Eternity
Bauch, als würde er mit sehr langen Nägeln gekratzt … etwas, was Emil zufällig nicht unvertraut war.
»Du hast eine E-Mail wegen der Ankunft des Prinzen herausgeschickt?«, sagte er. »Ist dir nicht klar, dass diese Nachricht alles gefährden könnte, wenn sie in die falschen Hände gerät?«
»Ach, stell dich doch nicht so an«, sagte Mary Lou. »Ich habe sie doch nur an meine allerbesten Freunde geschickt. In wessen Hände soll sie schon fallen?«
Emil kämpfte um innere Geduld. »Zum Beispiel in die Hände der Dracul?«, stieß er hervor, als er die Sprache wiedergefunden hatte. »Oder in die der Geheimen Garde? Unserer sterblichen Feinde? Der Leute, die uns vernichten wollen, vom Prinzen ganz zu schweigen?«
»Ach, Quatsch«, sagte Mary Lou und begann, sich vor dem großen Spiegel abzuschminken. »Sei nicht so melodramatisch. Der Prinz hat die Dracul unter Kontrolle. Die Geheime Garde
weiß nicht, wo wir uns aufhalten, und die Menschen lieben uns! Sieh dir doch nur an, wie populär wir sind. Wenn es jemand herausfände, würde ich bestimmt zu Oprah eingeladen.«
»Mary Lou!« Emil starrte ihr Spiegelbild an. »In der Stadt werden Frauen getötet. Niemand wird uns zu Oprah einladen, solange jemand von unserer Sippe Frauen umbringt. Und der Prinz will keine Dinnerparty zu seinen Ehren. Er versucht, den Mörder zu finden, und hat bestimmt kein Interesse daran, im Mittelpunkt zu stehen!«
»Ich habe so viele schöne, intelligente Freundinnen«, sagte Mary Lou und betrachtete sich nachdenklich. »Warum soll ich sie nicht vorzeigen? Der Prinz war schon viel zu lange allein.«
»Lucien kommt nicht hierher, um eine Frau zu finden.« Emil hatte das Gefühl zu ertrinken. »Er ist aus geschäftlichen Gründen hier. Die Morde …«
»Was wäre denn so schrecklich daran, ein nettes Mädchen kennen zu lernen«, unterbrach ihn Mary Lou, »wenn er schon einmal hier ist? In seinem Land hat er doch bisher anscheinend kein Glück gehabt. Du weißt, dass wir hier im guten alten Amerika die großartigsten Frauen haben …«
»Mary Lou.« Emil schaute auf die nackten Schultern seiner Frau. Er fühlte sich sichtlich unbehaglich. »Du verstehst hoffentlich, dass du mich in eine üble Lage bringst. Lucien hat mich gebeten, niemandem gegenüber zu erwähnen, dass er hierherkommt, und du schickst E-Mails an alle möglichen Leute. E-Mails kann man zurückverfolgen …«
»Nicht an alle«, unterbrach Mary Lou ihn empört. »Nur an meine besten Freundinnen und an ein paar Ehepaare, damit das Ganze nicht so offensichtlich ist. Und keiner von ihnen arbeitet beim Vatikan oder für die Dracul. Ich habe nur Linda und Tom, Faith und Frank, dann Carol, Becca und Ashley aus deinem Büro und Meena aus der Nachbarwohnung eingeladen.«
»Meena?« Emil blickte sie verwirrt an. Er fand vieles an seiner Frau verwirrend, und er war sich sicher, selbst wenn sie eine Ewigkeit miteinander verbrächten – und es fühlte sich jetzt schon so an –, würde er sie niemals ganz verstehen. »Der Prinz und … Meena Harper? Aber sie ist …«
»Warum nicht?« Mary Lou fuhr sich durch ihre natürlich lockigen – und immer noch natürlich blonden – Haare. »Auf den ersten Blick ist sie ja vielleicht nicht sein Typ, aber ich mag sie. Sie hat eine süße kleine Figur, und die kurzen Haare stehen ihr. Und denk doch nur, wie dankbar sie uns sein wird, wenn sie dem Prinzen gefällt.« Mary Lou zuckte die Achseln. »Außerdem«, fügte sie hinzu, »arbeitet sie viel zu viel, um sich und ihren nichtsnutzigen Bruder über Wasser zu halten. Ich glaube, sie braucht mal eine Pause.«
»Ihr gefällt ihr Job«, sagte Emil und dachte an die zahlreichen Male, da er seine Nachbarin barfuß im Pyjama am Müllschlucker gesehen hatte, in den sie durchgestrichene Manuskriptseiten stopfte.
Na ja, immer gefiel er ihr wahrscheinlich nicht.
»Oh, sicher«, erwiderte Mary Lou. »Diese Soap. Aber glaubst du, sie würde arbeiten, wenn sie es nicht müsste?«
Emil überlegte. »Ja«, sagte er dann.
»Na, das zeigt mal wieder, dass du keine Ahnung von Frauen hast. Sieh dir bloß mal diese Frau bei Eternity an, diese Victoria Worthington Stone und ihre Tochter Tabby. Victoria hat noch nie in ihrem Leben gearbeitet, außer in der Zeit, als sie Model war. Oh, und als Modedesignerin. Ach ja, und auch als Rennfahrerin, aber das war sie nur eine Woche lang, und dann hatte sie diesen Unfall, verlor das Baby und lag im Koma. Und eigentlich waren das ja auch alles keine richtigen
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