Eternity
immer niedriger wurden, und mit jedem Stockwerk spürte sie, wie sie wieder mehr und mehr zu sich kam. Als die Türen sich schließlich zur Lobby öffneten und sie mit Jack Bauer aus dem prächtigen Eingang des Gebäudes nach draußen in die Sonne trat, war sie wieder in der Realität angekommen.
Und das, was sie in der Nacht zuvor getan hatte, traf sie mit voller Wucht.
30
Freitag, 16. April, 9.30 Uhr,
Peninsula Hotel
New York
In der Regel schwamm Alaric seine morgendlichen hundert Bahnen vor dem Frühstück Freistil. Ab und zu wechselte er auch mal zu reinem Rückenschwimmen, wenn eine attraktive Frau sich am Rand des Pools aufhielt. Aber da im Peninsula gerade eine nationale Konferenz von Spezialisten und Vertriebsleuten für Zahnimplantate stattfand, war dies nicht der Fall.
Alaric war gerade bei seiner hundertachtundachtzigsten Bahn (das Becken im Peninsula war kleiner, als Alaric es gewöhnt war, und deshalb musste er mehr Bahnen schwimmen), als plötzlich eine Hand in dem kristallblauen Wasser auftauchte und seinen Kopf packte.
Für gewöhnlich reagierte Alaric so blitzschnell, dass er die Person, die ihn angefasst hatte, wahrscheinlich über die Schulter ins Wasser gezogen hätte, wenn er nicht in der letzten Minute aufgeschaut und seinen Chef erkannt hätte.
»Verdammt noch mal, Wulf!« Holtzman trat fluchend einen Schritt zurück und blickte sich suchend nach einem Handtuch um. »Wolltest du mich etwa ertränken? Ich wollte dich doch nur auf mich aufmerksam machen. Wir haben eine Krise hier, falls dir das in deiner Luxusunterkunft entgangen sein sollte.«
Keuchend klammerte Alaric sich an den Beckenrand. Er versuchte es sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr er sich darüber freute, dass es ihm gelungen war, das unglaublich hässliche Jackett seines Chefs zu ruinieren.
»Was für eine Krise?«, erkundigte er sich. Seine Stimme hallte in der verglasten Schwimmhalle wider.
»Schscht«, sagte Holtzman. Einer der Bademeister hatte ihm ein Handtuch gebracht, und er rieb heftig an seinem Ärmel. »Nicht so laut. Sonst hört dich am Ende noch jemand.«
Alaric zuckte mit den Schultern. Es waren zwei oder drei Konferenzteilnehmer in der Nähe, aber sie stellten für die Mitglieder der Geheimen Garde kaum eine Bedrohung dar.
»Keiner von ihnen spricht Deutsch«, sagte Alaric auf Deutsch. »Es sind amerikanische Zahnärzte.«
»Trotzdem«, erwiderte Holtzman. Er trat an den Rand des Beckens. »Heute früh wurde schon wieder ein totes Mädchen im Park gefunden.«
Alarics Miene hellte sich auf. »Meena Harper?«
»Nein, nicht Meena Harper«, sagte Holtzman. »Wieso sollte sie tot sein? Sie war letzte Nacht mit dem Prinzen zusammen, und er ist hier, um die Mordserie zu stoppen, nicht um sie fortzuführen.«
Enttäuscht zuckte Alaric mit den Schultern. Natürlich hätte es ihm nicht gefallen, wenn Meena Harper tot gewesen wäre. Sie war die einzige Spur, die zum Prinzen führte, und wenn er sich recht erinnerte, war sie sogar ganz hübsch. Aber ihr Tod hätte seinen Fall mit dem Prinzen verbunden, und dann hätte er einen Grund gehabt, ihm nachzustellen.
»Sie haben das tote Mädchen wie die drei anderen noch nicht identifiziert«, sagte Holtzman. Er hatte sich vorsichtig an den Beckenrand gekniet und redete aus dem Mundwinkel, als ob so keiner merken würde, dass sie einander kannten.
»Dann ist es vielleicht doch Meena Harper«, sagte Alaric. Mit leisem Bedauern dachte er an Meenas wohlgeformte Beine und ihre dunklen Haare.
»Nein, sie ist es nicht«, erwiderte Holtzman ärgerlich. »Ich
habe ein Foto von ihr gesehen. Das tote Mädchen hat lange Haare. Meena Harper hat kurze Haare. Würdest du jetzt bitte deine Besessenheit diese Meena betreffend zügeln?«
»Ich bin nicht besessen von ihr«, sagte Alaric. »Nur, wenn wir den Prinzen erwischen wollen …«
» Wir tun gar nichts«, sagte Holtzman. » Ich fasse ihn. Du machst dich auf die Suche nach dem Killer. Zieh dich an und sieh dir die Passfotos der kürzlich eingewanderten Mädchen an, die nach Alter und Beschreibung auf das Opfer passen könnten. Sie nehmen an, dass sie ebenfalls aus Osteuropa kommt, du weißt schon, wegen der Füllungen in ihren Zähnen.«
»In Ordnung«, sagte Alaric. Zeitverschwendung. »Aber an deiner Stelle würde ich heute früh Meena Harper einen Besuch abstatten.«
»Ach ja?«
»Na ja, was haben sie und Lucien Antonescu wohl in der vergangenen Nacht getrieben? Sie sind auf jeden Fall nicht mehr in ihre
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