Eternity
ab.
Die Finger seiner rechten Hand lagen wahrhaftig auf einem Schwertknauf. Es schien unglaublich, aber angesichts der Woche, die Meena hinter sich hatte, wunderte sie sich über gar nichts mehr. Sie hielt den Atem an, als die blauen Augen sich auf sie richteten.
»Ich bin nicht Ihretwegen hier, Meena«, erklärte er.
Er hatte einen deutschen Akzent, und seine Stimme war so tief, dass sie in ihrem Brustkorb vibrierte. Woher kannte er ihren Namen? Sie hatte keine Ahnung, wer er war. Sie hatte ihn noch nie zuvor gesehen.
Er zog sein Schwert aus der Scheide. Die Klinge machte ein klirrendes Geräusch.
Meena schluckte.
Es ist erstaunlich, was man kurz vor seinem Tod denkt. Meena zum Beispiel dachte nur: Wow, der Typ verliert auch keine Zeit!
Ihr nächster Gedanke war: Hey, das ist aber nicht lustig.
Dann: Eigentlich wäre das ein guter Satz für Victoria, aber ich werde wahrscheinlich nicht lange genug leben, um eine weitere Episode für die Serie zu schreiben. Das ist so unfair.
Sie betrachtete die harten, wie gemeißelten Gesichtszüge ihres Mörders und wusste, dass es auch nicht den kleinsten Hauch von Hoffnung gab.
Aber es ist unglaublich, was uns alles einfällt, wenn wir unbedingt überleben wollen.
Meena zwang sich zu sprechen. »Ich weiß, dass Sie lügen«, sagte sie. »Sie haben ein Schwert. Sie wollen mich töten.«
»Ich lüge nicht«, antwortete er. »Sagen Sie mir einfach, wo er ist, und ich lasse Sie leben.«
Meena hatte keine Ahnung, von wem – oder was – er redete. Sie zeigte auf ihre Tasche, die am Haken hing. »Hören Sie«, sagte sie, »da drin ist viel Geld. Ich war gerade am Bankautomaten. Nehmen Sie sich, was Sie wollen, und verschwinden Sie. Ich habe auch noch ein bisschen Modeschmuck, den meine Tante Wilhelmina mir hinterlassen hat, aber das ist alles nicht echt, das schwöre ich …«
Er verzog verärgert das Gesicht, und Meenas Herz begann zu rasen.
»Ich habe Ihnen doch schon gesagt, Meena«, erklärte er und zog sarkastisch seine dunkelblonden Augenbrauen hoch, »dass ich kein Interesse daran habe, Sie zu töten. Ich will nur ihn. Aber wenn Sie Schwierigkeiten machen …«
Schwierigkeiten. Er hatte keine Ahnung, wie schwierig Meena sein konnte. Vor allem, seit sie wusste, dass sie so gut wie tot war.
Ihr war nämlich klar, dass sie nichts zu verlieren hatte.
Deshalb schleuderte sie ihm ihr BlackBerry mit aller Kraft an den Kopf.
Hey! Was anderes blieb ihr doch nicht übrig, oder?
Dann drehte sie sich um und rannte los.
36
Freitag, 16. April, 19.02 Uhr
Apt. 11 B
910 Park Avenue, New York
Durch die Tür konnte Meena nicht entkommen, weil dort der Schwert schwingende Irre in dem Trenchcoat stand. Aber sie konnte vielleicht durch die Balkontür im hinteren Schlafzimmer auf den Balkon hinaus und dort um Hilfe rufen. Irgendjemand würde sie bestimmt hören.
Mary Lou. Mary Lou würde sie hören.
Wenn sie zu Hause war. Was am Freitagabend relativ unwahrscheinlich war.
Aber Meena hatte sich kaum umgedreht, als etwas unglaublich Hartes und Starkes sich um ihren nackten Knöchel schloss und sie zu Boden warf. Sie stürzte bäuchlings in die Diele, ehe sie wusste, wie ihr geschah.
Über ihr stand der Mann mit dem Schwert.
Wow. Er war echt schnell.
»Meena«, sagte er mit seiner ruhigen, leicht gelangweilten Stimme, ihren Fuß nicht loslassend. »Sie können nirgendwo hinlaufen. Und ich denke, Sie wissen das auch.«
Das Traurige war, dass er absolut recht hatte. Auch wenn der Sturz Meena den Atem verschlagen hatte, so wusste sie doch, dass es tatsächlich so war. Sie hatte sich immer gefragt, wie es wohl sein würde, wenn sie dem Tod gegenüberstand. Eines wusste sie jedoch genau: Sie würde sich nicht kampflos ergeben.
»Ich werde heute Abend nicht sterben«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen. »Tut mir leid.«
Sie drehte sich herum, so dass sie auf dem Rücken lag und damit in einer besseren Position war, um mit ihrem freien Fuß zwischen seine Beine zu treten.
Das Problem war nur, dass er das anscheinend vorausgesehen hatte, da er ihren Knöchel losließ und sich – so schnell, dass Meena es kaum mitbekam – mit seinem vollen Körpergewicht auf sie warf. Er war so schwer wie ein Stahlträger.
»Ich habe Ihnen doch gesagt, Meena, dass ich nicht hier bin, um Sie zu töten.« Sein Gesicht war dicht vor ihrem.
Ebenso wie die Schwertklinge. Er hielt sie beiläufig an Meenas Kehle gedrückt, während er sie anschaute, als ob sie ein besonders
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