Eternity
zu übertönen. »Warum lässt du es denn zu?«
»Weil er sterben würde, wenn er es nicht tut«, antwortete Sarah schniefend.
»Da irrst du dich«, sagte Alaric. »Er kann nur sterben, wenn ihm jemand einen Holzpfahl ins Herz stößt oder ihm den Kopf abschlägt. Alternativ kann man ihn auch noch der Sonne aussetzen oder seinen gesamten Körper in Weihwasser tauchen. Aber das weißt du sicher alles.«
»Nein, nichts davon ist wahr«, sagte Sarah. »Er hat mir gesagt, dass das alles Mythen sind. Auch, dass Vampire sich von Tierblut ernähren können. Wenn sie das tun, sterben sie. Er muss mein Blut trinken, damit er am Leben bleibt.«
Alaric verdrehte die Augen. »Ist dir nicht klar, dass Mädchen wie du schon seit Jahrhunderten darauf hereinfallen? Vampire mögen einfach kein Tierblut. Es schwächt sie, wenn sie sich eine Weile davon ernähren müssen, sehen sie nicht mehr so gut aus. Und Vampire sind vor allem eins, nämlich eitel. Menschenblut schmeckt für sie wie Filet Mignon. Er ist ein verdammter Lügner, wenn er dir weisgemacht hat, er müsse sterben, wenn er nicht dein Blut trinkt. Und er ist eine abscheuliche, seelenlose, stinkende Kreatur, die Frauen missbraucht.«
Sarah schien seine Rede widerwärtig zu finden, denn sie weinte nur noch heftiger. Und Alaric kam sich schlecht vor. Holtzman hatte ihm immer schon gesagt, er solle endlich mehr an
seinen zwischenmenschlichen Fähigkeiten arbeiten. Deshalb reichte er Sarah jetzt ein Päckchen Papiertaschentücher.
»Sie sind gemein«, sagte Sarah und putzte sich geräuschvoll die Nase. »Felix ist keine abscheuliche, seelenlose Kreatur. Er ist sensibel. Er hat Gefühle. Er liest mir Gedichte vor. Shakespeare.«
Alaric wäre am liebsten rechts rangefahren, um sich zu übergeben, aber dazu hatten sie keine Zeit. Je schneller sie das Ganze hinter sich brachten, desto früher kam er ins Hotel, konnte ein Bad nehmen und zu Bett gehen.
Und am kommenden Morgen würde er nach New York fliegen, sich ein Zimmer im Peninsula nehmen, den Prinz finden und ihn töten. Dann wäre dieser ganze Vampirunsinn vielleicht vorbei, jedenfalls für eine Zeitlang.
Alaric machte sich allerdings keine Gedanken, arbeitslos werden zu können. Ganz im Gegenteil. Es würde immer genügend dämonische Wesen geben, die von der geheimen Militärmacht der Kirche gejagt werden mussten. Señor Sticky würde noch viele Jahre lang singen, bis Alaric sich endlich zur Ruhe setzen konnte.
Der Gedanke stimmte ihn heiter, und er sagte mit einer, wie er fand, freundlichen Stimme zu Sarah: »Was du fühlst, ist keine Liebe, sondern Dopamin. Felix ist ganz anders als alle, die du kennst. Da er ein Geschöpf der Nacht ist, ist er neu und aufregend und aktiviert einen Neurotransmitter in deinem Gehirn, der Gefühle der Euphorie auslöst, wenn du in seiner Nähe bist … vor allem, weil du weißt, dass ihr nie wirklich zusammen sein könnt. Er wirkt kompliziert, sensibel und verletzlich, aber ich kann dir versichern: Er ist alles andere als das.«
»Wie können Sie es wagen?«, erwiderte Sarah hitzig. »Es ist nicht Dopa… was auch immer! Es ist Liebe! Liebe!«
Alaric hätte ihr gerne widersprochen. Vampire waren zu Liebe
– menschlicher Liebe – nicht fähig, weil sie kein Herz hatten. Na ja, theoretisch besaßen sie natürlich doch ein Herz, weil man ihnen schließlich den Pfahl da hineinstoßen musste, aber es schlug eben nicht und pumpte kein Blut. Wie sollten sie also Liebe empfinden oder sie erwidern?
Allerdings machte es wohl wenig Sinn, mit einem Teenager darüber zu diskutieren.
»Ach, komm, hör auf«, sagte er, als Sarah immer weiter schluchzte. »So schlimm ist es auch nicht.«
Sarah blitzte ihn wütend an. »Wie, so schlimm ist es auch nicht? Sie wollen meinen Freund töten!«
»Das stimmt«, sagte Alaric. Sie waren gleich da. »Aber sieh es doch einmal so. Er hat versprochen, dich in einen Vampir zu verwandeln, oder?«
»Ja«, erwiderte Sarah. Sie klang ein wenig überrascht. »Er hat gesagt, sobald er wieder zu Kräften gekommen ist, verwandelt er mich. Dann bin ich genauso schön wie er. Und unsterblich.«
»Ja, klar«, sagte Alaric sarkastisch. Er wusste, dass dieser Felix nicht die Absicht hatte, sie zu verwandeln. Damit würde er sich ja seiner Hauptnahrungsquelle berauben.
Er würde sich noch ein paar Monate lang von ihr nähren, und wenn sie dann zu anämisch geworden war, würde er sich einen gesünderen Wirt suchen. Wahrscheinlich würde er ihr sagen, es läge nicht
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