. Das ist Lucien. Es wird alles gut.
Aber sie war sich nicht sicher, ob das tatsächlich stimmte, da sie keine Spur von dem Mann, den sie kannte und liebte, entdecken konnte. Alles, was sie sah, war ein Ungeheuer.
Ein riesiges Lid schob sich über die Pupille des Auges, es hob sich wieder, und der Drache betrachtete sie erneut. Dann wandte er seinen Blick Alaric zu. Und wieder ertönte dieses seltsame Geräusch, so laut, dass Meena das Weite gesucht hätte, wenn Alaric sie nicht festgehalten hätte.
Ob er mich wohl gerade … beschnüffelt hat?, fragte Meena sich. Alaric kniff sie in den Nacken. Sie verstand, was er meinte. Sag nichts. Beweg dich nicht. Atme nicht.
Es war ein guter Rat.
Zu dumm, dass Dimitri ihn nicht befolgte.
Er hob das Messer auf und stürzte aus der Dunkelheit auf die Bestie zu, um mit einem hasserfüllten Schrei den Dolch in das riesige Auge zu stoßen.
Das war ein Fehler, wie sich herausstellte. Ein großer Fehler.
»… stinksauer«, fuhr Alaric fort, Luciens Gemütszustand zu beschreiben. Er drückte Meena zu Boden und warf sich über sie. »Bleib liegen.«
Das Feuer, das aus Nase und Rachen des Drachen in Dimitris Richtung schoss, war glühend heiß. Es war die sengende Hitze der Sonne. Es war die Hitze der Hölle, und sie richtete sich auf ein einziges Ziel.
Dimitri.
Eine solche Hitze hatte Meena noch nie in ihrem Leben gespürt, und sie hoffte, es würde das einzige Mal bleiben. Meena war nicht sicher, ob Dimitri wusste, was ihn traf. Gerade eben hatte er noch dagestanden, und jetzt sah sie nur noch Feuer …
… und dicken schwarzen Rauch.
Ein verkohlter, glühender Fleck war alles, was von Dimitri übrig blieb.
»O mein Gott«, sagte Meena immer wieder. »O mein Gott, o mein Gott.«
»Bleib liegen«, raunte Alarics tiefe Stimme an ihrem Ohr. »Bleib einfach liegen.«
Meena beobachtete, wie der Kopf des Drachen sich wieder ihnen zuwandte. Sein glühend rotes Maul war nur Zentimeter über ihnen, und er machte wieder dieses seltsame schnüffelnde Geräusch.
Er konnte sie bestimmt riechen. Sie war sich ganz sicher.
Dann verschwand der Kopf.
Lucien wandte seine Aufmerksamkeit – und seinen brüllenden Feueratem – den anderen Menschen und Vampiren in der Kirche zu. Auch Alaric hatte es bemerkt. Er sprang auf und rannte hinter Lucien her.
Sie wusste sofort, wohin er wollte.
Und warum.
»Nein!«, schrie sie und sprang ebenfalls auf.
Aber in dem Chaos, das im Kirchenschiff herrschte, verlor sie ihn.
Zwar lag über einem Teil der Kirche der meterlange Feueratem des Drachen, trotzdem herrschte immer noch der Kampf Vampire gegen Menschen. Sie sah Vampire, die ihre Zähne in die Hälse von Novizinnen schlugen, sie sah Schwester Gertrude, die einem Vampir einen Holzpflock in die Brust stieß. Jon schoss aus nächster Nähe einen Pfeil mit seiner Armbrust auf einen Vampir (und verfehlte ihn), Fran und Stan warfen Mönche durch die Luft, was Meena erstaunlich fand, da sie die beiden noch nie etwas Schweres hatte heben sehen. Abraham Holtzman, Emil und Mary Lou bildeten ein bizarres Dreigespann, das versuchte, so viele Dracul wie möglich zu töten.
Meena warf einen entsetzten Blick auf das Geschehen. Sie wusste, dass sie nicht einfach nur dastehen und zuschauen konnte. Sie musste helfen, trotz des Drachen, der die Kämpfenden mit seinem feurigen Atem versengte. Entschlossen ergriff sie einen spitzen Holzpflock, packte den nächsten Vampir, der versuchte, seine Zähne in den Hals einer glücklosen Novizin zu schlagen, an den Haaren …
… und stellte erschreckt fest, dass es Shoshona war.
»Ach«, sagte Shoshona und grinste höhnisch, als sie den spitzen Holzpflock sah, »als ob du den Mumm dazu hättest.«
»Oh«, versicherte Meena ihr, »den Mumm habe ich.«
Nein, sie konnte es nicht.
Das war doch Shoshona. Klar, Meena hatte sie nie besonders gemocht. Aber sollte sie jetzt ihr Leben beenden – wenn es auch nur ihr Vampirleben war? Und dazu noch hier, in einer Kirche ? Nein,
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