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Ethan von Athos

Ethan von Athos

Titel: Ethan von Athos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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aufblasen und legte sich hin. In Gedanken ging er noch einmal die Instruktionen durch, die er erhalten hatte, gleichzeitig bemühte er sich, die seltsame optische Illusion zu ignorieren, dass die Wände seines Kämmerleins nach innen gedrückt wurden.
    Als der Bevölkerungsrat sich damals endlich zusammengesetzt hatte, um das Ganze durchzurechnen, stellte sich heraus, dass eine Rücksendung der Lieferung nach Jackson’s Whole mit Ethan als Begleiter, um ihr Geld zurückzufordern, mehr kosten würde, als die ungewisse Rückerstattung brächte, und deshalb wurde Jackson’s Whole gestrichen. Nach einer langen Debatte räumte man schließlich Ethan weitgehende Handlungsfreiheit ein, aufgrund der neuesten, auf Station Kline verfügbaren Informationen einen anderen Lieferanten auszuwählen.
    Es gab ergänzende Instruktionen: »Bleiben Sie unter dem Budgetansatz!« – »Beschaffen Sie das Beste!« –»Gehen Sie so weit wie nötig!« – »Verschwenden Sie kein Geld für unnötige Reisen!« – »Vermeiden Sie persönlichen Kontakt mit Galaktikern, erzählen Sie ihnen nichts über Athos!« – »Suchen Sie freundschaftliche Beziehungen zu Galaktikern, um sie als Einwanderer zu gewinnen, erzählen Sie ihnen alles über die Wunder von Athos!« – »Verhalten Sie sich unauffällig!« – »Lassen Sie sich nicht herumschubsen!« – »Halten Sie die Augen offen für zusätzliche Handelsmöglichkeiten!« – »Persönlicher Gebrauch von Geldern der Rates wird als Unterschlagung betrachtet und als solche verfolgt!«
    Glücklicherweise hatte der Vorsitzende nach der Ratssitzung mit Ethan noch unter vier Augen gesprochen.
    »Sind das Ihre Notizen?«, fragte er und deutete auf den Haufen Papiere und Disketten in Ethans Händen. »Geben Sie sie mir!« Und er warf sie in seinen Datenvernichter.
    »Holen Sie das Zeug und kommen Sie zurück«, sagte er. »Alles andere ist heiße Luft.«
    Die Erinnerung an diese Szene machte Ethan Mut. Er lächelte, setzte sich auf, warf sein Planmodul in die Luft und fing es mit einer eleganten Bewegung wieder auf, steckte es ein und machte sich auf einen Spaziergang.
    Im Transitbereich stieß er endlich auf die helle Seite des Teppichs, indem er einfach mit einem Bubblecar durch die Röhren zum luxuriösesten Passagierdeck fuhr, dort umkehrte und zu Fuß zurückging. In Kristall und Chrom eingerahmt boten sich überwältigende Panoramen der galaktischen Nacht, Ansichten von anderen Bereichen der Station, die mit bonbonfarbenen Lichtern übersät waren, Aussichten auf die glitzernden Räder der ältesten Abschnitte, die sich der technisch überholten Zentrifugalgravitation zuliebe unaufhörlich drehten. Sie waren nicht aufgegeben worden – nichts wurde in dieser Gesellschaft je völlig aufgegeben –, sondern einer anderen, weniger dringenden Verwendung zugeführt, andere waren zum Zwecke der Wiederverwertung halb zerlegt worden, auf dass Station Kline wachsen möge, wie eine Schlange, die ihren Schwanz auffraß.
    Innerhalb der aufragenden durchscheinenden Wände des Transitbereichs gedieh eine üppige Vegetation aus Kletterpflanzen, Bäumen in Pflanzrohren, Luftfarnen und Orchideen, dazu kamen gedämpft läutende Glockenspiele und bizarre Springbrunnen, die rückwärts und umgekehrt und in Spiralen um die schwindelerregenden Laufstege liefen – interessante, komplizierte Tricks mit der künstlichen Gravitation. Ethan blieb stehen und starrte fünfzehn Minuten lang fasziniert auf einen Brunnen, bei dem mitten in der Luft ein flacher Wasserstrom unaufhörlich in der Form eines Möbiusbandes floss. Nur einen Atemzug entfernt lauerte hinter der durchsichtigen Wand in tödlichem Schweigen eine Kälte, die im Nu alles in Stein verwandeln konnte. Der künstlerische Kontrast war überwältigend, und Ethan war nicht der einzige Transitreisende von einem Planeten, der hier starr vor Staunen stand.
    Angrenzend an den Park gab es Cafes und Restaurants, wo Ethan nach seinen Berechnungen nur dann speisen konnte, wenn er bloß einmal pro Woche aß, und Hotels, in denen Gäste wohnten, die sich diese Restaurants viermal täglich leisten konnten. Und Theater und Feelie-Traumkabinen und eine Arkade, die, wie ein Hinweisschild verkündete, den Reisenden den Trost von etwa sechsundachtzig offiziell zugelassenen Religionen anbot. Die Religion von Athos war natürlich nicht dabei.
    Ethan kam an einer Prozession vorüber, die offensichtlich der Bestattung einer philosophisch gesinnten Person galt, die die kryogenische

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